OGH 2Ob229/50

OGH2Ob229/5031.5.1950

SZ 23/179

Normen

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §9
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §9

 

Spruch:

Wenn bei einer Auseinandersetzung mit dem ausscheidenden Gesellschafter diesem das Recht der Weiterbenützung einer Firmenmarke eingeräumt wurde, so kann weder einer Gesellschaft, an der sich der Ausgeschiedene als Kommanditist beteiligt, noch ihm selbst die Benützung der Marke nach § 9 UnlWG. vom Firmenübernehmer untersagt werden.

Entscheidung vom 31. Mai 1950, 2 Ob 229/50.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz; II. Instanz:

Oberlandesgericht Graz.

Text

Bis zum Jahre 1938 waren der Zweitbeklagte Dr. Hanns E., dessen Bruder Karl E. jun. und deren Vater Karl E. sen. offene Gesellschafter der klagenden Firma P. S. E., Zuckerwaren-, Nährmittel- und Teigwarenfabrik. Am 10. Juni 1949 trafen die Brüder E. mit Zustimmung ihres Vaters ein Übereinkommen, wonach Dr. Hanns E. aus der Firma ausschied, Karl E., der derzeit als Alleininhaber der klagenden Firma aufscheint, den ausschließlichen Anspruch seines Bruders Hanns auf die Marke des Hustenbonbons "Arosa" anerkannte und sich einverstanden erklärte, daß alle mit der Marke "Arosa" verbundenen Rechte im Alleineigentum des Zweitbeklagten, bzw. seines zu grundenden Unternehmens verbleiben. Das vorhandene Verpackungs- und Reklamematerial wurde Dr. Hanns E. übergeben, darunter auch Säckchen mit einem Aufdruck "Arosa nach Dr. E.", Karl E. verpflichtete sich auch, um die Erlangung eines Gewerbescheines bemüht zu sein, der seinem Bruder Hanns die Erzeugung und den Vertrieb von "Arosa"-Erzeugnissen in Wien ermögliche. Schließlich erklärten die Brüder, bei der Auseinandersetzung nicht kleinlich sein zu wollen und sich um die loyale und objektive Durchführung zu bemühen.

Nach dem Vorbringen der klagenden Partei ist der Zweitbeklagte Kommanditist der erstbeklagten Firma. Diese Firma sei früher nur ein kleiner handwerklicher Betrieb gewesen und erst nach dem Kriege zu einem fabriksmäßigen Betrieb ausgebaut worden. Die erstbeklagte Firma habe nur die Aufgabe, den "Arosa"-Betrieb des Zweitbeklagten zu decken. Dieser sei am Gewinn und Verlust der "Arosa"-Abteilung allein beteiligt, in allen ihren Angelegenheiten Bevollmächtigter, wobei die Gesellschaft auf den Widerruf der Vollmacht während der Dauer des Vertrages verzichtet habe. Die erstbeklagte Firma bediene sich nunmehr im Geschäftsverkehr des Namens E., um eine Verwechslung mit der klagenden Firma herbeizuführen und hätte den Aufdruck der übergebenen Säckchen von "nach Dr. med. E." in "nach Dr. E."

abgeändert, um die Gleichheit der beklagten Firma mit der klagenden Firma anzudeuten und unter den Kunden Verwirrung zu stiften. Die klagende Partei begehrt daher in der auf § 9 UnlWG. gestützten Klage die Erlassung der einstweiligen Verfügung, daß den Beklagten die Verwendung der Papiersäckchen mit der erwähnten Aufschrift verboten sei, solange sie nicht mit einem Aufdruck versehen sind, aus dem hervorgehe, daß sie von der beklagten Firma herausgegeben wurden.

Das Erstgericht wies den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ab. Es stellte fest, daß es sich bei den von den beklagten Parteien verwendeten Säckchen um dieselben handle, die Dr. Hanns E. anläßlich der Auseinandersetzung übergeben wurden. Eine Verwechslungsmöglichkeit mit der klagenden Firma sei nicht gegeben, da diese auf die Herstellung der "Arosa"-Bonbons verzichtet habe, es einen Dr. E. in der klagenden Firma nicht gebe und der Zweitbeklagte seinen Austritt aus der klagenden Firma und seinen Eintritt in die erstbeklagte Firma als Gesellschafter durch ein Rundschreiben dem Kundenkreis zur Kenntnis gebracht habe. Die Antragsteller hätten dem Dr. Hanns E. in dem Auseinandersetzungsübereinkommen ihre Unterstützung bei der von ihm neu zu grundenden Firma in demselben Geschäftszweige zugesagt und damit die Möglichkeit in Kauf genommen, daß der Zweitbeklagte in Verbindung mit der Marke "Arosa" einmal bei einer Konkurrenzfirma auftrete.

Das Rekursgericht verbot den beklagten Parteien durch einstweilige Verfügung jede Verwendung der Papiersäckchen, sofern sie nicht mit einem Aufdruck versehen seien, aus dem ihre Herausgabe durch die beklagte Firma hervorgehe. Die mit "Arosa" bezeichneten Erzeugnisse seien ursprünglich von der klagenden Firma hergestellt worden, die früher die erwähnten Säckchen gebraucht habe. Bei dem Durchschnittskäufer könne nicht die Kenntnis vorausgesetzt werden, daß die Firma S. E. diese Bonbons nicht mehr erzeugen dürfe und daß das alleinige Recht auf ihre Herstellung auf Dr. Hanns E. übergegangen sei. Die bezüglichen gesellschaftlichen Mitteilungen habe er entweder nicht gelesen oder mangels Interesses nicht mehr in Erinnerung. Bei diesem Durchschnittskunden werde der Eindruck erweckt, es handle sich um ein Erzeugnis der klagenden Firma. Die beklagten Parteien könnten sich auch nicht auf das Auseinandersetzungsübereinkommen berufen, da die Säckchen nicht vom Zweitbeklagten oder von einem von diesem gegrundeten Unternehmen, sondern mit Zustimmung des Zweitbeklagten von der erstbeklagten Firma verwendet würden und durch die Säckchen der Anschein erweckt werde, es handle sich um ein Erzeugnis der Firma E. Der Oberste Gerichtshof stellte den erstrichterlichen Beschluß wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Unterlassungsanspruch der klagenden Partei kann schon deshalb nicht als bescheinigt gelten, weil die klagende Partei anläßlich des Auseinandersetzungsübereinkommens auf die Geltendmachung dieses Anspruches verzichtet hat. Der Käufer mag zunächst die Arosa-Erzeugnisse, die vor dem von der klagenden Firma in den Handel gebracht wurden, auch jetzt noch mit der Firma F. S. E. in Verbindung bringen. Solche Verwechslungen liegen aber bei einer Auseinandersetzung zwischen Brüdern, die beide denselben Namen tragen, in der Natur der Sache und waren beim Abschlusse des Auseinandersetzungsübereinkommens vorauszusehen. In dem Auseinandersetzungsvertrag ist keineswegs vorgesehen, daß Dr. Hanns E. die ihm übergebenden Säckchen nur dann verwenden dürfe, wenn er sie im Betriebe einer auf seinen Namen lautenden Firma verwende. Die Vereinbarung faßt sogar die Möglichkeit ins Auge, daß Dr. Hanns E. die Gewerbeberechtigung nicht erlangt. Nach dem Vorbringen der klagenden Partei ist der "Arosa"-Betrieb der beklagten Firma Eigentum des Dr. Hanns E. Es kann also keine Rede davon sein, daß er die ihm erteilte Erlaubnis, die Säckchen beim Vertrieb der "Arosa"- Erzeugnisse zu verwenden, einem Dritten überlassen habe. Würde Dr. Hanns E. eine auf seinen Namen, wenn auch mit einem unterscheidenden Zusatz, lautende Firma gegrundet haben, so wäre die Verwechslungsmöglichkeit noch größer. Der Zweitbeklagte hat also nichts anderes getan, als wozu ihn das Auseinandersetzungsübereinkommen berechtigte, nämlich in dem ihm gehörenden Betrieb das ihm übergebene "Arosa"-Material verwendet. Ob er sich hiebei einer auf seinen Namen lautenden Firma oder der beklagten Firma bedient, bleibt nach den von der klagenden Partei geschilderten Eigentumsverhältnissen belanglos. Durch das Übereinkommen haben die Parteien die Wettbewerbsinteressen geregelt. Es würde geradezu den guten Sitten widersprechen, wenn die Klägerin die Erfüllung dieses Übereinkommens auf dem Wege über die Bestimmung des § 9 UnlWG. vereiteln könnte.

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