OGH 2Ob762/50

OGH2Ob762/5012.1.1951

SZ 24/14

Normen

ABGB §1098
ABGB §1098

 

Spruch:

Wer mit einer Wohnung einen Teil eines Garten mitgemietet hat, ist ohne besondere Erlaubnis des Vermieters zur Haltung von Hühnern berechtigt.

Entscheidung vom 12. Jänner 1951, 2 Ob 762/50.

I. Instanz: Bezirksgericht Innsbruck; II. Instanz: Landesgericht Innsbruck.

Text

Die Klägerin ist Fruchtnießerin eines Gartens, von dem ein Teil dem Beklagten zur Benützung überlassen ist. Da der Beklagte, ohne von der Klägerin hiezu die Erlaubnis erhalten zu haben, auf dem ihm überlassenen Teil Hühner hält und für sie einen Verschlag errichtet hat, der, wie die Klägerin behauptet, sie an der vollen Ausübung ihres Fruchtgenußrechtes hindert, begehrte sie die Verurteilung des Beklagten, die Hühner sowie den Hühnerverschlag zu entfernen und die Haltung von Hühnern im Garten zu unterlassen.

Das Prozeßgericht wies das Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht gab ihm statt.

Der Oberste Gerichtshof stellte das erstgerichtliche Urteil wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Nach den vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen des Prozeßgerichtes wurde dem Beklagten von dem inzwischen gestorbenen Gatten der Klägerin ein Teil des Gartens gleichzeitig mit einer Wohnung vermietet; eine Erlaubnis, auf diesem Teil Hühner zu halten und einen Hühnerstall zu errichten, wurde dem Beklagten hiebei nicht ausdrücklich erteilt. Unbestrittenermaßen hat der Beklagte in den ersten Jahren in dem Garten Gemüse gebaut und erst im Jahre 1947 Hühner eingebracht und für sie einen drahtgeflochtenen Verschlag errichtet. Die Klägerin ist infolge dieses Verschlages lediglich in der Nutzung eines Apfelbaumes unwesentlich behindert, während die Pflege (Spritzen und Ausschneiden) des Baumes ohne Schwierigkeiten möglich ist. Bei einer entsprechenden Stellung der Leiter können sämtliche Äpfel gepflückt werden; dort, wo das Pflücken infolge des Verschlages unbequem ist, ist hiezu etwa eine halbe Stunde Zeit erforderlich. In den Verschlag kann bloß minderwertiges Fallobst im Gesamtgewichte von höchstens 10 bis 15 kg gelangen.

Während das Prozeßgericht in dem Klagebegehren nur eine Schikane erblickt hat, ist nach der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes das Bestandobjekt vom Beklagten vertragswidrig benützt worden. Das Revisionsgericht vermag sich dieser Ansicht nicht anzuschließen. Da nicht feststeht, daß dem Beklagten beim Vertragsabschluß das Halten von Hühnern ausdrücklich verboten worden ist, ist er gemäß § 1098 ABGB. zu jeder Benützung berechtigt, die im Rahmen einer Miete oder Pacht zulässig ist; es darf lediglich der Bestandgegenstand nicht geschädigt werden und es dürfen auch nicht solche Veränderungen an ihm vorgenommen werden, die die seinerzeitige Rückstellung in den früheren Zustand ausschließen. In dieser Richtung ist aber von der Klägerin eine Behauptung gar nicht aufgestellt worden. Da die Hühner in einem Verschlag gehalten werden, können sie weder die Substanz des dem Beklagten überlassenen Gartenteiles schädigen noch der Klägerin in ihrem Garten einen Schaden zufügen; die Entfernung des Verschlages wird aber nach der Beendigung des Bestandvertrages ohne weiteres möglich sein. Das Halten von Hühnern in einem Garten auf dem Land ist keineswegs etwas Außerordentliches, das einer besonderen Genehmigung durch den Bestandnehmer bedarf, sofern dieser hiedurch nicht geschädigt wird. Die Klägerin fühlt sich auch nicht hiedurch, sondern lediglich durch den Verschlag in ihren Rechten beeinträchtigt. Da aber diese Beeinträchtigung nur in einer geringfügigen Unbequemlichkeit besteht, kann von einer unzulässigen Erweiterung des Gebrauches des Bestandgegenstandes durch den Beklagten nicht die Rede sein.

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