Spruch:
Wenn in einem gerichtlichen Vergleich eine Leistungsfrist nicht enthalten ist, so ist die vereinbarte Leistung sofort fällig. Auf Grund eines solchen Exekutionstitels kann die Exekution bewilligt werden, ohne daß die betreibende Partei einen Nachweis im Sinne des § 7 Abs. 2 EO. erbringt.
Entscheidung vom 1. September 1950, 1 Ob 490/50.
I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.
Text
Das Erstgericht hat auf Antrag der betreibenden Partei dieser zur Erwirkung der Löschung des unter OZ. 25 des Lastenblattes der EZ. 946, Grundbuch L., einverleibten Pfandrechtes des "X-werkes" im Nominalbetrage von 13.200 RM die Exekution nach § 353 EO. bewilligt. Infolge Rekurses der verpflichteten Parteien änderte das Rekursgericht den erstgerichtlichen Beschluß im Sinne der Abweisung des Exekutionsantrages ab. Dem Exekutionstitel (Vergleich der Rückstellungskommission beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien vom 15. Februar 1949) sei eine Leistungsfrist für die durchzusetzende Handlung der verpflichteten Parteien nicht zu entnehmen. Der betreibenden Partei wäre es deshalb oblegen, durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden Umstände nachzuweisen, die nach dem Willen der vergleichschließenden Teile die Fälligkeit und Vollstreckbarkeit des Leistungsanspruches der betreibenden Partei herbeifuhren (§ 7 Abs. 2 EO.). Daß die betreibende Partei ihrerseits zu einer Zug-um-Zug-Leistung verpflichtet sei, wäre kein Hindernis für die Bewilligung der Exekution. Da aber die Voraussetzungen nach § 7 EO. nicht gegeben seien, könne die Exekution nicht bewilligt werden.
Der Oberste Gerichtshof stellte den erstgerichtlichen Beschluß wieder her.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Wenn in einem gerichtlichen Vergleich, wie hier, eine Leistungsfrist nicht enthalten ist, ist § 904 ABGB. heranzuziehen, wonach die Erfüllung des Vertrages, für die keine gewisse Zeit bestimmt worden ist, sogleich gefordert werden kann. In einem solchen Fall obliegt der betreibenden Partei kein Nachweis im Sinne des § 7 Abs. 2 EO., sondern die Exekution kann auf Grund eines derartigen Exekutionstitels ohneweiters bewilligt werden (E. v. 12. Juli 1937, RZ. 1937, S. 412, v. 14. Oktober 1936, ZBl. 1937, Nr. 29, mit Bemerkungen von Petschek, v. 30. August 1933, JBl. 1934, S. 40, und
v. 4. November 1926, GZ. 1927, S. 45; die gegenteilige E. v. 31. Mai 1938, DR. 1938, EvBl. Nr. 267, ist vereinzelt geblieben). Der vom Rekursgericht herangezogene Grund für die Abweisung des Exekutionsantrages ist nicht stichhältig.
Was die im Exekutionstitel unter Punkt 3. vorgesehene Zug-um-Zug-Leistung der betreibenden Partei betrifft, ist dem Rekursgericht beizustimmen, daß nach § 8 EO. eine solche Gegenleistung die Bewilligung der Exekution nicht hindert. Allein es ist zur Klarstellung der beiderseitigen Verpflichtungen (§§ 25 Abs. 2 letzter Satz, 42 Z. 4 EO.) erforderlich, daß in die Exekutionsbewilligung ein Hinweis auf die Zug-um-Zug-Verpflichtung aufgenommen wird (Neumann - Lichtblau, S. 68).
Da auch im übrigen ein Grund für die Abweisung des Exekutionsantrages nicht vorliegt, war dem Rekurs stattzugeben und die Rekursentscheidung im Sinne der Wiederherstellung der erstgerichtlichen Exekutionsbewilligung, allerdings mit der Maßgabe abzuändern, daß der Hinweis auf die Gegenleistung der betreibenden Partei aufzunehmen war.
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