OGH 1Ob260/50

OGH1Ob260/5013.9.1950

SZ 23/246

Normen

ABGB §810
AußStrG §1
AußStrG §2 Abs2 Z1
AußStrG §19
AußStrG §145
ABGB §810
AußStrG §1
AußStrG §2 Abs2 Z1
AußStrG §19
AußStrG §145

 

Spruch:

Wenn einem Dritten, der sich im Besitz einer Sache befindet, die seiner Behauptung nach nicht in den Nachlaß gehört, diese vom Abhandlungsgericht abgenommen und dem Erben, dem die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses überlassen worden war, übergeben wurde, so hat, wenn diese Verfügung von der oberen Instanz aufgehoben wird, das Abhandlungsgericht über den Antrag des Dritten auf Wiedereinräumung des Besitzes zu entscheiden.

Entscheidung vom 13. September 1950, 1 Ob 260/50.

I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Der Erblasser hat seine Nichte Marie K. zur Alleinerbin eingesetzt. Obwohl die erbl. Witwe behauptete, daß die von ihr betriebene Gastwirtschaft nicht in den Nachlaß gehöre, hat das Abhandlungsgericht die Schließung der Gastwirtschaft verfügt und die erbserklärte Erbin, der die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses bewilligt worden war, angewiesen, das Wirtsgeschäft weiter zu betreiben. Über Rekurs der erbl. Witwe wies das Rekursgericht den Antrag auf sofortige Schließung des Geschäftes und Übergabe der Schlüssel an den Gerichtskommissär ab. Die erbl. Witwe begehrte nun Rückstellung des Geschäftes.

Das Rekursgericht wies den Antrag ab, weil die erbl. Witwe die Ausfolgung von Sachen, von denen sie behaupte, daß sie nicht in den Nachlaß gehören, nur im Rechtswege begehren könne.

Der Oberste Gerichtshof hob auf.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Während der Anspruch der Testamentserbin gegen die erbl. Witwe auf Übergabe des Geschäftes gegen eine dritte, am Abhandlungsverfahren nicht beteiligte Person gerichtet ist und deshalb darüber nur im ordentlichen Rechtswege entschieden werden kann, hat die Testamentserbin das Geschäft nur auf die Weise übernommen, daß ihr nach § 145 AußstrG., § 810 ABGB. die Verwaltung und Besorgung des Nachlasses überlassen wurde. Sie hat dadurch die Stellung eines Verwalters analog jener eines Verlassenschaftskurators erlangt, besorgt die Verwaltung des Nachlasses also in Unterordnung unter das Abhandlungsgericht und hat daher auch dessen Aufträge zu befolgen. Als am Abhandlungsverfahren beteiligter Person kann ihr somit auch ein nach § 19 AußstrG. vollstreckbarer Auftrag erteilt werden, das Geschäft, dessen Verwaltung sie auf Grund einer unzutreffenden gerichtlichen Verfügung erlangt hat, wieder herauszugeben. Der Antrag der erbl. Witwe auf sofortige Übergabe des Geschäftes durfte daher nicht deshalb abgewiesen werden, weil sie die Übergabsansprüche im ordentlichen Rechtswege geltend machen müsse, was nicht der Fall ist. Der erbl. Witwe, mag sie auch an sich als bisherige Inhaberin und angebliche Eigentümerin des Geschäftes am Abhandlungsverfahren nicht beteiligt sein, muß doch ein Antrags- und ein Anfechtungsrecht im Sinne des § 9 AußstrG. zuerkannt werden, da ihr zu Unrecht im außerstreitigen Verfahren das Geschäft entzogen wurde. Demnach war dem Revisionsrekurse der erbl. Witwe Folge zugeben und in Abänderung des zweitinstanzlichen Beschlusses vom 6. März 1950 dem Rekurse der Testamentserbin ein Erfolg zu versagen. Da dem Rekurs der erbl. Witwe mit Beschluß des Rekursgerichtes vom 19. Mai 1950 bloß unter Hinweis auf den Beschluß vom 6. März 1950, also offensichtlich nur deshalb keine Folge gegeben wurde, weil die Witwe ihren Übergabsanspruch im ordentlichen Rechtsweg geltend machen müsse, sich das Rekursgericht demnach gar nicht mit der Frage befaßt hat, ob an Stelle des unter Androhung von Strafen erteilten Auftrages, das Geschäft zu übergeben, die sofortige Übergabe des Geschäftes anzuordnen ist, war der Beschluß vom 19. Mai 1950 aufzuheben und dem Rekursgerichte die neuerliche Entscheidung aufzutragen.

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