OGH 4Ob130/51

OGH4Ob130/518.1.1952

SZ 25/6

Normen

ABGB §§1376 ff
ABGB §1431
ABGB §1438
Siebentes Rückstellungsgesetz §6
ZPO §395
ABGB §§1376 ff
ABGB §1431
ABGB §1438
Siebentes Rückstellungsgesetz §6
ZPO §395

 

Spruch:

Anerkennung im Gegensatz zum Rechtsgeständnis.

Entscheidung vom 8. Jänner 1952, 4 Ob 130/51.

I. Instanz: Arbeitsgericht Wien; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Das Arbeitsgericht hat der klagenden Partei einen Betrag von 4000 S samt 4% Zinsen seit 28. Oktober 1950 zugesprochen, das Mehrbegehren dagegen abgewiesen.

Der gegen das Urteil des Arbeitsgerichtes von der klagenden Partei ergriffenen Berufung hat das Berufungsgericht keine Folge gegeben, vielmehr das Urteil des Arbeitsgerichtes unter Berücksichtigung der im Berufungsverfahren vorgenommenen Klagserweiterung mit der Maßgabe bestätigt, daß die beklagte Partei schuldig erkannt wurde, der klagenden Partei den Betrag von 6000 S (statt 4000 S wie im Ersturteil) zu bezahlen. Das Berufungsgericht nahm auch zu der Frage Stellung, ob der Beklagte die Ansprüche des Klägers ganz oder teilweise anerkannt habe, und führte diesbezüglich aus:

Die Ansicht der klagenden Partei, daß in den a conto-Zahlungen das Anerkenntnis eines Pensionsanspruches durch die beklagte Partei gelegen sei, werde vom Berufungsgericht nicht geteilt; denn der Vermerk auf den Zahlungsbestätigungen "a conto Pension" habe mit Rücksicht darauf, daß im Zeitpunkt der Bezahlung der Teilbeträge das siebente Rückstellungsgesetz noch nicht in Kraft gewesen sei, nichts zu bedeuten. Im Zeitpunkt der Zahlungen habe beklagte Partei noch gar nicht wissen können, welche gesetzlichen Ansprüche der Klägerin zustehen. Klägerin müsse daher diese Beträge als Abschlagszahlungen auf ihre erst später gesetzlich geregelten Rückstellungsansprüche gelten lassen.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Klägerin teilweise Folge und verurteilte die Beklagte zur Zahlung eines Teilbetrages von 14.000 S.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Das Anerkenntnis ist eine Willenserklärung, eine vertragsmäßige Entscheidung eines wirklichen oder möglichen Streites, nicht widerlegbar, aber unter Umständen anfechtbar. Auch das Rechtsgeständnis wird gewöhnlich als Anerkennung bezeichnet. Man nennt deshalb das Rechtsgeständnis genauer unechte oder deklarative Anerkennung im Gegensatz zur erwähnten Willenserklärung als dem echten oder konstitutiven Anerkenntnis. Rechtsgeständnisse liegen beispielsweise im Schuldschein, in der Quittung, ferner darin, daß der Schuldner um Stundung bittet, ein Pfand bestellt, die Zinsen des geschuldeten Kapitals bezahlt u. dgl. Wenn der Drittschuldner gemäß § 381 EO. erklärt, daß er die gepfändete Forderung als begrundet anerkenne und Zahlung zu leisten bereit sei, ist - trotz ausdrücklichen Zahlungsversprechens - ein bloßes Rechtsgeständnis anzunehmen, das hinfällig wird, wenn der Beweis der Nichtschuld gelingt. Das Rechtsgeständnis ist ein frei zu würdigender Beweis, der durch Gegenbeweis widerlegt werden kann, ohne daß es erst der Anfechtung wegen Irrtums od. dgl. bedarf. Die echte Anerkennung gehört wie der Vergleich zu den Feststellungsverträgen. Sie ist ein Vertrag, der ein bestimmtes Rechtsverhältnis feststellt. Die feststellende, streitausschließende Wirkung beruht darauf, daß die echte Anerkennung das anerkannte Rechtsverhältnis für den Fall, daß es nicht bestanden haben sollte, ins Leben ruft. Sie hat also hilfsweise rechtsgestaltende Wirkung und kann Schuldverhältnisse begrunden.

Im vorliegenden Fall ist von der klagenden Partei weder im erstinstanzlichen noch im Rechtsmittelverfahren behauptet worden, daß ein Pensionsanspruch der Klägerin in bestimmter Höhe und für ihre Lebenszeit durch die beklagte Partei endgültig und streiterledigend vertragsmäßig anerkannt worden ist. Die vorgelegten Zahlungsbestätigungen mit den Vermerken "Pensionszahlung, nur a conto übernommen", "a conto Pensionsanspruch" oder "a conto Pension" - auf andere Beweismittel hat sich die klagende Partei vor dem Berufungsgericht bezogen - können nicht als unwiderlegbare Anerkennung eines Pensionsanspruches, wie oben erwähnt, angesehen werden, sondern in dem für die Klägerin günstigsten Falle nur als vorläufige Teilanerkennung einer Pension bis zur Regelung solcher Ansprüche durch das siebente Rückstellungsgesetz. Die Klägerin hat denn auch die klagsweise geltend gemachten Ansprüche lediglich auf das siebente Rückstellungsgesetz in Verbindung mit dem Vertrage vom 15. Juli 1929 gestützt, nicht aber auf einen erst nach dem 27. April 1945 zwischen den Streitteilen geschlossenen Vergleich oder Anerkenntnisvertrag. Nur wenn ein solcher Vertrag unzweifelhaft angenommen werden kann, wofür jedoch die vorgelegten Urkunden keinen ausreichenden Anhalt bieten, liegt ein rechtsbegrundendes echtes Anerkenntnis vor. Wenn die Revision vermeint, daß mit der Heranziehung der Auslegungsregel des § 914 ABGB. der Dienstvertrag vom 15. Juli 1929 die Auslegung eines schon mit 1. Jänner 1939 existent gewordenen Pensionsanspruches rechtfertige, so setzt sie sich über den klaren Wortlaut des Vertrages hinweg und sucht ihn in ihrem Sinne zu verbessern bzw. zu ergänzen. Letzteres ist aber nicht der Sinn der Vorschrift des § 914 ABGB. Die Auslegung, die die Untergerichte dem Vertrag vom 15. Juli 1929 gegeben haben, ist frei von Rechtsirrtum.

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