Spruch:
Eine vom Erblasser zu seinen Lebzeiten veräußerte, jedoch nur außerbücherlich übergebene Liegenschaft ist in das Nachlaßinventar aufzunehmen, wenn im Vertrag ausdrücklich dessen Wirksamkeit von der preisbehördlichen Genehmigung abhängig gemacht und diese Genehmigung im Zeitpunkt des Todes des Erblassers noch nicht erteilt war. Entscheidung vom 14. August 1951, 1 Ob 502/51.
I. Instanz: Bezirksgericht Weiz; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz.
Text
Hinsichtlich der S.-Liegenschaft haben der verstorbene Gottfried E. und seine Gattin einen Übergabevertrag mit Johann E. abgeschlossen. Die Unbedenklichkeitsbescheinigung der Preisprüfungsstelle ist jedoch am 11. Mai 1950, also nach dem Tode des Gottfried E. erteilt worden und der Übergabevertrag daher nicht bücherlich durchgeführt worden. Im Hinblick darauf wurde die Liegenschaft in das Inventar aufgenommen und geschätzt.
Auf Grund der Vorstellung und Erinnerungen der Rechtsmittelwerber hat das Erstgericht mit Beschluß vom 11. Dezember 1950 die Nachschätzung der Liegenschaften durch andere Sachverständige angeordnet.
Dem dagegen erhobenen Rekurs des Johann E. gab das Rekursgericht mit dem angefochtenen Beschluß Folge und trug dem Erstgerichte unter Aufhebung des erstinstanzlichen Beschlusses die neuerliche Entscheidung nach Prüfung der Besitzverhältnisse zur Zeit des Erbfalles auf, da die Liegenschaft, falls sie bereits vor dem Tode des Erblassers tatsächlich übergeben worden sei, nicht in die Verlassenschaft einzubeziehen sei.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Erben Folge, hob den angefochtenen Beschluß des Rekursgerichtes auf und trug diesem die neuerliche Entscheidung auf.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Wie der Oberste Gerichtshof in mehreren Entscheidungen in Übereinstimmung mit der Lehre ausgeführt hat, sind für die Entscheidung der Frage, ob eine Liegenschaft in das Nachlaßinventar aufzunehmen ist, die Besitzverhältnisse zur Zeit des Todes des Erblassers maßgebend und ist daher eine vorher tatsächlich übergebene Liegenschaft nach Ausstellung der verbücherungsfähigen Urkunde nicht mehr in das Verlassenschaftsverfahren nach dem bloßen Bucheigentümer einzubeziehen (vgl. SZ. XXI/76, XXII/152). Im Revisionsrekurs wird aber auch noch vorgebracht, daß der Übergabsvertrag im Zeitpunkte des Todes des Erblassers nicht wirksam war, weil die Unbedenklichkeitsbescheinigung nach § 1 der Verordnung vom 7. Juli 1942, DRGBl. I S. 451, zu dieser Zeit noch nicht erteilt war. Nun handelt es sich zwar bei dieser Bescheinigung nicht um eine Genehmigung etwa wie nach dem Grundverkehrsgesetze, die eine Voraussetzung für das wirksame Zustandekommen des Vertrages bildet, sondern die Preisbehörde stellt nur fest, ob das vereinbarte Entgelt zulässig oder unzulässig ist und es wäre im letzteren Falle das Rechtsgeschäft wegen Verstoßes gegen die Preisstoppvorschriften im Sinne des § 879 ABGB. nichtig (vgl. SZ. XXII/20, Pritsch, Deutsche Justiz 1942, S. 463, 1944, S. 31). Im Punkt 7 des Übergabsvertrages ist jedoch ausdrücklich dessen Rechtswirksamkeit von der Genehmigung durch die Preisprüfungsstelle bei der Bezirkshauptmannschaft W. abhängig gemacht. Wenn damit auch nur die Unbedenklichkeitsbescheinigung im Sinne des § 1 der Verordnung vom 7. Juli 1942 gemeint sein kann, so besagt doch dieser Vertragspunkt auf jeden Fall klar, daß der Vertrag nach der ausdrücklichen Vereinbarung erst mit der Erteilung dieser Bescheinigung rechtswirksam werden soll. Da nun diese Unbedenklichkeitsbescheinigung erst am 11. September 1950, also nach dem am 9. August 1950 eingetretenen Tode des Gottfried E. erteilt worden ist, war der Vertrag im Zeitpunkte des Ablebens des Erblassers nicht voll wirksam. Demnach lag zu dieser Zeit nicht ein einverleibungsfähiger vollwirksamer Vertrag vor, der allenfalls schon durch faktische Übergabe vollzogen war und nur mehr der Verbücherung bedurfte, sondern es handelte sich um einen solchen, der nach seinem Inhalte erst mit der Erteilung der Unbedenklichkeitsbescheinigung wirksam werden konnte. Unter diesen Umständen sind die Liegenschaften durch den Vertragsabschluß und die physische Übergabe noch nicht aus dem Vermögen des Erblassers ausgeschieden und daher in die Abhandlung einzubeziehen. Demnach kommt den Besitzverhältnissen an der Liegenschaft zur Zeit des Todes des Erblassers für die Frage der Nachschätzung keine entscheidende Bedeutung zu, da eben die Liegenschaften einen Teil des Nachlasses bilden. Die Aufhebung des erstgerichtlichen Beschlusses zur Prüfung der Besitzverhältnisse ist deshalb nicht gerechtfertigt. Es war daher dem Revisionsrekurs Folge zu geben, der angefochtene Beschluß aufzuheben und dem Rekursgerichte die neuerliche Entscheidung aufzutragen.
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