OGH 1Ob827/51

OGH1Ob827/515.12.1951

SZ 24/330

Normen

ABGB §461
ABGB §466
ABGB §1101
KO §6 Abs2
KO §48 Abs4
ZPO §6
ABGB §461
ABGB §466
ABGB §1101
KO §6 Abs2
KO §48 Abs4
ZPO §6

 

Spruch:

Die Pfandklage ist kein Minus gegenüber der persönlichen Klage.

Entscheidung vom 5. Dezember 1951, 1 Ob 827/51.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:

Oberlandesgericht Wien.

Text

In der am 25. Juni 1951 eingebrachten Klage begehrt Klägerin von dem Beklagten den Afterbestandzins per monatlich 800 S für die Monate März bis August 1951 in der Höhe von insgesamt 4800 S. Laut Klagsvorbringen war der Bestandzins vierteljährlich, u. zw. am 1. März und 1. Juni 1951, fällig. Unter einem beantragte Klägerin die pfandweise Beschreibung der in die Bestandräume eingebrachten Fahrnisse des Beklagten. Am gleichen Tag (26. Juni 1951) hat das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien als Konkursgericht den Anschlußkonkurs über das Vermögen des Beklagten verhängt. Laut richtiggestelltem Konkursedikt sind die nach der Konkurseröffnung zu rechnenden Fristen vom Tage der Eröffnung des Ausgleichsverfahrens zu berechnen.

Die Klage wurde dem Masseverwalter Dr. B. zugestellt. Dieser beantragte die Nichtigerklärung das Verfahrens und Zurückweisung der Klage, weil der geltend gemachte Anspruch eine Konkursforderung betreffe.

Das Erstgericht wies die Klage zurück, weil die Klage gegen den Kridatar persönlich und nicht gegen den Masseverwalter gerichtet worden sei.

Das Rekursgericht wies den Antrag auf Nichtigerklärung des Verfahrens ab. Mit Rücksicht auf die am 23. Juni 1951 erfolgte Konkurseröffnung handle es sich um eine Mietzinsforderung, die auf die Zeit vor und nach der Konkurseröffnung entfalle. Da mit der Klage der Antrag auf pfandweise Beschreibung verbunden wurde, müsse davon ausgegangen werden, daß der gegenständlichen Mietzinsforderung das gesetzliche Pfandrecht zustehe, so daß der Geltendmachung dieses Anspruches als Absonderungsanspruch im Sinne des § 48 Abs. 4 KO. gegen den Masseverwalter § 6 Abs. 2 KO. nicht im Wege stehe, wenn auch das Klagebegehren nicht die Einschränkung der Zwangsvollstreckung auf die in die gemieteten Räume eingebrachten Fahrnisse enthalte. Denn ungeachtet des Mangels dieser für die Geltendmachung des Absonderungsanspruches erforderlichen Einschränkung könne gegebenenfalls das Gericht auch darauf erkennen, da in diesem Falle nur weniger zugesprochen wurde, als begehrt wurde (SZ. VI/148).

Der Zulässigkeit der Klage sowie der Fortsetzung des darauf eingeleiteten Verfahrens stehe auch nicht entgegen, daß die Klage erst nach der mit Beginn des Klagstages wirksam gewordenen Konkurseröffnung erhoben worden sei. Im Zeitpunkt der Klagserhebung hatte wohl der Beklagte nicht mehr die Verfügungsfähigkeit über die Konkursmasse, die Partei- und Prozeßfähigkeit habe ihm aber nicht gefehlt. Der Mangel der Verfügungsfähigkeit sei allerdings auch ein Prozeßhindernis, das von Amts wegen zu beachten sei; doch habe im vorliegenden Falle der Beklagte selbst keine Prozeßhandlung vorgenommen, diese habe vielmehr, soweit sie auf Seite des Beklagten in Betracht komme, der bestellte Masseverwalter verrichtet (Zustellung der Klage, Intervention bei der pfandweisen Beschreibung, 1. Tagsatzung). Der Beklagte sei daher in dem bisherigen gegen ihn gerichteten Verfahren rechtmäßig vertreten, weshalb gar keine persönliche und dadurch unwirksame Prozeßhandlung des geklagten Gemeinschuldners vorliege, die gemäß § 6 Abs. 2 ZPO. der Sanierung zuzuführen versucht werden müßte. Anderseits könne der zur Vertretung des Gemeinschuldners berufene Masseverwalter die Führung des Rechtsstreites nicht ablehnen und vermöge insbesondere auch nicht den formalen Mangel heranzuziehen, daß die Klage den nunmehr feststehenden gesetzlichen Vertreter des Beklagten nicht angeführt hatte. Denn dieser Mangel sei vom Amts wegen behebbar, namentlich in einem solchen Prozeßstadium wie im vorliegenden Fall, in dem bereits die Klage der geschäftsordnungsmäßigen Behandlung zugeführt wurde (1 Ob 192/51).

Der Oberste Gerichtshof stellte den erstrichterlichen Beschluß rücksichtlich eines Teilbetrages von 3040 S wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Annahme des Rekursgerichtes, daß die Pfandklage in der persönlichen Klage als Minus inbegriffen sei, kann der Oberste Gerichtshof nicht beitreten. Die Voraussetzungen dieser beiden Klagstypen sind verschieden. Die persönliche Klage setzt ein obligatorisches Schuldverhältnis voraus, das den Beklagten zur Zahlung verpflichtet, die Pfandklage hingegen die Behauptung, daß eine bestimmte Sache für eine bestimmte Schuld hafte und daß auf Grund des behaupteten Pfandrechtes die Haftung aus dieser Sache geltend gemacht werde. Daß der mit der Pfandklage Belangte auch persönlich hafte, ist keine Voraussetzung der Pfandklage. Es kann daher weder auf Grund einer Hypothekarklage der als Hypothekarschuldner Beklagte zur Zahlung schlechthin verurteilt werden noch umgekehrt der mit der Personalklage Belangte zur Zahlung aus den Pfandsachen, so wenig wie die Klage auf Zahlung, die gegen eine exterritoriale Person gerichtet ist, mit der Begründung aufrecht als Hypothekarklage erledigt werden darf, der Exterritoriale sei Eigentümer einer Liegenschaft im Sprengel des Prozeßgerichtes.

Auch darf nicht übersehen werden, daß sich die Pfandklage nur gegen den Eigentümer der Pfandstücke richtet, auch wenn eine andere Person persönlich verpflichtet ist. Pfandschuldner rücksichtlich der illata und invecta sind aber nicht nur der Bestandnehmer, sondern auch dessen im gemeinschaftlichen Haushalt lebenden Familienangehörigen. Wird gegen den Bestandnehmer die Pfandklage erhoben, so muß der Kläger daher behaupten, daß die eingebrachten Fahrnisse Eigentum des Bestandnehmers sind, sonst müßte er gegen den Eigentümer Klage erheben. Es kann daher nicht ohneweiteres auf Grund der persönlichen Klage auf Zahlung des Bestandzinses Verurteilung zur Zahlung aus den eingebrachten Fahrnissen erfolgen, weil die Klagsvoraussetzungen beider Klagen verschieden sind. Ob SZ. VI/148 tatsächlich, wie das Rekursgericht annimmt, den entgegengesetzten Rechtsstandpunkt vertritt, kann dahingestellt bleiben; keinesfalls könnte der Oberste Gerichtshof diese Meinung weiter aufrechthalten. Gegen diese Auffassung des Obersten Gerichtshofes kann auch nicht eingewendet werden, daß der Eigentümer der vom Pfandrecht ergriffenen Sachen nicht exszindieren könne, wenn der Vermieter auf Grund eines Titels gegen den Bestandnehmer in die dem Exszindierungswerber gehörigen Sachen Exekution führt, obwohl gegen ihn kein Exekutionstitel besteht (SZ. XIV/167); die Exszindierungsklage wird in diesem Fall nur deshalb ausgeschlossen, weil es ein untragbarer Formalismus wäre, die Exekutionsführung in die dem Dritten gehörigen Sachen trotz Bestandes des Pfandrechtes nur deshalb für unzulässig zu erklären, weil bisher gegen den Dritten kein Exekutionstitel erworben wurde. Daraus, daß die Rechtsordnung das fehlerhaft erworbene exekutive Pfandrecht toleriert, kann nicht geschlossen werden, daß die Prozeßgerichte der Pfandklage auf eine einem Dritten gehörigen Sache auch dann stattzugeben haben, wenn der Beklagte diesen Mangel im Prozeßverfahren geltend macht.

Daß die Klägerin endlich anläßlich der Einbringung ihrer Klage gleichzeitig die pfandweise Beschreibung beantragt hat, macht die Klage noch nicht zur Pfandklage, weil die pfandweise Beschreibung nur eine Sicherungsmaßnahme ist und nicht die klagsweise Geltendmachung des Pfandrechtes.

Die gegenständliche Klage kann daher nicht als Pfandklage qualifiziert werden, wie es das Rekursgericht getan hat, sie ist vielmehr als persönliche Klage auf Zahlung des Mietzinses anzusehen. Ist dies aber der Fall, dann ist der Anspruch bis zur Konkurseröffnung als Konkursforderung und erst der Anspruch auf die auf die Zeit ab Konkurseröffnung entfallende Mietzinsforderung als Masseforderung anzusehen. Da Konkursforderungen aber erst dann im Klagswege geltend gemacht werden können, wenn sie gerichtlich geprüft worden sind, und auch dann nur mit Liquidierungsklage geltend gemacht werden können, so war der auf die Zeit vom 25. Juni 1951 entfallende Teil des Klagsanspruches gemäß § 6 KO. wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurückzuweisen. Insoweit war daher die erstrichterliche Entscheidung wiederherzustellen; nur der Kostenausspruch hatte zu entfallen, da die pfandweise Beschreibung, da rücksichtlich eines Teiles des Bestandzinses die Masseklage zulässig ist, zulässigerweise beantragt worden ist, daher über den Ersatz der durch sie verursachten Kosten zugleich mit dem Urteil über die Masseklage wird entschieden werden müssen.

Soweit die Masseforderung in Betracht kommt, also der auf die Zeit nach dem 25. Juni 1951 entfallende Zins klagsweise geltend gemacht wird, war die Rekursentscheidung zu bestätigen.

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