Spruch:
Die Abtretung von Mietrechten ohne Zustimmung des Vermieters ist zwar zulässig, aber praktisch bedeutungslos, denn der Zessionar könnte das geräumte Bestandobjekt nicht übernehmen. Seine gegen den Zedenten gerichtete Räumungsklage ist daher abzuweisen.
Entscheidung vom 26. April 1951, 2 Ob 276/51.
I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt Wien; II. Instanz:
Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.
Text
Die Klägerin begehrte mit der Behauptung, daß sich der Beklagte ihr gegenüber verpflichtet habe, ihr die bisher von ihm gemieteten Lokalitäten geräumt zu übergeben, dessen Verurteilung zu dieser Leistung; eine Zustimmung der Hauseigentümer zum Eintritt in den Mietvertrag des Beklagten ist nicht erfolgt.
Das Prozeßgericht wies das Klagebegehren ab.
Das Berufungsgericht erkannte den Beklagten der Klägerin gegenüber schuldig, die Lokalitäten zu räumen und ließ (bewußt) das Begehren auf Übergabe unerledigt.
Der Oberste Gerichtshof stellte das erstgerichtliche Urteil wieder her.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Daß das Gericht berechtigt ist, seinem Spruch eine klarere und deutlichere, vom Begehren abweichende Fassung zu geben, sofern sich diese im Wesen mit dem Begehren deckt, ist in wiederholten Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes (SZ. XVIII/74 u. a.) bejaht worden. Es bestunden daher auch keine grundsätzlichen Bedenken gegen die vom Berufungsgericht dem Klagebegehren gegebene Fassung, dies allerdings unter der Voraussetzung, daß durch den Spruch ein Zustand herbeigeführt werden sollte, der rechtlich vertretbar und auch durchsetzbar wäre. Das Revisionsgericht teilt zwar die Ansicht des Berufungsgerichtes, daß sich ein Mieter gegenüber einem Dritten gültig verpflichten könne, ihm sein Bestandobjekt geräumt zu übergeben; solange aber der Hauseigentümer einer solchen Vereinbarung nicht zugestimmt hat, ist sie für beide Vertragsteile wertlos. Denn der Dritte kann von der Vereinbarung erst Gebrauch machen, bis ihn der Hauseigentümer als neuen Mieter anerkannt und seinen Eintritt in den Mietvertrag des früheren Bestandnehmers - sofern nicht außerdem noch allenfalls eine behördliche Zustimmung erforderlich ist - genehmigt hat. Liegt aber eine solche Genehmigung nicht vor, dann ist mit der Erfüllung der bloßen Räumungspflicht durch den früheren Mieter für den anderen Vertragsteil nichts gewonnen: Der frühere Mieter würde dem Hauseigentümer gegenüber auf Grund des zwischen ihnen bestandenen und ungekundigten Mietvertrages weiterhin Mieter bleiben und sein Vertragspartner könnte das geräumte Bestandobjekt nicht übernehmen. Ein derart rechtlich unmöglicher Zustand darf durch ein gerichtliches Urteil nicht herbeigeführt werden, wenn er auch durch die Vereinbarungen der Vertragsteile - wenigstens zum Teil - gedeckt wäre.
Die Bedenken, die das Berufungsgericht hinsichtlich der Verwertbarkeit seiner Entscheidung in dem Fall, als die Hauseigentümer ihre Zustimmung zur Vermietung des Lokales an die Klägerin verweigern, geäußert, für die Entscheidung selbst aber für unwesentlich erachtet hat, sind jedoch nach der Ansicht des Revisionsgerichtes tatsächlich begrundet. Daß sich der Beklagte bei der Übernahme seiner Räumungsverpflichtung gleichzeitig verpflichtet hätte, die Klägerin bis zur Zustimmung der Hauseigentümer als Untermieterin in das neue Bestandobjekt aufzunehmen, ist von der Klägerin nicht einmal behauptet worden, weshalb die damit im Zusammenhang stehenden Fragen nicht zu erörtern sind; da feststeht, daß bei den Verhandlungen der Streitteile über die Notwendigkeit einer Stellungnahme der Hauseigentümer zu der zwischen ihnen getroffenen Vereinbarung nicht gesprochen worden ist, kann die Klägerin auf eine Erfüllung der Vereinbarung erst dann dringen, wenn sie die Zustimmung der Hauseigentümer erwirkt hat. Bis dahin kann sie aber auch nicht bloß eine Räumung des Lokales durch den Beklagten begehren, weil hiedurch, wie bereits oben dargelegt worden ist, ein rechtlich unhaltbarer Zustand geschaffen würde. Ein gleichfalls rechtlich unmöglicher Zustand würde schließlich auch dadurch bewirkt werden, wenn der Beklagte auf Grund der Vereinbarung zur Räumung in dem Zeitpunkt verurteilt würde, in dem die Klägerin die Zustimmung der Hauseigentümer nachwiese, da die Frage, ob diese zustimmen, völlig ungeklärt ist und somit zur Zeit der Urteilsfällung nicht überblickt werden kann, ob die Klägerin oder der Beklagte in dem Rechtsstreit obsiegt hätten.
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