OGH 3Ob485/51

OGH3Ob485/5119.9.1951

SZ 24/235

Normen

EO §9
EO §10
EO §35
EO §9
EO §10
EO §35

 

Spruch:

Wenn der die zwangsweise Räumung betreibende Liegenschaftseigentümer die zu räumende Liegenschaft während des Exekutionsverfahrens veräußert hat, kann vom Verpflichteten mittels Oppositionsklage die Unzulässigkeitserklärung der Exekution begehrt werden.

Entscheidung vom 19. September 1951, 3 Ob 485/51.

I. Instanz: Bezirksgericht Bad Ischl; II. Instanz: Kreisgericht Wels.

Text

Das Prozeßgericht hat mit Urteil vom 7. Juni 1951 dem Klagebegehren, die von der beklagten Partei auf Grund des Teilerkenntnisses der Rückstellungskommission beim Landesgerichte L. vom 16. Dezember 1948, Rk .../48, bewilligte Exekution des Bezirksgerichtes I., E .../51, durch zwangsweise Räumung der Liegenschaft EZ. 93, Katastralgemeinde K., werde hinsichtlich der im Parterre dieser Liegenschaft befindlichen Geschäftslokale für unzulässig erklärt, stattgegeben.

Das Berufungsgericht hat über Berufung der beklagten Partei dieses Urteil aufgehoben und die Sache unter Rechtskraftvorbehalt zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Prozeßgericht zurückverwiesen.

Nach den unbestrittenen Feststellungen des Prozeßgerichtes hat die Beklagte im Verlaufe des von ihr gegen den Kläger beim Bezirksgericht I. zu E .../50 geführten Exekutionsverfahrens wegen Räumung der Liegenschaft EZ. 93, Katastralgemeinde K., mit Kaufvertrag vom 29. August 1950 diese Liegenschaft an die Eheleute Josef und Franziska S. verkauft, und es wurde auf Grund dieses Kaufvertrages am 21. März 1951 das Eigentumsrecht der Käufer auf dieser Liegenschaft grundbücherlich einverleibt.

Das Prozeßgericht hielt das auf § 35 EO. gestützte Klagebegehren für berechtigt, da nach dem Verkaufe der Liegenschaft an die Eheleute S. das Recht auf Räumung dieser Liegenschaft nunmehr den derzeitigen grundbücherlichen Eigentümern der Liegenschaft zustehe. Die Beklagte wäre zur Fortführung der zu E .../50 geführten Räumungsexekution nur dann berechtigt, wenn sie von den derzeitigen Eigentümern hiezu besonders ermächtigt worden wäre. Dies sei aber nicht behauptet worden. Im vorliegenden Falle hätten überdies die neuen Liegenschaftseigentümer den Kläger ermächtigt, die Geschäftsräume im Parterre des Hauses weiter zu benützen.

Das Berufungsgericht fand das erstinstanzliche Verfahren für ergänzungsbedürftig, weil nicht festgestellt sei, welche Vereinbarung die Beklagte mit den Käufern der Liegenschaft über den Räumungsanspruch der Beklagten bezüglich der oben angeführten Geschäftsräume getroffen habe.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs des Klägers Folge und trug dem Berufungsgericht die neuerliche Entscheidung über die Berufung der Beklagten auf.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Das Recht zur Klageführung kann, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, vom materiellen Rechte nicht getrennt werden und steht daher nur dem zu, der sich im Besitze des materiellen Rechtes befindet. Dieser Grundsatz gilt auch für das Exekutionsverfahren. Nur der materiell Berechtigte kann seinen Anspruch im Exekutionswege durchsetzen. Diesem Gedanken trägt § 9 EO. insofern Rechnung, als er bestimmt, daß nur derjenige zur Exekutionsführung berechtigt ist, der im Exekutionstitel als Berechtigter angeführt ist oder auf den der Anspruch zufolge öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunden übergegangen ist. Aus § 10 EO. ergibt sich, daß auch für die Fortsetzung eines Exekutionsverfahrens der Nachweis der materiellen Berechtigung des betreibenden Gläubigers erforderlich ist.

Im vorliegenden Falle steht fest, daß nicht mehr die in der Exekutionssache des Bezirksgerichtes I. zu E .../50 angeführte betreibende Gläubigerin, sondern die Eheleute Josef und Franziska S. bücherliche Eigentümer der Liegenschaft sind. Nach den oben entwickelten Grundsätzen sind daher nur die derzeitigen grundbücherlichen Eigentümer dieser Liegenschaft zur Geltendmachung des aus ihrem Eigentumsrechte fließenden Räumungsanspruches und daher nur sie zur Fortsetzung der Räumungsexekution hinsichtlich dieser Liegenschaft auf Grund des Erkenntnisses der Rückstellungskommission beim Landesgerichte L. vom 16. Dezember 1948, Rk .../48, berechtigt.

Da die Beklagte im Verfahren erster Instanz nicht die Behauptung aufgestellt hat, daß sie sich anläßlich der Übertragung des Eigentumsrechtes an dieser Liegenschaft an die Eheleute S. das Recht auf Fortsetzung des anhängigen Exekutionsverfahrens vorbehalten hat, war es auch entbehrlich, das Verfahren erster Instanz zu einer Ergänzung der Feststellungen über diese Frage aufzuheben. Abgesehen davon, könnte auch einer solchen Vereinbarung eine rechtsverbindliche Wirkung nicht zuerkannt werden, da eine Abspaltung des Rechtes auf Klags- oder Exekutionsführung vom materiellen Rechte begrifflich nicht möglich ist.

Aus diesen Gründen war dem Rekurs Folge zu geben und zu erkennen wie erfolgt.

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