Spruch:
Haben zwei Ehegatten gemeinsam einen Mietvertrag abgeschlossen und wird ihnen gekundigt, so wirken die von einem Gatten erhobenen Einwendungen auch zugunsten des anderen.
Entscheidung vom 14. März 1951, 1 Ob 188/51.
I. Instanz: Bezirksgericht Gmunden; II. Instanz: Kreisgericht Wels.
Text
Die verpflichtete Partei und ihr Ehegatte hatten Räumlichkeiten gemeinsam in Bestand. Die betreibenden Parteien kundigten beiden Ehegatten auf. Der Ehegatte erhob Einwendungen, ohne ausdrücklich zu erwähnen, ob nur im eigenen Namen oder auch im Namen seiner Ehegattin. Im Rechtsstreite wurde über die geltendgemachten Kündigungsgrunde verhandelt. Nach Vertagung der Verhandlung zur Vernehmung von Zeugen zog die klagende Partei die "Klage" gegen den Ehegatten (Erstbeklagten) zurück. Das Gericht nahm die Klagsrückziehung zur Kenntnis. Der dagegen vom Erstbeklagten erhobene Rekurs hatte keinen Erfolg. Hiemit fand der Rechtsstreit gegen beide Beklagte bis auf weiteres sein Ende. Nach Zustellung der erwähnten Rekursentscheidung stellten die Klägerinnen als betreibende Parteien gegen die beklagte Ehegattin als verpflichtete Partei einen Räumungsantrag.
Das Erstgericht erledigte den Räumungsantrag aufrecht. Das Rekursgericht wies den Exekutionsantrag mit der Begründung ab, daß gemäß § 14 ZPO. die vom erstbeklagten Ehegatten erhobenen Einwendungen die Aufkündigung auch hinsichtlich der an zweiter Stelle gekundigten Partei außer Kraft gesetzt haben. Es liege daher ein Exekutionstitel nicht vor, weshalb gegen die Ehegattin die Räumung nicht bewilligt werden durfte.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der betreibenden Partei nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Ansprüche und Verpflichtungen aus einem Bestandvertrag, den Ehegatten abgeschlossen haben können nur gegen beide Ehegatten geltend gemacht werden; die Ehegatten bilden hinsichtlich des von ihnen gemeinsam errichteten Mietvertrages eine einheitliche Streitpartei und sind zugleich notwendige Streitgenossen im Sinne des § 14 ZPO. (1 Ob 253/46, 1 Ob 90/46, 4 Ob 20/30 - JBl. 1930, Seite 285, 1 Ob 805/31 - ZBl. 1932, Nr. 53).
Wenn der Revisionsrekurs, offenbar gestützt auf den Rechtssatz der Entscheidung Ob II 121/21 - ZBl. 1921, Nr. 49, der ausspricht:
"Unvollstreckbarkeit der gegen ein Ehepaar gerichteten und von einem der Gatten nicht bestrittenen Aufkündigung, solange über die von dem anderen Gatten eingebrachten Einwendungen nicht entschieden ist", versucht, eine für die betreibenden Parteien günstige Rechtsansicht abzuleiten, sind die Rechtsmittelwerber damit nicht im Rechte. Denn gerade diese Entscheidung spricht ausdrücklich aus, "daß die Ehegatten im Falle der gemeinsamen Mietung von Wohnräumen eine einheitliche Streitpartei mit der Wirkung des § 14 ZPO. bilden und daß auch daran die Tatsache nichts ändere, daß der eine der Gekundigten keine Einwendungen erhoben hat, da diese gesetzliche Bestimmung nur eine einheitliche Feststellung des strittigen Verhältnisses und die Fällung eines gleichen Urteiles für alle Streitgenossen bezwecke, ohne daß alle handelnd erscheinen müssen". Es ist daher im vorliegenden Falle verfehlt, anzunehmen, daß über die eingebrachten Einwendungen des Ehegatten bereits mit der Wirkung entschieden sei, daß nunmehr eine rechtskräftige Aufkündigung auch hinsichtlich der Ehegattin vorliege, so daß auf Grund eines Exekutionstitels gegen letztere die Räumungsexekution beantragt werden könnte. Die rechtlich entscheidende Wendung, die für die vorliegende Räumungsexekution Bedeutung hat, ist dadurch eingetreten, daß der Ehegatte gegen die Aufkündigung Einwendungen erhoben hat. Hiemit ist auch die gegen die Ehegattin gerichtete Kündigung außer Kraft getreten. Es ist daher nicht, wie die betreibenden Parteien meinen, die Kündigung gegen die Ehegattin aufrecht geblieben. Hiebei ist es völlig gleichgültig, ob die "Rückziehung der Klage" gegen den Erstbeklagten rechtlich zulässig war oder nicht. Die Rückziehung wurde jedenfalls vom Erstgericht zur Kenntnis genommen, und das Rekursgericht gab dem dagegen erhobenen Rekurse keine Folge.
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