Normen
ABGB §1198
Deutsche Zivilprozeßordnung §254
EO §54
EO §78
Handelsagentengesetz §15
ZPO ArtXLII EinfG
ZPO §226
ABGB §1198
Deutsche Zivilprozeßordnung §254
EO §54
EO §78
Handelsagentengesetz §15
ZPO ArtXLII EinfG
ZPO §226
Spruch:
Weder der Handelsagent, noch der Gesellschafter nach bürgerlichem Recht hat gegenüber seinem Geschäftsherrn, bzw. Mitgesellschafter einen Anspruch auf eidliche Angabe der Höhe der Provision oder des Rabattes. Er hat aber Anspruch auf Vorlage einer Abrechnung und das Recht, das Klagebegehren entgegen der Vorschrift des § 226 ZPO. zunächst nicht ziffernmäßig zu fassen. Nach Vorlage der Abrechnung ist er berechtigt, das Zahlungsbegehren auf eine bestimmte Geldsumme zu ändern.
Entscheidung vom 7. Juni 1950, 1 Ob 276/50.
I. Instanz: Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.
Text
Die Streitteile haben am 11. Jänner 1947 bindend vereinbart, daß der Kläger in der Zeit vom 11. Jänner 1947 bis 27. März 1947 die vom Beklagten hergestellten "R." in ganz Österreich mit Ausnahme von Wien und Niederösterreich allein verkaufen und von den während dieser Zeitspanne in seinem Schutzgebiet verkauften "R." 17% des jeweiligen Detailabgabepreises als Rabatt vom Beklagten beanspruchen könne. Der Kläger begehrte die Verurteilung des sich angeblich an diese Vereinbarung "nicht haltenden Beklagten" zur Vorlage eines Verzeichnisses der im Schutzgebiete des Klägers während der Vertragsdauer (11. Jänner 1947 bis 27. März 1947) verkauften "R."
und "Beschwörung der Richtigkeit und Vollständigkeit der im Verzeichnis zu machenden Angaben über den zu erwartenden Verkaufserlös" und schließlich zur "Zahlung von 17% des aus dem beschworenen Verzeichnis zu ermittelnden Verkaufserlöses".
Das Prozeßgericht gab dem Klagebegehren zur Gänze statt.
Das Berufungsgericht bestätigte das erstgerichtliche Urteil, soweit der Beklagte zur Vorlage des Verzeichnisses verpflichtet worden war, und wies die beiden anderen Begehren ab.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nur dahin Folge, daß sowohl das berufungs- als auch das erstgerichtliche Urteil in dem das Zahlungsbegehren abweisenden Ausspruch aufgehoben und die Sache in diesem Umfang an das Prozeßgericht zurückverwiesen wurde.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Der Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung ist zum Teil verfehlt, dies insoweit, als der Kläger vermeint, er könne den Beklagten zur Eidesleistung verhalten. Aus dem Abs. 1 des Art. XLII EGzZPO. ergibt sich, daß nur derjenige zur Eidesleistung verhalten werden kann, der nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes ein Vermögen oder Schulden anzugeben verpflichtet ist oder wer von der Verschweigung oder Verheimlichung eines Vermögens vermutlich Kenntnis hat. Der Revisionswerber irrt jedoch, wenn er die Meinung vertritt, daß im vorliegenden Falle der Beklagte ein Vermögen in Händen habe, worüber er ihm Rechenschaft zu geben schuldig sei. Die Rechtsprechung hat zwar vereinzelt auf eidliche Angabe der Höhe einer Provision erkannt (GlUNF. 704), doch hält Neumann, 4. Aufl., S. 373, diese Entscheidung für bedenklich; er meint, die Verwirklichung des Provisionsrechtes oder des Rechtes auf einen Anteil lasse sich auch auf andere Weise als durch Art. XLII EGzZPO. (Vorlage der Bücher, Korrespondenz, Vernehmung) erzielen. Was hier zum Begriff der Provision (Vergütung für eine Geschäftsbesorgung) zu sagen war, gilt nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes um so mehr bei einem Rabatt (vereinbartem oder üblichem Abzug, Preisnachlaß), der im vorliegenden Falle in Betracht kommt. Denn der Anwendungsbereich des Art. XLII EGzZPO. ist möglichst zu begrenzen (1 Ob 396/34, JBl. 1934, S. 370). Es ist daher das Berufungsgericht im Recht gewesen, wenn es den Antrag auf Eidesleistung abgewiesen hat. Es besteht daher mit Rücksicht auf das Vorgesagte kein Unterschied, ob das Verhältnis des Klägers zum Beklagten als das eines Handelsagenten oder das eines Gesellschafters einer Gelegenheitsgesellschaft angesehen wird, wie dies der Kläger bezüglich jedes einzelnen "R."-Geschäftes vermeint. Es war deshalb der Revision in diesem Punkte des Klagebegehrens der Erfolg zu versagen.
Anders aber verhält es sich insofern, als das Urteil des Berufungsgerichtes das Zahlungsbegehren abgewiesen hat.
Das Erstgericht hat auch in diesem Punkte, allerdings ohne Begründung, dem Klagebegehren stattgegeben; aber der Hinweis des Urteiles des Berufungsgerichtes auf den Kommentar Neumann, 4. Aufl., S. 376/377, gibt die Begründung für die Zulässigkeit eines ziffernmäßig unbestimmten Klagebegehrens; ebenso führt Pollak, Zivilprozeßrecht, 2. Aufl., auf S. 376 aus: Die Anspruchserhebung der Klage verlangt ein bestimmtes Begehren und eine Individualisierung des Anspruches (§ 226 ZPO.; §§ 54, 78 EO.); deshalb muß, wenn eine Geldforderung eingeklagt wird, die Währung und ziffernmäßige Geldsumme angegeben sein, wobei dies auch dann gilt, wenn der Anspruch auf § 273 ZPO. gestützt wird. Nur die Klage auf Vermögensangabe und Herausgabe gestatte den Vorbehalt der Bezifferung (Art. XLII EGzZPO.). Dieser Ausnahmsfall trifft nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes nicht nur bei der Klage auf eidliche Angabe des Vermögens zu, sondern auch in Verbindung mit einem Antrag auf Vorlage eines Buchauszuges oder, wie es im vorliegenden Falle geschehen ist, mit einem Antrage auf Vorlage eines Verzeichnisses über die abgewickelten Geschäfte. In diesem im Abs. 3 des Art. XLII EGzZPO. angeführten Falle kann daher die bestimmte Angabe der Leistungen, welche der Kläger beansprucht, vorbehalten werden, bis entweder die eidlichen Angaben über das Vermögen gemacht sind oder sich aus dem vorgelegten Verzeichnis (allenfalls nach Exekutionsführung) der ziffernmäßige Betrag ergibt, der dann im fortgesetzten Verfahren im Wege der Richtigstellung der Klage begehrt werden kann. Auch Neumann (ebdt., S. 376) gestattet in diesem Falle dem Kläger, die begehrte Leistung erst nach erfolgter eidlicher Vermögensangabe zu spezifizieren. Denselben Gedanken vertritt - nunmehr auch in Beziehung auf die Judikatur - Mayer - Mallenau aus Gründen der Prozeßökonomie in seiner Bemerkung zur Entscheidung Nr. 160 in Rspr. 1929, indem er eine Leistungsklage mit nachträglicher Bezifferung der Höhe des Anspruches als Ausnahmefall des § 226 ZPO. für zulässig erklärt. Den gleichen Weg schlagen auch die Entscheidungen des Reichsgerichtes RGZ. 56, 116 und RGZ. 61, 405 ein, die auf der "Stufenklage" des § 254 RZPO. beruhen, die den Klagsverbindungsmöglichkeiten des Art. XLII EGzZPO. entspricht. In diesem Zusammenhange wird auf die Bemerkungen in der Ausgabe Baumbach, RZPO., 17. Aufl., 1943, verwiesen.
Es war deshalb der Revision zu diesem Teile des Klagebegehrens Folge zu geben und das angefochtene Urteil und das des Erstgerichtes aufzuheben und die Rechtssache an das Erstgericht zurückzuverweisen, dem allerdings ein Auftrag zur Fortsetzung des Verfahrens im Hinblick darauf, daß die Vorlage des Verzeichnisses (Buchauszug) noch nicht erfolgt ist, nicht zu erteilen war. Es wird daher der Kläger, nachdem er sich durch das vom Beklagten vorgelegte Verzeichnis die Klagssumme errechnet haben wird, das Begehren auf Zuspruch von 17% Rabatt in eine ziffernmäßig bestimmte Geldsumme richtigzustellen haben.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)