OGH 3Ob116/51

OGH3Ob116/5128.2.1951

SZ 24/55

Normen

EO §368
EO §368

 

Spruch:

Aus § 368 EO. kann ein materiellrechtlicher Anspruch nicht abgeleitet werden. Diese Gesetzesstelle setzt vielmehr das Bestehen eines Anspruches voraus.

Entscheidung vom 28. Feber 1951, 3 Ob 116/51.

I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt Wien; II. Instanz:

Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Die beiden Streitteile sind Ehegatten, die getrennt leben. Während einer Abwesenheit der Klägerin aus ihrer Wohnung hat der Beklagte eine Reihe von Einrichtungsgegenständen aus der Wohnung entfernt. Im Besitzstörungsverfahren wurde mit Endbeschluß anerkannt, daß der Beklagte durch das Entfernen dieser Gegenstände die Klägerin im ruhigen Besitz dieser Sachen gestört hat; der Beklagte wurde für schuldig erkannt, durch Rückstellung dieser Sachen den früheren Zustand wiederherzustellen. Auf Grund dieses Endbeschlusses führte die Klägerin Exekution auf Herausgabe der Sachen, die jedoch erfolglos blieb, weil mit Ausnahme eines Radioapparates, der der Klägerin übergeben wurde, die Sachen nicht mehr vorgefunden wurden. Die Klägerin begehrt nun mit der vorliegenden Klage nach § 368 EO. die Leistung des Interesses, welches sie entsprechend dem Anschaffungswerte der Möbel mit zusammen 21.800 S (später eingeschränkt auf 13.800 S) beziffert.

Das Erstgericht sprach der Klägerin 4900 S zu und wies das Mehrbegehren ab, da nach dem Sachverständigengutachten die vom Beklagten entfernten Einrichtungsgegenstände nur diesen Wert repräsentierten.

Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab. Nach dem Exekutionstitel sei der Beklagte zur Rückstellung verpflichtet. Die Klägerin könne mit der Klage nach § 368 EO. nur die Schadloshaltung wegen Nichterfüllung der Rückstellungspflicht verlangen, d. h. nur jenen konkreten Schaden, der ihr daraus erwachsen sei, daß der Beklagte den früheren Zustand nicht wiederhergestellt habe. Es steht ihr aber aus dem Endbeschluß weder ein Anspruch auf Ersatz des Anschaffungswertes gleichartiger Fahrnisse noch auch auf Ersatz der Kosten für die Miete derartiger Einrichtungsgegenstände zu. Andere Schadenersatzansprüche habe aber die Klägerin nicht geltend gemacht.

Dieses Urteil bekämpft die Klägerin mit Revision, wobei sie die Revisionsgrunde nach § 503 Z. 2 und 4 ZPO. geltend macht und beantragt, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß ihr 9000 S zugesprochen werden, oder das Urteil aufzuheben und dem Berufungsgerichte die neuerliche Entscheidung aufzutragen.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Klägerin nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Aus § 368 EO. kann ein Anspruch überhaupt nicht abgeleitet werden. Der Inhalt dieser Gesetzesstelle erschöpft sich in der Verweisung des Gläubigers auf die Vorschriften des materiellen Rechts über das Interesse an der Nichterfüllung der dem Verpflichteten obliegenden Verbindlichkeit oder den Ersatz des dadurch verursachten Schadens, welcher Anspruch als bereits vorhanden vorausgesetzt wird und durch die Bestimmungen des III. Abschnittes über die Exekution zur Erwirkung von Handlungen und Unterlassungen nicht berührt wird. Des weiteren gibt § 368 EO. dem Gläubiger nur noch einen neuen Gerichtsstand. Materiellrechtlicher Natur ist die Bestimmung des § 368 EO. sonach nicht. Sie bereichert nicht die Rechte des Gläubigers um einen neuen Anspruch. Die Quelle eines solchen ist immer nur das ursprüngliche Rechtsverhältnis (SZ. V/265). Durch den Endbeschluß ist demnach nur festgestellt worden, daß der Beklagte den ruhigen Besitz der Klägerin gestört hat und verpflichtet ist, den früheren Zustand wiederherzustellen. Die Klägerin kann daher nur jenen Schaden geltend machen, den sie durch die Besitzentziehung erlitten hat. Daß sie Eigentum an den Gegenständen dieser Klage gehabt hätte, hat sie nicht behauptet. Daher kann ihr auch nicht der Wert der Sachen entzogen worden sein, somit kann ihr Schaden nicht gleich sein dem Anschaffungswerte dieser Gegenstände. Sie kann vielmehr nur jenen konkreten Schaden begehren, der ihr durch den Entzug des Gebrauches dieser Sachen, der ihr auf Grund ihres während des aufrechten Bestandes der Ehe gegebenen Mitbesitzes zusteht, entgangen ist. Einen solchen konkreten Schaden macht die Klägerin aber nicht geltend. Sie begehrt vom Beklagten lediglich, ihr den Wert der entzogenen Sachen zu ersetzen, ohne irgendwelchen konkreten Schadenstatbestand zu behaupten. Es braucht auch auf den Mietwert von derartigen Einrichtungsgegenständen nicht Bedacht genommen zu werden, da die Klägerin auch nicht behauptet hat, daß sie infolge der Besitzentziehung genötigt gewesen sei, andere Möbel zu mieten. Mangels Behauptung eines konkreten Schadens wurde daher das Klagebegehren mit Recht ohne weitere Beweiserhebungen abgewiesen, so daß auch eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens nicht vorliegt.

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