OGH 3Ob451/51

OGH3Ob451/5126.9.1951

SZ 24/245

Normen

ABGB §1089
EO §271
EO §280
Gesetz über die Gesellschaften mit beschränkter Haftung §76
ABGB §1089
EO §271
EO §280
Gesetz über die Gesellschaften mit beschränkter Haftung §76

 

Spruch:

Für den exekutiven Verkauf eines Geschäftsanteiles einer GesmbH. ist die Errichtung eines Notariatsaktes nicht erforderlich. Die Übernahme eines Geschäftsanteiles, der nur mit Zustimmung der Gesellschaft übertragbar ist, durch den von der Gesellschaft namhaft gemachten Käufer ist einem freihändigen Verkauf im Sinne der §§ 271, 280 EO. gleichzuhalten und daher kein Rechtsgeschäft zwischen dem Verpflichteten und dem Freihandkäufer.

Entscheidung vom 26. September 1951, 3 Ob 451/51.

I. Instanz: Bezirksgericht Oberndorf; II. Instanz: Landesgericht Salzburg.

Text

Auf Grund des Antrages der betreibenden Partei wurde mit Beschluß vom 11. Oktober 1950 die Exekution durch Pfändung und öffentliche Versteigerung der dem Verpflichteten an der protokollierten Firma Hans Sch. Ges. m. b. H. zustehenden Geschäftsanteile bewilligt und die Schätzung des Unternehmens zwecks Ermittlung des Wertes der Geschäftsanteile des Verpflichteten an der erwähnten Ges. m. b. H. angeordnet. Am 14. Oktober 1950 stellte die Drittschuldnerin, die Hans Sch. Ges. m. b. H., den Antrag, sie gemäß § 76 Abs. 4 GesmbHG. von der Bewilligung des Verkaufes des Geschäftsanteiles unter Bekanntgabe des festgestellten Schätzungswertes mit dem Beifügen zu verständigen, daß binnen 14 Tagen nach Beschlußzustellung ein von der Ges. m. b. H. zugelassener Käufer gegen Bezahlung eines den Schätzungswert erreichenden Betrages den Geschäftsanteil übernehmen könne. Das Exekutionsgericht beraumte eine Tagsatzung zur Festsetzung des Schätzungswertes des Geschäftsanteiles des Verpflichteten an, zu der sie die Parteien und die Ges. m. b. H. lud, setzte mit Beschluß vom 31. Jänner 1951 den Schätzungswert des Geschäftsanteiles des Verpflichteten mit 6000 S fest und verständigte die Ges. m. b. H. und alle Gläubiger von der Festsetzung dieses Schätzungswertes mit der Nachricht, daß, falls der Geschäftsanteil nicht innerhalb von 14 Tagen nach dieser Benachrichtigung durch einen von der Gesellschaft zugelassenen Käufer gegen Bezahlung eines den Schätzwert erreichenden Kaufschillings übernommen werde, der Verkauf nach den Bestimmungen der Exekutionsordnung durchgeführt werde. Dieser Beschluß wurde der Ges. m. b. H. am 6. Feber 1951 zugestellt. Am 8. Feber 1951 teilte die Ges. m. b. H. dem Exekutionsgerichte mit, daß sie den Georg K. als Käufer des Geschäftsanteiles genehmige und daß dieser - der die Eingabe mitfertigte - erkläre, den Geschäftsanteil des Verpflichteten um den Betrag von 6000 S zu übernehmen. Diesen Betrag hat Georg K. am 8. Feber 1951 beim Exekutionsgericht erlegt.

Das Exekutionsgericht erließ nun den Beschluß vom 10. April 1951, mit welchem bestätigt wurde, daß der Geschäftsanteil des Verpflichteten durch Georg K. zum Schätzungswert übernommen wurde, womit der Verkauf des Geschäftsanteiles vollzogen sei.

Das Rekursgericht bestätigte infolge Rekurses des Verpflichteten diesen Beschluß mit der Maßgabe, daß der Beisatz "hiemit ist der Verkauf dieses Geschäftsanteiles vollzogen" zu entfallen habe. Das Rekursgericht vertrat die Ansicht, daß für die Übertragung eines Geschäftsanteiles unter Lebenden gemäß § 76 Abs. 2 GesmbHG. die Notariatsform erforderlich sei, daß aber § 76 Abs. 4 nur verlange, daß innerhalb der vierzehntägigen Frist der Geschäftsanteil gegen Bezahlung eines den Schätzungswert erreichenden Kaufschillings durch einen von der Gesellschaft zugelassenen Käufer "übernommen" werde; die Ausfertigung des Notariatsaktes innerhalb dieser Frist werde im Gesetze nicht verlangt. In diesem Stadium des Verfahrens könne noch nicht festgestellt werden, daß der Verkauf des Geschäftsanteiles vollzogen sei; hiefür sei der Nachweis des abgeschlossenen Notariatsaktes erforderlich, weshalb die Feststellung über den Vollzug des Verkaufes im Beschluß des Exekutionsgerichtes zu entfallen habe.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Ges. m. b. H. und des Übernehmers Folge und stellte den Beschluß des Exekutionsgerichtes in seinem ganzen Umfang wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Oberste Gerichtshof hatte zunächst die Frage zu prüfen, ob der Ges. m. b. H. und dem Übernehmer ein Rekursrecht zustehe. Diese Frage ist hinsichtlich beider Revisionsrekurswerber zu bejahen. Die Ges. m. b. H. ist im vorliegenden Falle nicht nur Drittschuldner, es steht ihr auch gemäß § 76 Abs. 4 GesmbHG. ein Recht darauf zu, daß dem von ihr zugelassenen Käufer, der sich zur Übernahme des Geschäftsanteiles gegen Bezahlung des Schätzungswertes fristgerecht erboten hat, der Geschäftsanteil des Verpflichteten tatsächlich überlassen werde. Desgleichen muß auch dem Übernehmer ein Rekursrecht gegen eine Entscheidung, durch die seine Rechte beeinträchtigt werden, zugebilligt werden. Der Revisionsrekurs ist daher zulässig. Er ist aber auch begrundet.

Der Ansicht des Rekursgerichtes, daß auch bei der Übernahme eines Geschäftsanteiles im Exekutionsverfahren gemäß § 76 Abs. 4 GesmbHG. ein Notariatsakt errichtet werden müsse, kann nicht beigepflichtet werden. Die Bestimmung des § 76 Abs. 2 GesmbHG., wonach es zur Übertragung von Geschäftsanteilen eines Notariatsaktes bedarf, bezieht sich nach dem klaren und eindeutigen Wortlaut dieser Gesetzesstelle nur auf Rechtsgeschäfte unter Lebenden, also Abtretung durch Kauf, Tausch und dergleichen, zwischen dem Gesellschafter und einem Dritten. Die Übernahme eines Geschäftsanteiles an einer Ges. m. b. H. im Exekutionsverfahren, die einem Freihandverkauf im Sinne der §§ 271, 280 EO. gleichzuhalten ist, ist aber kein Rechtsgeschäft zwischen dem Verpflichteten und dem Freihandkäufer (Übernehmer). Sie ist vielmehr nur eine Abart des gerichtlichen Zwangsversteigerungsverfahrens. § 1089 ABGB. ist für den Bereich des gerichtlichen Verkaufes aus freier Hand durch Art. I Abs. 2 des Einführungsgesetzes zur Exekutionsordnung aufgehoben (Pollak III, S. 961; Klang, 1. Aufl. zu § 1089; siehe auch Heller - Trenkwalder; Die österr. EO. in ihrer praktischen Anwendung, und Heller - Kollross: Die Exekutionsordnung, Aktenmuster für Richter usw., die in ihrem Beispiel Nr. 475, bzw. Aktenmuster XLI die Übernahme des Geschäftsanteiles an einer Gesellschaft m. b. H. seitens des Übernehmers ohne Notariatsakt durch Gerichtsbeschluß in der gleichen Art, wie das Erstgericht für zulässig erklären, ferner NotZ. 1917, S. 237; SZ. V/89;). Die Entscheidung des deutschen Reichsgerichtes vom 22. Juni 1940, RGZ., 164. Band, Nr. 27, kann auf den vorliegenden Fall, der nach dem österreichischen GesmbHG. zu beurteilen ist, keine Anwendung finden, da § 15 des deutschen GesmbHG. im Gegensatz zum österreichischen Gesetz keine Bestimmungen über die Exekution auf Geschäftsanteile enthält und die Bestimmungen über den Freihandverkauf und Übernahmsantrag in der österreichischen Exekutionsordnung nicht in der gleichen Art geregelt sind wie in der deutschen ZPO. Abgesehen davon hat auch das deutsche Reichsgericht in seiner Entscheidung vom 27. November 1908, RGZ., 70. Band, Nr. 19, ausgesprochen, daß sich die Anwendbarkeit des § 15 des deutschen GesmbHG. nur auf die freiwillige Veräußerung eines Geschäftsanteiles, den ein Gesellschafter durch ein Rechtsgeschäft vornimmt, beschränke und daß in den Absätzen 3 und 4 des § 15 nur von der Abtretung von Geschäftsanteilen durch die Gesellschafter die Rede ist und die gerichtliche oder notarielle Beurkundung nur für eine derartige Abtretung vorgeschrieben ist.

Aber auch die Erwägung, daß es bei Anerkennung des Standpunktes des Rekursgerichtes dem Verpflichteten, dessen Zustimmung zur Errichtung eines Notariatsaktes über die Abtretung des Gesellschaftsanteiles notwendig wäre, möglich wäre, durch die Verweigerung seiner Zustimmung die im § 76 Abs. 4 GesmbHG. vorgesehene Übernahme des Geschäftsanteiles durch einen von der Ges. m. b. H. zugelassenen Übernehmer im Exekutionsverfahren zu vereiteln, zwingt zur rechtlichen Schlußfolgerung, daß die im § 76 Abs. 2 GesmbHG. enthaltene Vorschrift über die Errichtung eines Notariatsaktes auf den im § 76 Abs. 4 angeführten Fall der Veräußerung im Exekutionsverfahren keine Anwendung zu finden hat.

Das Prozeßgericht war deshalb im Recht, wenn es den Verkauf des Geschäftsanteiles als durch die rechtzeitige Namhaftmachung des Übernehmers, den Erlag des Schätzungspreises und durch die gerichtliche Beschlußfassung vollzogen erklärt hat, weshalb dem Revisionsrekurs Folge zu geben und wie im Spruch zu erkennen war.

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