Normen
ABGB §233
ABGB §865
ABGB §877
ABGB §1424
ABGB §1435
ABGB §233
ABGB §865
ABGB §877
ABGB §1424
ABGB §1435
Spruch:
Wer eine Sache für einen Dritten gekauft, den Kaufpreis aber im eigenen Namen erlegt hat, ist im Falle des Nichtwirksamwerdens des Vertrages zur Geltendmachung des Rückforderungsanspruches im eigenen Namen berechtigt.
Ist der Bereicherte Kurand und der Vertrag kuratelsbehördlich nicht genehmigt worden, so ist der Kurand nur zur Rückzahlung des Betrages verpflichtet, den er noch besitzt oder der zu seinem Vorteil verwendet worden ist.
Entscheidung vom 22. August 1951, 1 Ob 554/51.
I. Instanz: Kreisgericht Leoben; II. Instanz: Oberlandesgericht Graz.
Text
Der Beklagte, der voll entmundigt ist, hat durch seinen Kurator den mj. Söhnen des Klägers, vertreten durch den Kläger, die Liegenschaft EZ. 271 KG. K. verkauft. Bevor dieser Verkauf durch das Kuratelsgericht genehmigt worden ist, hat Kläger den Kaufpreis von 10.000 S dem Kurator ausbezahlt, der ihn auf ein Konto der Raiffeisenkasse St. L., lautend auf den Namen des Beklagten, erlegt hat. Wider Erwarten hat das Kuratelsgericht den Verkauf nicht genehmigt. Kläger, der behauptet, das Grundstück für seine Kinder, die vermögenslos sind, gekauft zu haben und das Geld aus eigenem bezahlt zu haben, begehrt Rückzahlung der gezahlten 10.000 S. Wie Beklagter behauptet, sind die 10.000 S infolge des Schilling- bzw. Währungsschutzgesetzes entwertet worden. Feststellungen über diesen Punkt fehlen. Die unteren Instanzen haben sich nur mit der Frage befaßt, ob Kläger berechtigt ist, den erlegten Betrag zurückzuverlangen, oder ob er die Klage im Namen seiner mj. Söhne hätte einbringen müssen.
Das Erstgericht hat die Aktivlegitimation des Klägers verneint und die Klage abgewiesen. Da der Kaufvertrag im Namen der mj. Kinder des Klägers abgeschlossen wurde, so konnten nur diese im Falle der Nichtgenehmigung des Vertrages den bereits erlegten Betrag zurückverlangen.
In der Berufungsverhandlung wurde außer Streit gestellt, daß Kläger aus seinem eigenen Vermögen auf die Kaufpreisschuld seinen mj. Kindern die strittigen 10.000 S bezahlt hat. Auf Grund dieser Außerstreitstellung hat das Berufungsgericht dem Klagebegehren stattgegeben.
Wenn einem in seiner Wirksamkeit einer behördlichen Genehmigung bedürftigen, bis zur Entscheidung über diese Genehmigung die Parteien gemäß § 865 Satz 3 ABGB. bindenden, somit nur schwebend wirksamen Rechtsgeschäft die erforderliche Genehmigung rechtskräftig versagt wurde, dann sei damit klargestellt, daß es von vornherein ungültig und unverbindlich war, mit anderen Worten, die Genehmigungsversagung wirke auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zurück und vernichte den Rechtsgrund einer aus dem Vertrag inzwischen etwa erbrachten Leistung oder Gegenleistung im Keime (ab ovo). Einzugreifen habe somit die Vorschrift des § 1435 ABGB., wonach "der Geber" Sachen, die als eine wahre Schuldigkeit gegeben worden sind, "von dem Empfänger zurückfordern könne, wenn der rechtliche Grund, sie zu behalten, aufgehört habe". Das Gesetz schreibe demnach nicht vor, daß nur der Vertragsteil selbst die Leistung, die er persönlich oder ein anderer für ihn erbracht habe, zurückverlangen könne, sondern der Geber schlechthin, was wohl die Annahme rechtfertige, daß darunter auch jener zu verstehen sei, aus dessen Vermögen sie stimme. Das stehe mit den Grundsätzen des Bereicherungsrechtes durchaus im Einklang, das die Begriffe "Bereicherter" und "Verkürzter" im wirtschaftlichen Sinne verstanden wissen wolle. "Geber" in diesem Sinne sei hier, wie bei der mündlichen Berufungsverhandlung außer Streit gestellt wurde, der Kläger und nicht seine beiden als Käufer auftretenden mj. Kinder. Ebensowenig lasse sich aus § 877 ABGB. die engere Auslegung zwingend ableiten, von der der Erstrichter ausgehe. Da der Vertrag durch die Rückwirkung der Genehmigungsversagung schon in seiner Entstehung vernichtet, mithin aller Wirkungen, die er sonst auslöse, beraubt wurde, so könne auch eine vertragliche Nachwirkung in der Richtung, daß nur der formell als Vertragsteil aufgetretene Beteiligte die Wiederherstellung des vorigen Zustandes durch Rückgewährung erbrachter Leistungen begehren könne, nicht anerkannt werden; vielmehr müsse in sinngemäßer Anwendung des § 1041 ABGB. derjenige, der aus seinem Vermögen die Leistung bewirkt habe, als "Eigentümer" der hiernach "zum Nutzen einer anderen verwendeten Sache" für rückforderungsberechtigt gehalten werden.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten Folge und hob das Berufungsurteil auf.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Soweit die Rechtsrüge die Bejahung der Aktivlegitimation des Klägers bekämpft, ist sie nicht begrundet.
Da im vorliegenden Fall der Kaufpreis gezahlt wurde, bevor der Kaufvertrag genehmigt worden ist, kommt § 1435 ABGB. überhaupt nicht zur Anwendung, weil das Geld nicht als Schuld geleistet wurde, sondern in Vorausleistung auf einen in Aussicht genommenen Vertrag. Es hat daher nie eine vertragliche Leistungspflicht bestanden und wurde daher auch nicht eine Zahlung als wahre Schuldigkeit geleistet. Der Rückforderungsanspruch kann deshalb nicht auf § 1435 ABGB. gestützt werden, sondern nur auf den allgemeinen Rechtssatz, daß sich niemand auf Kosten eines Dritten bereichern darf, eventuell auf die Analogie des § 877 ABGB.
Dieser allgemeine Bereicherungsanspruch kann aber nur von demjenigen geltend gemacht werden, in dessen Namen geleistet wurde. Nun haben aber die Parteien außer Streit gestellt, daß Kläger den Betrag auf die Kaufpreisschuld seiner Kinder aus eigenem Vermögen gezahlt hat. Diese Erklärung kann nur dahin verstanden werden, daß Kläger, der das Grundstück für seine Kinder gekauft hat, im eigenen Namen für seine Kinder den Betrag erlegt hat. Hat aber der Kläger im eigenen Namen den Betrag erlegt - und das entspricht der Übung des Verkehres, wenn jemand für einen anderen eine Liegenschaft aus seinem Vermögen kauft -, so kann auch nur Kläger den ohne Rechtsgrund bezahlten Betrag zurückfordern, da die präsumptiven Käufer nach der Außerstreitstellung gar nicht gezahlt haben und daher auch nicht zurückfordern können. Das Berufungsgericht hat daher bei dieser Sachlage die Klagslegitimation des Klägers mit Recht bejaht.
Nichtsdestoweniger konnte das Berufungsurteil nicht bestätigt werden. Da unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht worden ist, so ist der Oberste Gerichtshof verpflichtet, die Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung nach allen Richtungen zu überprüfen, und zwar auch unter Zugrundelegung von Gesichtspunkten, die der Beklagte, obwohl anwaltlich vertreten, in der Revision nicht geltend gemacht hat.
Beklagter hat im Zuge des Prozesses behauptet, daß der gezahlte Betrag infolge der Vorschriften des Schilling-Gesetzes bzw. Währungsschutzgesetzes entwertet wurde. Dieser Sachverhalt ist rechtlich bedeutsam.
Der Oberste Gerichtshof hat in der Entscheidung 2 Ob 418/51 den Grundsatz aufgestellt, daß im Falle der irrtümlichen Zahlung auf das Konto eines Nichtgläubigers der Zahlungsempfänger nicht zur Rückzahlung des Nominalbetrages verpflichtet sei, wenn das Konto infolge des Schilling- und Währungsschutzgesetzes entwertet worden ist, sondern nur zur Rückzahlung (Herausgabe) derjenigen Werte, die sich heute noch im Besitz der Zahlungsempfänger befinden. Diese Grundsätze müssen auch dann gelten, wenn auf das Konto eines Kuranden ohne kuratelsbehördliche Genehmigung Zahlungen geleistet wurden oder Zahlungen zu Handen seines Kurators ohne gerichtliche Zustimmung erfolgten.
Dazu kommt noch folgende Erwägung:
Kuranden stehen unter dem besonderen Schutze des Gesetzes. Vollentmundigte können persönlich überhaupt keine Schuld eingehen und auch ihr Kurator kann sie nicht verpflichten, wofern es sich um ein über die ordentliche Wirtschaftsführung hinausgehendes Geschäft handelt (§ 233 ABGB.). Mit diesen Grundsätzen wäre es schlechterdings nicht vereinbar, wollte man es zulassen, daß ein Kurator durch Entgegennahme von Geldern ohne gerichtliche Bewilligung es bewirken könnte, daß der Kurand mehr zurückzahlen muß, als sich tatsächlich in seinem Vermögen befindet, wenn inzwischen eine Geldabschöpfung oder ähnliche Maßnahme erfolgt ist und das Kuratelsgericht sich weigert, diese Rechtshandlung, die durch eigenmächtige Empfangnahme des Geldes durch den Kurator erfolgt ist, zu genehmigen.
Wer ohne kuratelsbehördliche Genehmigung einem Kuranden Werte zukommen läßt, kann von diesem niemals mehr zurückfordern, als den Wert, den der Kurand noch besitzt, oder der zu seinen Gunsten verwendet wurde.
Da die Untergerichte den Sachverhalt nach diesen Gesichtspunkten nicht überprüft haben, so liegt ein Feststellungsmangel vor, der die Aufhebung der unterinstanzlichen Entscheidungen erforderlich macht, und zwar auch eine des erstinstanzlichen Urteiles, weil sich eine Verhandlung in erster Instanz nicht umgehen lassen wird (§ 510 Abs. 1 ZPO).
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