Normen
EheG §49
EheG §§50 ff
EheG §52
EheG §53
EheG §54
EheG §55
EheG §55 Abs2
EheG §49
EheG §§50 ff
EheG §52
EheG §53
EheG §54
EheG §55
EheG §55 Abs2
Spruch:
Zur Frage der Beachtlichkeit des Widerspruches nach § 55 Abs. 2 EheG.
Zur sittlichen Rechtfertigung des Scheidungsbegehrens nach § 52 EheG. im Sinne des § 54 EheG.
Entscheidung vom 17. Oktober 1951, 1 Ob 656/51.
I. Instanz: Kreisgericht Steyr; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz.
Text
Das Erstgericht hat mit Urteil vom 1. Juni 1951 das auf die Scheidungsgrunde nach den §§ 52 und 55 EheG. gestützte Scheidungsbegehren mit der Begründung abgewiesen, die häusliche Gemeinschaft sei zwischen den Streitteilen seit März 1947 aufgehoben, die Ehe sei unheilbar zerrüttet. An dieser Zerrüttung sei ausschließlich der Umstand schuld, daß der Kläger zu Helene H. in Beziehungen getreten sei. Der Widerspruch der Beklagten sei daher zulässig und auch beachtlich, da es sittlich nicht zu rechtfertigen sei, daß der Kläger seine kränkliche Frau um einer anderen Frau willen im Stiche lasse. Mit der Lösung des Ehebandes seien auch schwere materielle Nachteile für die Beklagte und die aus der Ehe stammenden Kinder verbunden, weil der Kläger voraussichtlich die andere Frau heiraten werde und dadurch der Unterhalt der Beklagten und der Kinder geschmälert werden müsse, was umsomehr ins Gewicht falle, als die Beklagte kränklich sei und kaum in der Lage sein werde, sich ihren Unterhalt selbst zu verdienen. Wenn auch der Kläger wegen des Verlustes seines linken Armes eines gewissen Beistandes bedürfe, so wiege dieses Bedürfnis im Verhältnis zur Bedürftigkeit der Beklagten nicht so schwer, daß es die Scheidung der Ehe rechtfertigen würde. Die Beklagte leide an Tuberkulose, es bestehe derzeit Ansteckungsgefahr und es sei vorläufig eine Beseitigung der Ansteckungsgefahr nicht abzusehen. Eine abgesonderte Unterbringung der Beklagten in der ehelichen Wohnung so, daß eine Gefährdung des Klägers verhindert werden könne, sei nicht möglich. Der Tatbestand des § 52 EheG. sei somit gegeben. Das Scheidungsbegehren sei jedoch sittlich nicht gerechtfertigt. Der eigentliche Beweggrund des Scheidungsbegehrens des Klägers sei nicht eine Sorge wegen der Ansteckung, zumal die Ansteckungsgefahr erst im Frühjahr 1951 ernstlich aufgetreten sei, sondern der Wunsch, durch die Scheidung in die Lage zu kommen, die Verbindung mit Helene H. zu legitimieren. Die Krankheit der Beklagten und die nunmehr bestehende Ansteckungsgefahr habe für den Kläger nur die Bedeutung eines Vorwandes, daher sei es unsittlich, daß er nunmehr die Folgen seines eigenen Verhaltens dadurch von sich abzuwälzen trachte, daß er sich auf die Krankheit der Beklagten und die Ansteckungsgefahr berufe. Die mit der Scheidung verbundene Aufregung bedeute die Gefahr einer Verschlechterung des Leidens der Beklagten. Auch die Gefahr einer Schmälerung des Unterhaltes der Beklagten im Falle der Scheidung sei hier zu berücksichtigen, die Beklagte würde besonders hart getroffen, wenn sie sich nach dem Verlust des Gatten in ihrem kränklichen Zustande noch der Not ausgesetzt sehen müsse. Die Aussicht auf eine Gesundung würde unter diesen Umständen vollkommen beseitigt. Zu berücksichtigen sei auch, daß die Ehe schon über zehn Jahre gedauert habe.
Das Berufungsgericht hat diese Entscheidung mit dem angefochtenen Urteil bestätigt und in den Entscheidungsgründen in rechtlicher Hinsicht ausgeführt, da unbedenklich festgestellt sei, daß der Kläger die Zerrüttung der Ehe durch sein ehebrecherisches Verhältnis zur Helene H. verschuldet habe, sei der Widerspruch der Beklagten zulässig, seine Beachtlichkeit sei grundsätzlich die Regel und besondere Gründe, welche dem Widerspruch die Beachtlichkeit nehmen würden, lägen im vorliegenden Falle nicht vor. Das Scheidungsbegehren sei in Anbetracht der langen Dauer der Ehe, der zwei Kinder entstammen, und der für die Beklagte somit verbundenen besonderen Härte sittlich nicht gerechtfertigt, es liege ein besonderer Härtefall im Sinne des § 54 EheG. vor. Wenn auch nach Absicht des ursprünglichen Gesetzgebers der Härtefall mit Rücksicht auf die bevölkerungspolitische Tendenz des Ehegesetzes nur ein seltener Ausnahmsfall sein sollte, so werde sinngemäß für die sittliche Rechtfertigung nach § 54 EheG. doch kein anderer Maßstab anzulegen sein als für die Beachtlichkeit des Widerspruches nach § 55 EheG.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei Folge, hob das Urteil des Berufungsgerichtes auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurück.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
In Ausführung des Revisionsgrundes des § 503 Z. 4 ZPO. bekämpft der Kläger vor allem die Ansicht, daß der Widerspruch der Beklagten nach § 55 Abs. 2 EheG., da die klagende Partei die Zerrüttung der Ehe ganz oder überwiegend verschuldet habe, nicht nur zulässig, sondern auch grundsätzlich beachtlich und nur in Ausnahmsfällen nicht zu beachten sei, in Form einer Polemik gegen die Darlegungen Schwind's in dessen Eherechtskommentar zu § 55, meint jedoch dann, es sei gar nicht notwendig gewesen, der Generalklausel in § 55 EheG. einen anderen Inhalt zu geben, damit die neuere Rechtsprechung den Widerspruch grundsätzlich für beachtlich halten könne, vielmehr sei dies auch schon vorher der Fall gewesen; jedoch sei die Aufrechterhaltung der Ehe nur so lange sittlich gerechtfertigt, als eine Beistandsleistung auch möglich sei, was jedoch im vorliegenden Falle nicht zutreffe. Der Revisionswerber wendet sich weiters gegen die vom Berufungsgericht geteilte Meinung Schwind's, daß für die sittliche Rechtfertigung kein anderer Maßstab anzulegen sei, als für die Beachtlichkeit des Widerspruches nach § 55 EheG. und daß daher die Abweisung des Scheidungsbegehrens gemäß § 54 EheG. ebenfalls die Regel sein müsse, und meint dagegen, nach § 52 EheG. sei die Scheidung die Regel und die Aufrechterhaltung der Ehe nur ein seltener Ausnahmsfall.
Den Ausführungen des Revisionswerbers ist nur insoweit beizupflichten, als der Widerspruch nach § 55 Abs. 2 EheG. selbst, aber auch nach der Absicht des ursprünglichen Gesetzgebers grundsätzlich zu beachten ist. Dies geht klar aus der amtlichen Begründung zum Ehegesetz hervor, die zu § 55 EheG. ausführt, daß diese Bestimmung die Scheidung unheilbar zerrütteter Ehen nach mindestens dreijähriger faktischer Trennung in solchen Fällen, in denen keiner der einzelnen angeführten Scheidungsgrunde in Betracht komme, ermöglichen soll. Es heißt dann dort weiter: "... diese Vorschrift bedurfte indessen einer Einschränkung, damit nicht ein Ehegatte durch schwere Eheverfehlungen die Zerrüttung herbeiführe und nach dreijähriger Trennung von dem anderen Ehegatten die Scheidung begehren kann. Wäre dies möglich, so würde namentlich ein Ehemann, der von seiner Frau nur loskommen will, weil er eine jüngere und reizvollere gefunden hat, das Ziel der Vereinigung mit dieser anderen Frau durch eine Art Verstoßung der ersten Frau erreichen können. Deshalb schreibt § 55 Abs. 2 Satz 1 vor, daß der Ehegatte, demgegenüber die Scheidung aus § 55 begehrt wird, ihr widersprechen kann, wenn der Ehegatte der die Scheidung verlangt, die Zerrüttung ganz oder überwiegend verschuldet hat. Aber auch dieser Satz bedurfte wieder einer Einschränkung. Hat z. B. ein Ehegatte dadurch, daß er ein ehewidriges Verhältnis mit einer anderen Frau begann, seine eigene Frau zum Verlassen der häuslichen Gemeinschaft gebracht, später aber seinen Fehltritt bereut und den besten Willen gezeigt, wieder ein rechtes Eheleben zu beginnen, so kann es sittlich ungerecht erscheinen, wenn gleichwohl seine Frau einerseits auf ihrem Trennungswillen beharrt und anderseits sich doch weigert, auf eine Scheidung einzugehen. Deshalb sieht Abs. 2 Satz 2 des § 55 EheG. vor, daß der Widerspruch gegen die Scheidung nicht zu beachten ist ..... Schon diese Vorschrift beseitigt zum größten Teil den schwersten Mißstand des geltenden Scheidungsrechtes, der darin bestand, daß Fälle vorkommen konnten, in denen eine Frau dauernd von ihrem Mann getrennt lebte und Unterhalt bezog, sich aber anderseits weigerte, die eheliche Gemeinschaft wieder herzustellen, ohne daß eine Möglichkeit für den Ehemann bestand, eine solche Ehe, die in Wirklichkeit keine mehr war, zu lösen" (zit. nach Volkmar - Antoni, Eherecht S. 486 f.).
Daraus ergibt sich klar, daß die Absicht des historischen Gesetzgebers dahin ging, die Scheidung unheilbar zerrütteter Ehen beim Mangel eines der einzeln angeführten Scheidungsgrunde auf Antrag jedes Gatten auch gegen den Willen des anderen zu ermöglichen, wenn kein Teil die Zerrüttung der Ehe verschuldet hat oder beiden Gatten ein gleiches Verschulden zur Last fällt, daß jedoch dann, wenn der Kläger die Zerrüttung ganz oder überwiegend verschuldet hat, es zur Scheidung der Genehmigung des anderen Teiles durch Unterlassung des Widerspruches bedarf, der Widerspruch jedoch dann unwirksam ist, wenn der andere Teil bloß am Eheband festhalten, nicht aber die eheliche Gemeinschaft samt den ihn selbst treffenden Pflichten im möglichen Umfange wieder aufnehmen will. Die vom Reichsgericht eine Zeitlang vertretene Ansicht, daß der Widerspruch in der Regel unbeachtlich und nur in besonderen Fällen zu beachten ist, steht mit der Absicht des ursprünglichen Gesetzgebers selbst offensichtlich nicht im Einklang und war, wie die Gründe der betreffenden Entscheidung klar erkennen ließen, nur auf die Tendenz zurückzuführen, auf jede mögliche Weise zur Bevölkerungsvermehrung beizutragen. Der Oberste Gerichtshof hat in seiner Judikatur seit 1945 keinen Anlaß mehr, an dieser unzutreffenden Auslegung des § 55 EheG. die nicht einmal der Absicht des historischen Gesetzgebers entsprach, festzuhalten und vertrat daher die gegenteilige Ansicht, daß der Widerspruch der beklagten Partei in der Regel zu beachten ist (vgl. SZ. XXI/40).
Wenn in diesen Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes von der Beistandspflicht gesprochen wird, so sollte damit diese aus der Ehe entspringende Verpflichtung nur gegenüber den anderen ehelichen Pflichten besonders hervorgehoben werden, weil hierin das ethische Moment mehr in den Vordergrund tritt, und es sollte zum Ausdruck gebracht werden, daß der materiellen Seite allein nicht das entscheidende Gewicht zukommt.
Wenn nun die Beklagte krank ist und sich in Anstaltspflege befinden muß, bedarf sie umsomehr des Beistandes, als dies der Fall wäre, wenn sie noch verhältnismäßig jung, vollkommen gesund und erwerbsfähig wäre. Der Beistand muß ja nicht nur in der Leistung persönlicher Dienste im Rahmen des gemeinsamen Haushaltes bestehen. Gerade, wenn ein Gatte sich im Spital befindet, wird er des Beistandes des anderen bedürfen, mag es sich um verschiedene Besorgungen oder auch nur um Besuche, um ihn psychisch aufzurichten, oder selbst um Geldleistungen im Rahmen der Unterhaltspflicht handeln. Davon, daß eine Beistandsleistung durch den Kläger wegen des Spitalsaufenthaltes der Beklagten gar nicht möglich wäre, kann somit keine Rede sein, da eben die Beistandsleistung keineswegs in persönlicher Pflege bestehen muß. Die Erkrankung der Gattin, zumal nach mehr als zehnjähriger Ehe, kann dem anderen keinesfalls schon das Recht geben, sich deshalb einer anderen Frau zuzuwenden und die Scheidung seiner Ehe durchzusetzen. Unter welchen Voraussetzungen eine Krankheit ein Scheidungsrecht gewährt, ergibt sich aus § 52 EheG. Daß die Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Widerspruches gegeben sind, kann der Kläger nicht bestreiten. Die Meinung der Untergerichte, daß der Widerspruch der Beklagten auch beachtlich ist, erscheint aus den angeführten Erwägungen ebenfalls zutreffend. Demnach kommt eine Scheidung im Sinne des § 55 EheG. nicht in Frage.
Daß die Voraussetzungen des § 52 EheG. gegeben sind, steht fest. Entscheidend ist daher in dieser Hinsicht nur, ob das Scheidungsbegehren gleichwohl gemäß § 54 EheG. abzuweisen ist. Das Berufungsgericht hat hiezu bloß ausgeführt, das Scheidungsbegehren sei in Anbetracht der langen Dauer der Ehe, der zwei Kinder entstammen, und der für die Beklagte somit vorhandenen besonderen Härte sittlich nicht gerechtfertigt, es liege ein besonderer Härtefall im Sinne des § 54 EheG. vor und für die sittliche Rechtfertigung nach § 54 EheG. sei kein anderer Maßstab anzulegen als für die Beachtlichkeit des Widerspruches. Daß die Ehe mehr als zehn Jahre gedauert hat - sie wurde am 17. September 1938 geschlossen - und daß aus der Ehe zwei Kinder hervorgegangen sind, vermag allerdings das Scheidungsbegehren noch nicht als sittlich nicht gerechtfertigt erscheinen zu lassen, vielmehr wird es vor allem darauf ankommen, ob die Auflösung der Ehe den anderen Ehegatten außergewöhnlich hart treffen würde. Der von Schwind (Kommentar zum österr. Eherecht S. 198), aber auch von Godin (Ehegesetz S. 191) und Hoffmann - Stephan (Ehegesetz S. 212) vertretenen Meinung, daß für die sittliche Rechtfertigung nach § 54 EheG. kein anderer Maßstab anzulegen sei als für die Beachtlichkeit des Widerspruches nach § 55 Abs. 2 EheG., kann nur insoweit beigepflichtet werden, als die Auffassung vom sittlichen Wesen der Ehe natürlich immer nur die gleiche sein kann. Gleichwohl werden bei der Beurteilung nach § 49 letzter Satz, §§ 54 und 55 Abs. 2 EheG. zumeist verschiedene Umstände eine Rolle spielen, zumal nach § 49 und § 55 Abs. 2 das Verschulden, nach der letzteren Vorschrift insbesondere auch die eheliche Einstellung der beklagten Partei von Bedeutung ist, während nach § 54 EheG. das Verschulden keine Rolle spielen muß und es dafür mehr auf die Verhältnisse der beklagten Partei ankommt. Auf keinen Fall kann jedoch aus der notwendig gleichen Auffassung vom Wesen der Ehe der Schluß gezogen werden, daß, ebenso wie der Widerspruch nach § 55 Abs. 2 EheG. grundsätzlich beachtlich ist, auch die auf § 52 EheG. gestützten Scheidungsbegehren gemäß § 54 EheG. grundsätzlich sittlich nicht gerechtfertigt sind; vielmehr geht die gegenteilige Absicht des Gesetzgebers nicht bloß aus der amtlichen Begründung zum Ehegesetz, sondern auch aus der Art der gesetzlichen Regelung hervor. Die §§ 50 bis 52 EheG. geben ja dem gesunden Gatten grundsätzlich ein Recht auf Scheidung, und § 54 EheG. erklärt dann, daß in diesen Fällen die Ehe nicht geschieden werden darf, wenn das Scheidungsbegehren sittlich nicht gerechtfertigt ist. Diese Regelung kann also eher mit jener des § 49 EheG. verglichen werden, wobei jedoch, wie schon erwähnt, in ersterer Vorschrift die Verschuldensfrage die entscheidende Rolle spielt, während dies nach § 54 EheG. keineswegs der Fall sein muß. Die Meinung, daß ein auf § 52 EheG. gestütztes Scheidungsbegehren wegen der geänderten bevölkerungspolitischen Anschauungen nunmehr im Sinne des § 54 EheG. als grundsätzlich sittlich nicht gerechtfertigt anzusehen ist, widerspricht nicht nur der gesetzlichen Regelung selbst, sondern kann auch mit dem Wegfall des Strebens nach Bevölkerungsvermehrung um jeden Preis nicht gerechtfertigt werden, da für die Schaffung der Scheidungsgrunde nach den §§ 50 bis 52 EheG. im Gegensatz zu dem beseitigten des § 53 EheG., wie die amtliche Begründung zeigt, gar nicht dieses Streben, sondern die Erwägung maßgebend war, daß in solchen Fällen eine richtige Ehe nicht mehr möglich sei (vgl. amtliche Begründung bei Volkmar - Antoni, Eherecht S. 486). Nur die vielfach bei der Anwendung des § 54 EheG. herangezogenen bevölkerungspolitischen Erwägungen werden jetzt allerdings in den Hintergrund zu treten haben. Geht es nun nicht an, § 54 EheG. als Regel und die Scheidung nach § 52 EheG. geradezu als Ausnahme anzusehen, so genügt nicht der Hinweis auf die lange Dauer der Ehe und auf das Vorhandensein von zwei Kindern zur Rechtfertigung der Annahme eines besonderen Härtefalles, zumal für die Kinder einerseits die Wiederaufnahme der häuslichen Gemeinschaft durch die Streitteile wegen der Ansteckungsgefahr sogar ungünstig und anderseits die Scheidung wegen der Ermöglichung der Wiederverehelichung des Klägers allerdings für die Sicherung des Unterhaltes der Kinder ungünstig wäre (vgl. Volkmar - Antoni, Eherecht S. 202, Hoffmann - Stephan, EheG. S. 215). Daß die Ehe mehr als zehn Jahr gedauert hat, würde in Verbindung mit dem Alter vor allem für die Frau in der Richtung eine Rolle spielen, ob sie sich eine andere Lebensgrundlage schaffen kann. Letzteres kommt jedoch im vorliegenden Falle schon wegen des Gesundheitszustandes der Beklagten nicht in Frage. Wohl aber wäre für die sittliche Rechtfertigung des Scheidungsbegehrens der Umstand von Bedeutung, ob der Kläger etwa die Krankheit der Beklagten nur dazu ausnützen will, um eine sonst nicht zu verwirklichende Scheidung zu erreichen (vgl. Volkmar - Antoni a. a. O. S. 202; Hoffmann - Stephan a. a. O.; Godin, Ehegesetz S. 191). Von Bedeutung für die Aufrechterhaltung der Ehe im Sinne des § 54 EheG. wäre weiters u. a. eine ganz besonders ungünstige Auswirkung der Scheidung auf die Gemütsverfassung und somit auf den Gesundheitszustand der Beklagten, eine etwaige Vernichtung der Heilungsaussichten, oder eine durch die Scheidung entstehende wirtschaftliche Notlage der Beklagten (Godin a. a. O. S. 191; Hoffmann - Stephan a. a. O. S. 214). Das Erstgericht hat nun angenommen, daß die Krankheit und die erst seit dem Frühjahr 1951 bestehende Ansteckungsfähigkeit der Beklagten für den Kläger nur die Bedeutung eines Vorwandes habe, ferner, daß die mit der Scheidung verbundene Aufregung die Gefahr einer Verschlechterung des Leidens der Beklagten herbeiführe und sie sich im Falle der Scheidung auch der Not ausgesetzt sehen müsse und dadurch die Aussichten auf eine Gesundung vollkommen beseitigt würden. Daraus hat das Erstgericht abgeleitet, daß das Klagebegehren gemäß § 54 EheG. sittlich nicht gerechtfertigt sei. Das Berufungsgericht hat es jedoch von seinem, vom Obersten Gerichtshof nicht geteilten Standpunkte aus unterlassen, hiezu Stellung zu nehmen und selbst nur anzugeben, ob es auch diese diesbezüglichen Feststellungen des Erstgerichtes übernimmt.
Mangels der erforderlichen Feststellungen in dieser Richtung ist aber der Oberste Gerichtshof nicht in der Lage, zu beurteilen, ob das Scheidungsbegehren des Klägers sittlich nicht gerechtfertigt ist. Daher mußte der Revision Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.
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