OGH 2Ob774/51

OGH2Ob774/513.12.1951

SZ 24/327

Normen

JN §42 Abs1
ZPO §581 Abs1
ZPO §582 Abs1
ZPO §582 Abs2
JN §42 Abs1
ZPO §581 Abs1
ZPO §582 Abs1
ZPO §582 Abs2

 

Spruch:

Ist der infolge Säumnis einer Partei vom Gericht bestellte Schiedsrichter gestorben, so kann nicht sogleich das Gericht wegen Bestellung eines neuen Schiedsrichters angegangen werden, vielmehr muß wieder der Gegner zur Namhaftmachung eines Schiedsrichters aufgefordert werden.

Hat es an einer Voraussetzung für die Bestellung eines Schiedsrichters gefehlt und hat dennoch das Erstgericht eine solche Bestellung vorgenommen, so ist ein Rechtsmittel gegen diesen Beschluß zulässig.

Entscheidung vom 3. Dezember 1951, 2 Ob 774/51.

I. Instanz: Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.

Text

Die beiden Teile haben ein Übereinkommen geschlossen, demzufolge der Antragsteller dem Antragsgegner einen Investitionskredit zur Verfügung zu stellen hat, wogegen der Antragsgegner dem Antragsteller den Alleinvertrieb seiner Erzeugnisse überläßt. Über Streitigkeiten aus diesem Vertrage soll ein Schiedsgericht entscheiden, in welches beide Teile einen Vertreter entsenden. Diese Vertreter sollen sich innerhalb einer Woche auf einen Vorsitzenden einigen. Da der Antragsgegner die Bestellung des von ihm in das Schiedsgericht zu entsendenden Vertreters nicht rechtzeitig vorgenommen hat, bestellte diesen auf Antrag des Antragstellers das Erstgericht zunächst in der Person des Hofrates Dr. Hugo K. Infolge Ablebens des Genannten bestellte nunmehr auf Antrag des Antragstellers das Erstgericht mit neuerlichem Beschluß an seiner Stelle den Rechtsanwalt Dr. Camillo P. zum Schiedsrichter und wies den vom Antragsgegner dagegen erhobenen Rekurs gemäß § 582 Abs. 2 ZPO. als unzulässig zurück.

Dem Rekurs des Antragsgegners gegen diese Beschlüsse hat das Rekursgericht Folge gegeben, diese Beschlüsse aufgehoben und dem Erstgericht unter Rechtskraftvorbehalt eine neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung über den Antrag des Antragstellers auf Bestellung eines Ersatzschiedsrichters für den verstorbenen Hofrat Dr. Hugo K. aufgetragen.

Der Oberste Gerichtshof hat den Revisionsrekurs des Antragstellers nicht Folge gegeben.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die Bestellung eines Schiedsrichters auf Antrag durch das Gericht nach § 582 Abs. 1 ZPO., wenn die Person, der die Bestellung obliegt, diese nicht rechtzeitig vorgenommen hat, soll nur die Vereitelung des Schiedsvertrages durch die Säumigkeit einer Partei oder eines Dritten verhindern. Es besteht keinerlei Grund, in der Zulassung der Schiedsrichterbestellung durch das Gericht eine vom Gesetz gewollte, für alle Zukunft wirkende Strafmaßnahme gegen die säumige Partei (wenn überhaupt von einer solchen gesprochen werden kann und nicht die Bestellung einem Dritten oblag) zu erblicken. Das Gesetz gibt daher auch keine Handhabe, der säumigen Partei das ihr vertragsmäßig zustehende Recht auf Bestellung eines Schiedsrichters für alle Zukunft zu entziehen, u. zw. auch in dem Falle, daß der vom Gericht bestellte Schiedsrichter (z. B. durch sein Ableben) wegfällt. Auch für eine einmal säumig gewordene Partei läuft in diesem Falle gemäß § 581 Abs. 1 ZPO. eine neue vierzehntägige Frist ab Zustellung der Aufforderung zur Bestellung des Ersatzschiedsrichters und erst bei Versäumung auch dieser neuen Frist wird wieder das Gericht zur Bestellung auf Antrag gemäß § 582 Abs. 1 ZPO. zuständig, denn erst dann kann auch bezüglich des Ersatzschiedsrichters gesagt werden, daß seine Bestellung nicht rechtzeitig vorgenommen wurde. Dieser Rechtsstandpunkt wind dem vom Rekursgericht mit Recht hervorgehobenen Grundgedanken gerecht, die Parteien, soweit tunlich, nicht in ihrem Rechte zu verkürzen, eine ihr Vertrauen genießende Person zum Schiedsrichter zu ernennen.

Die Bestellung des Ersatzschiedsrichters auf Antrag durch das Gericht hätte im gegenständlichen Fall daher nur erfolgen dürfen, wenn nach dem Tode des vom Gericht bestellten Schiedsrichters, des Hofrates Dr. Hugo K., der Antragsgegner der Aufforderung des Antragstellers binnen 14 Tagen einen Ersatzschiedsrichter zu bestellen, keine Folge geleistet hätte. Der Antragsteller hat nun in seinem Antrag auf Bestellung eines Ersatzschiedsrichters das Vorliegen dieser Voraussetzungen gar nicht behauptet.

Wenn aber das Gericht einen Schiedsrichter auf Grund eines Antrages bestellt, der nicht einmal das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für die Bestellung eines Schiedsrichters durch das Gericht behauptet, ohne das Vorliegen dieser Voraussetzung anderweitig, z. B. durch Vernehmung des Gegners festzustellen, maßt es sich damit eine ihm nicht zustehende Gerichtsbarkeit an (§ 42 Abs. 1 JN.), weil ihm jede rechtliche Grundlage für ein Einschreiten fehlt, und ist daher dem Rekursgerichte darin beizupflichten, daß in einem solchen Falle von einer gemäß § 582 Abs. 2 ZPO. jeder Anfechtung entzogenen Beschlußfassung nicht die Rede sein kann. Das Rekursgericht hat sonach mit Recht den Beschluß, mit welchem das Erstgericht den Rekurs des Antragsgegners gegen den Beschluß, mit welchem es den Ersatzrichter bestellt hatte, als unzulässig zurückgewiesen hat, aufgehoben (richtig in die Zulässigerklärung dieses Rekurses abgeändert) und sich in die sachliche Prüfung des Rekurses des Antragsgegners gegen letzteren Beschluß eingelassen.

Da das Erstgericht den Gegner nicht gehört und keinerlei Feststellungen über die Säumigkeit des Antragsgegners bei der Bestellung des Ersatzschiedsrichters im Sinne des § 581 Abs. 1 ZPO. vorgenommen hat, hat das Rekursgericht dem Erstgericht ferner mit Recht die erneute Beschlußfassung nach Ergänzung des Verfahrens aufgetragen.

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