Spruch:
Der von der beklagten Ehegattin im Scheidungsverfahren gestellte Antrag, dem klagenden Ehemann mit einstweiliger Verfügung die vorläufige Aufnahme der Beklagten in die Ehegemeinschaft aufzutragen, ist zurückzuweisen, weil über den Anspruch im außerstreitigen Verfahren zu erkennen ist und überdies nur der Kläger, nicht aber die Beklagte einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach § 381 EO. stellen kann.
Entscheidung vom 28. Juni 1950, 3 Ob 358/50.
I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:
Oberlandesgericht Wien.
Text
In dem vom Kläger gegen die Beklagte wegen boshaften Verlassens angestrengten Ehescheidungsprozeß beantragte die Beklagte die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, mit der die Verpflichtung des Klägers zur Aufnahme der Beklagten in die Ehegemeinschaft ausgesprochen werde.
Das Erstgericht wies den Antrag mit der Begründung ab, die Beklagte habe sich zur Glaubhaftmachung ihres Vorbringens nur auf die Parteienvernehmung berufen, die im Bescheinigungsverfahren unzulässig sei.
Das Rekursgericht bewilligte die beantragte einstweilige Verfügung. Es vertrat die Rechtsmeinung, daß im Falle der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft jeder der Ehegatten nach § 93 ABGB. die Wiederaufnahme verlangen könne, worüber im Verfahren außer Streitsachen zu entscheiden sei; die vorläufige Wiederaufnahme in die Hausgemeinschaft könne während des Scheidungsverfahrens als einstweilige Verfügung beantragt und bewilligt werden, der Bescheinigung einer Gefahr bedürfe es nicht, weil es den Ehegatten nicht gestattet sei, die eheliche Verbindung eigenmächtig aufzuheben, daher eine weitere Glaubhaftmachung nicht notwendig sei.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Klägers Folge und wies den Antrag der Beklagten zurück.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Es ist zwar dem Rekursgerichte beizupflichten, daß bei Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft jeder der beiden Ehegatten die Wiederaufnahme in die eheliche Gemeinschaft begehren kann und daß hierüber im Verfahren außer Streitsachen zu entscheiden sei; hingegen fehlt für die weitere Annahme des Rekursgerichtes, daß die vorläufige Wiederaufnahme in die Hausgemeinschaft im Ehescheidungsverfahren als einstweilige Verfügung beantragt und bewilligt werden könne, jede Rechtsgrundlage. Die Voraussetzungen des § 382 Z. 8 EO. sind nicht gegeben, da diese Gesetzesstelle sich nur auf die Bewilligung des abgesonderten Wohnortes, nicht aber auf die Wiederaufnahme in die eheliche Gemeinschaft bezieht. Da über den Anspruch im Verfahren außer Streitsachen zu entscheiden ist, fehlt die Grundlage für die Zuständigkeit des mit der Durchführung des Ehescheidungsstreites befaßten Gerichtshofes; im übrigen könnte auch eine einstweilige Verfügung nach § 381 EO. von der Beklagten im Ehestreite nicht beantragt werden, da die Beklagte eine Widerklage nicht erhoben hat.
Da somit die Zuständigkeit des erkennenden Gerichtes nicht gegeben ist, war dem Revisionsrekurse Folge zu geben und der Antrag zurückzuweisen.
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