Spruch:
Auf Grund eines gerichtlichen Vergleiches über einen bestimmten Geldbetrag mit Brotpreisklausel kann der infolge von Preiserhöhungen sich ergebende Mehrbetrag erst nach Erlangung eines entsprechenden Exekutionstitels im Exekutionswege durchgesetzt werden.
Entscheidung vom 31. Oktober 1951, 3 Ob 603/51.
I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:
Oberlandesgericht Wien.
Text
Die Ehegatten haben in dem beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien durchgeführten Ehescheidungsverfahren einen Vergleich geschlossen, in welchem sich der Ehemann verpflichtete, seiner Ehegattin einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 1000 S zu bezahlen und diesen Unterhaltsbetrag in dem Maße zu erhöhen, als sich der damalige Brotpreis von 1.16 S pro kg erhöhen würde.
Die Ehegattin hat nun mit der Behauptung, daß sich seither laut der in der "Wiener Zeitung" verlautbarten Erlässe des Bundesministeriums für Inneres und des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft der Brotpreis auf 1.90 S und auf 2.40 S pro kg erhöht und daß der Ehemann die sich aus der Erhöhung des Brotpreises ergebenden Mehrbeträge nicht bezahlt habe, die Fahrnisexekution zur Hereinbringung der Mehrbeträge von insgesamt 16.822.56 S begehrt.
Das Exekutionsgericht hat die beantragte Exekution bewilligt.
Infolge Rekurses der verpflichteten Partei hat das Rekursgericht diesen Beschluß abgeändert und den Exekutionsantrag abgewiesen.
Der Oberste Gerichtshof hat dem Revisionsrekurs der betreibenden Partei nicht Folge gegeben.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Das Rekursgericht hat mit Recht darauf verwiesen, daß der Vergleich vom 5. April 1949, - Cg 492/48, keinen hinreichenden Exekutionstitel im Sinne des § 7 Abs. 1 EO. hinsichtlich der begehrten Leistung darstelle, weil sich der Umfang der von der betreibenden Partei behaupteten Alimentationserhöhung aus diesem Vergleiche nicht ergebe, und daß eine Ergänzung des Exekutionstitels nach § 7 Abs. 2 EO. durch andere Urkunden nur zum Nachweise der für die Fälligkeit und Vollstreckbarkeit maßgebenden Tatsachen, nicht aber zum Nachweise des Umfanges der geschuldeten Leistung zulässig sei. Dem Rekursgerichte ist auch darin beizustimmen, daß eine analoge Anwendung der nur für die Bezüge des Verpflichteten aus einem Dienst- oder Arbeitsverhältnisse gültigen Bestimmungen des § 10a EO. für Wertsicherungsklauseln bei Unterhaltsleistungen nicht möglich sei (siehe 2 Ob 480/50).
Es mag zutreffen, daß die Anwendung von Wertsicherungsklauseln bei Unterhaltsvergleichen sehr häufig geworden ist. Es muß aber daran festgehalten werden, daß der sich aus solchen Wertsicherungsklauseln ergebende Mehranspruch des Unterhaltsberechtigten im Exekutionswege erst nach Erlangung eines entsprechenden Exekutionstitels durchgesetzt werden kann. Daran vermag der Umstand nichts zu ändern, daß bei einer oftmaligen Wertänderung des der Wertsicherungsklausel zugrunde liegenden Gegenstandes der Berechtigte jeweils sich einen neuen Exekutionstitel beschaffen muß. Die Meinung des Revisionsrekurses, daß sich ein Urteilsspruch, in dem die Zahlungsverpflichtung mit einer Wertsicherungsklausel verbunden sei, auf jeden Fall zu einer Exekutionsführung eigne, ist als rechtsirrig abzulehnen.
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