Normen
Handelsagentengesetz §29
Handelsagentengesetz §29
Spruch:
Mäklervertrag ist ein einseitiger entgeltlicher Vertrag sui generis, der weder eine Unterart des Mandatsvertrages noch auch ein Dienst- oder Werkvertrag ist.
Der Mäkler ist weder zur Aufsuchung noch zur Namhaftmachung eines Kauflustigen verpflichtet.
Entscheidung vom 11. Juni 1952, 2 Ob 470/52.
I. Instanz: Bezirksgericht Linz; II. Instanz: Landesgericht Linz.
Text
Die Klägerin, eine Realitätenvermittlerin, hat in der Zeitung Interessenten für den Kauf einer Liegenschaft gesucht. Der Erstbeklagte hat daraufhin mit der Klägerin verhandelt und die Liegenschaft besichtigt, doch ist die Liegenschaft in der Folge von seiner Ehefrau, der Zweitbeklagten, erworben worden. Die Klägerin hat die solidarische Verurteilung beider Beklagten zur Zahlung der Provision begehrt.
Das Erstgericht hat im Sinne des Klagebegehrens erkannt.
Das Berufungsgericht hat das gegen die Zweitbeklagte gerichtete Klagebegehren abgewiesen und in Ansehung des Erstbeklagten das Urteil unter Rechtskraftvorbehalt aufgehoben.
Der Oberste Gerichtshof hat in Ansehung der Zweitbeklagten das erstgerichtliche Urteil wieder hergestellt und in Ansehung des Erstbeklagten den Beschluß des Berufungsgerichtes aufgehoben und ihm eine neuerliche Entscheidung aufgetragen.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
A. Die Ansicht des Berufungsgerichtes, der Mäklervertrag stelle nur eine besondere Abart des Mandatsvertrages dar und Voraussetzung für den Provisionsanspruch des Agenten bilde der (ausdrückliche) Abschluß eines Mäklervertrages und die Entfaltung einer Tätigkeit des Mäklers im Sinne des erhaltenen Auftrages, ist unhaltbar.
Der Mäklervertrag stellt keineswegs eine Unterart des Mandatsvertrages, ebensowenig auch einen Dienst- oder Werkvertrag dar, sondern ist ein Vertrag sui generis, ein einseitiger, entgeltlicher Vertrag, der im ABGB. nicht geregelt ist, auf den aber durch § 29 HAG. die Bestimmungen der §§ 2, 4, 5, 6, 11 - 13, 17 und 18 HAG. anzuwenden sind, auch wenn der Agent kein Kaufmann oder eine Person ist, die, ohne ständig damit betraut zu sein, für einen anderen Geschäfte vermittelt oder in dessen Namen und für dessen Rechnung abschließt, gleichviel ob es sich um bewegliche oder unbewegliche Sachen handelt. Subsidiär ist das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch auf den Vertrag anwendbar.
Der Mäkler ist vor allem zur Aufsuchung und Namhaftmachung eines Vertragslustigen nicht verpflichtet und kann auch auf Entfaltung einer entsprechenden Tätigkeit ohne ausdrückliche diesfällige Zusage nicht belangt werden. Nur die Aussicht auf Provision veranlaßt ihn in der Regel, sich im eigenen Interesse um das Zustandekommen des Vertrages zu bemühen. Darum ist es unrichtig, wenn das Berufungsgericht vermeint, der Mäkler sei schon kraft des ihm erteilten Auftrages dem Verkäufer gegenüber bei sonstiger Schadenersatzpflicht gehalten, Interessenten Auskünfte zu erteilen, und dürfe sich von diesen nicht eine Provision dafür gewähren oder versprechen lassen, daß er ihnen die gewünschten Aufschlüsse gibt. Wie jeder andere Vertrag kann aber auch der Mäklervertrag nicht nur ausdrücklich, sondern (§ 863 ABGB.) durch konkludente Handlungen oder Unterlassungen abgeschlossen werden. Auch derjenige ist provisionspflichtig, der die Tätigkeit eines Vermittlers zwar nicht durch Erteilung eines ausdrücklichen Auftrages auslöst, aber die Vermittlung des Agenten duldet oder sich seiner Tätigkeit nutzbringend bedient, um den von ihm gewünschten Geschäftserfolg herbeizuführen. Er gibt damit seine stillschweigende Zustimmung zur Entfaltung einer Vermittlertätigkeit und es entsteht dadurch eine vertragsbegrundende Willensübereinstimmung (vgl. GlUNF. Nr. 5946, 6386), immer vorausgesetzt das Bestehen eines ursächlichen Zusammenhanges zwischen der Tätigkeit des Vermittlers und dem Abschluß (GlUNF. 7089).
Aus dem Ersturteil geht nun hervor, daß die beklagten Parteien, demnach auch die zweitbeklagte Ehegattin des Erstbeklagten, durch die erwähnte Annonce von der Verkäuflichkeit der Liegenschaft erfuhren und daß sie zunächst durch ihren Sohn, dann durch einen Telefonanruf und später durch einen Besuch des Erstbeklagten genaue Informationen über die Person und Adresse des Verkaufslustigen und die Lage des zu verkaufenden Objektes einzogen. Die Zweitbeklagte wußte also, wie es ja nach der Natur der Sache sich von selbst versteht, ganz genau, daß die Klägerin als berufsmäßige Realitätenagentin das zu verkaufende Grundstück an der Hand hatte und daß von ihr die Namhaftmachung der Person des Verkaufslustigen und die näheren Angaben über das Objekt eingeholt worden waren. Warum dann nicht der nach dem Klagsvorbringen allein gegenüber der Klägerin persönlich in Erscheinung getretene Erstbeklagte, sondern die Zweitbeklagte den Kauf abschloß, ist für den Provisionsanspruch der Klägerin bedeutungslos. Die Beklagte hat sich die Auskunftserteilung und Nominierung des Verkäufers durch die Klägerin zufolge ihrer aus den Verhandlungen des Sohnes und Gatten erworbenen Kenntnisse zunutze gemacht und dadurch stillschweigend das Tätigwerden der Klägerin für sie als Vermittlerin gebilligt (vgl. den in § 1016 ABGB. ausgesprochenen Rechtsgedanken ähnlicher Art).
Zu prüfen bleibt, nachdem derart ihre Passivlegitimation festgestellt ist, nur noch, ob auch die sonstigen Voraussetzungen für die Fälligkeit des Provisionsanspruches gegeben sind.
Die Tätigkeit des Vermittlers beschränkte sich im vorliegenden Falle nach den Feststellungen der Vorinstanzen auf die bloße Nachweisung der Kaufgelegenheit an den Kauflustigen. Da § 6 Abs. 4 HAG., der im allgemeinen diese Nachweisung als nicht ausreichend für den Erwerb des Anspruches hinstellt, ausdrücklich Ausnahmen für einzelne Geschäftszweige nach der für sie bestehenden Handelsusance vorsieht, und für den der Realitätenvermittler gerichtsbekanntermaßen und nach dem Sachverständigengutachten, das sich auf die "Richtlinien für die Geschäftsgebräuche für Realitätenvermittler" bezieht, die bloße Nachweisung der Kaufgelegenheit auch ohne besondere Zuführung oder Vermittlungstätigkeit provisionsbegrundend wirkt, kommt es nur noch darauf an, ob die Tätigkeit des Vermittlers kausal und verdienstlich im Sinne der sogenannten Zurechnungstheorie (Ehrenzweig, Obligationenrecht 1928, S. 533) war.
Auch diese Frage ist zu bejahen, da erst durch die Bekanntgabe der Kaufgelegenheit an Sohn und Gatten der Zweitbeklagten, welche diese Mitteilungen an sie weitergaben, der letzteren der Ankauf möglich wurde. Es ist also der nach dem oben Gesagten auch von der Zweitbeklagten angestrebte Vertrag zustande gekommen. Es würde aber auch schon die wirtschaftliche Gleichwenigkeit genügen, da es angesichts des offenkundig geäußerten Interesses des Erstbeklagten, das Objekt zu erwerben, von untergeordneter Bedeutung ist, ob als bücherlicher Eigentümer schließlich aus was immer für internen Gründen nicht er selbst, sondern seine Ehefrau eingetragen wurde (vgl. JBl. 1934, S. 13).
Einer besonderen Vereinbarung über die Provision und deren Höhe bedurfte es nicht, weil angesichts der den Parteien bekannten Eigenschaft der Klägerin als berufsmäßiger Realitätenvermittlerin eine Provision als stillschweigend bedungen zu gelten hat (SZ. VII/196, EvBl. 1936 Nr. 1048). An der Zulässigkeit der im Realitätenvermittlergewerbe bestehenden, durch die Ausnahme des § 5 Abs. 1 HAG. zugelassenen Usance der Ausbedingung von Provisionen von beiden Parteien besteht angesichts der auf das Sachverständigengutachten gegrundeten Feststellungen des Erstgerichtes kein begrundeter Zweifel. Mit Abschluß des Kaufvertrages war aber der Anspruch fällig.
Es kann darum unerörtert bleiben, ob der Erstbeklagte kraft seiner gesetzlichen Vertretungsmacht im Sinne des § 1238 ABGB. für die Zweitbeklagte abgeschlossen hat, da diesbezüglich Beweise nicht aufgenommen wurden und das Klagsvorbringen hinsichtlich der Vorfrage, ob Erstbeklagter überhaupt im Namen der Zweitbeklagten oder ausschließlich im eigenen Namen gegenüber der Klägerin aufgetreten ist, widerspruchsvoll erscheint.
Das Klagebegehren erweist sich darum dem Gründe wie der Höhe nach der Zweitbeklagten gegenüber als gerechtfertigt. Die vom Berufungsgericht vertretene gegenteilige Auffassung würde Mißbräuchen und Versuchen, durch Zwischenschaltung von Strohmännern die rechtmäßigen Provisionsansprüche der Vermittler zu vereiteln, Tür und Tor öffnen.
B. Dagegen erweist sich auch der Rekurs des Erstbeklagten gegen den Aufhebungsbeschluß, der unrichtige rechtliche Beurteilung geltend macht, als begrundet.
Die Verwerfung der von ihm erhobenen Einrede der mangelnden Passivlegitimation durch das Erstgericht mit dem Hinweis auf § 1239 ABGB. war freilich verfehlt, weil selbst unter Zugrundelegung dieser Bestimmung der Erstbeklagte als bloßer Machthaber für die von ihm namens der Ehefrau abgeschlossenen Geschäfte nicht persönlich haftbar wäre. Die angezogene Bestimmung spricht also nicht für, sondern gegen die Rechtsansicht des Erstgerichtes.
Es wurde aber schon früher dargelegt, daß auch der Ansicht des Berufungsgerichtes nicht gefolgt werden kann, die bloße Bewerbung um Namhaftmachung des Verkäufers durch einen Kauflustigen beinhalte noch nicht einen Auftrag und die Auskunftserteilung erfolge ausschließlich im Interesse des Verkäufers, die Abhängigmachung einer solchen Auskunftserteilung von der Bezahlung einer Provision durch den Kauflustigen verletze Pflichten gegenüber dem Verkäufer und Auftraggeber und mache den Vermittler gegebenenfalls diesem gegenüber schadenersatzpflichtig. Es würde an sich schon die Namhaftmachung der Kaufgelegenheit nach den Ausführungen unter A. hinreichen, um einen Provisionsanspruch der Klägerin gegen den Erstbeklagten zu begrunden, freilich nur unter der weiteren Voraussetzung, daß dadurch der Kauf wirklich zustande gekommen ist und Erstbeklagter zufolge der verdienstlichen Tätigkeit der Vermittlerin das Geschäft abgeschlossen hat.
Es steht aber fest, daß dies nicht der Fall war. Der Erstbeklagte hat, aus was immer für Gründen, seine ursprüngliche Kaufabsicht aufgegeben und an seine Stelle die Zweitbeklagte als Käuferin vorgeschoben. Der Mäkler ist nicht berechtigt, den Geschäftsherrn zum Abschluß des Vertrages zu nötigen (Rsp. 1929, Nr. 202; GH. 1933, S. 102; 2 Ob 35/52). Wenn dieser das geplante Geschäft nicht abschließt, weil er es sich überlegt hat und z. B. das Objekt nicht mehr zu kaufen wünscht, so hat der Mäkler, den vereinbarten Fall einer gegenteiligen Abrede vorbehalten, keinen Anspruch auf Provision. Eben dieser Fall liegt hier vor. Erstbeklagter hat das in Aussicht genommene Objekt, für das er nach den - allerdings unüberprüft gebliebenen - Klagsbehauptungen ein so lebhaftes Interesse äußerte, dann doch nicht erworben, sondern es vorgezogen, seine Gattin als Käuferin vorzuschieben. Nur dann, wenn die Unterlassung des Geschäftsabschlusses in der Absicht erfolgt wäre, den Vermittler um seine Provision zu bringen, wenn also Dolus specialis vorläge, könnte der letztere einen Schadenersatzanspruch erheben (Rsp. 1926, Nr. 2; 2 Ob 35/52). Dies ist nicht behauptet worden, und ein solcher Anspruch bildet, weil einen ganz anderen Klagegrund betreffend, auf keinen Fall Gegenstand dieses Rechtsstreites.
War somit der Klagsanspruch gegenüber dem Erstbeklagten schon aus den angeführten Erwägungen unbegrundet, so bedurfte es der vom Berufungsgericht angeordneten Ergänzungen des Verfahrens durch Beweisaufnahmen über die behaupteten weiteren Aufträge des Erstbeklagten, ihm unter allen Umständen die Realität, sei es auch gegen Sonderbelohnung, zu sichern, nicht mehr.
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