Normen
ABGB §879
ABGB §1336
Handelsgesetzbuch vom 10. Mai 1897. DRGBl. S. 219 §348
ABGB §879
ABGB §1336
Handelsgesetzbuch vom 10. Mai 1897. DRGBl. S. 219 §348
Spruch:
Das Ausbedingen einer Konventionalstrafe durch ein Adressenbüro für den Fall, daß der Kunde gelieferte Adressen weitergibt, ist nicht sittenwidrig.
Entscheidung vom 8. März 1950, 1 Ob 23/50.
I. Instanz: Kreisgericht Wels; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz.
Text
Die Erstklägerin - die Zweit- und Drittklägerin sind offene Gesellschafter der Erstklägerin - betreibt ein Unternehmen, das die Belieferung ihrer Kunden mit Adressenmaterial zum Gegenstand hat. Der Beklagte hat den Klägern 15 Aufträge auf Belieferung mit Adressenmaterial erteilt. Neben den Auftragsbestätigungen hat er auch die Lieferungsbedingungen der Klägerin erhalten. Danach sind die von der Klägerin mitgeteilten Adressen nur für den eigenen Bedarf des Bestellers bestimmt, dürfen aber weder entgeltlich noch unentgeltlich an einen Dritten weitergegeben werden, widrigenfalls die Klägerin den Kläger zur Schadenersatzleistung heranziehen könne; insbesondere darf das Adressenmaterial der Klägerin nicht der Konkurrenz zugänglich gemacht werden und auch nicht zur gewerblichen Ausnützung durch Vervielfältigung oder Abschreiben Verwendung finden. Für jede auf diese Art verwendete Adresse bedingt sich die Klägerin eine Konventionalstrafe von 5 S aus.
Von den dem Beklagten gelieferten Adressen wurden nach den erstinstanzlichen Feststellungen 1360 Wiener Adressen, 224 Stück Kärntner Adressen, 2073 steirische Adressen und 3577 Stück Adressen aus Niederösterreich, zusammen 7234 Adressen, an Dritte weitergegeben.
Auf Grund dieses Sachverhaltes hat das Erstgericht den Beklagten zur Unterlassung und zur Zahlung von 36.170 S an die Kläger verurteilt.
Das Berufungsgericht hat diese Entscheidung bestätigt. Der Oberste Gerichtshof hat der Revision des Beklagten nicht Folge gegeben.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Auch die Rechtsrüge ist nicht begrundet. Die Revision bekämpft die Klausel in den Geschäftsbedingungen als sittenwidrig, daß jede andere Verwendung des Adressenmaterials als die für den eigenen Bedarf des Bestellers sittenwidrig sei. Diese Auffassung ist rechtsirrig. Es steht jedermann frei, sich bei Vertragsabschluß auszubedingen, daß die gelieferte Ware nicht weitergegeben werden darf. Eine solche Vertragsklausel kann insbesondere bei der Belieferung mit Adressenmaterial nicht als sittenwidrig angesehen werden, da es in der Natur der Sache gelegen ist, daß ein Adressenverlag seinem Abnehmer die Weitergabe der gelieferten Adressen untersagen muß, wenn er nicht Gefahr laufen will, daß binnen kurzem das von ihm mit Mühe und Kosten gesammelte Adressenmaterial Gemeingut aller Interessenten wird. Von einer Sittenwidrigkeit kann daher keine Rede sein.
Die Revision ist auch weiter unbegrundet, insofern sie das Ausbedingen der vereinbarten Konventionalstrafe als sittenwidrig bezeichnet. Die Vereinbarung einer Konventionalstrafe ist an sich zulässig und nicht sittenwidrig. Es müssen besondere Umstände vorhanden sein, die eine Vertragsstrafe im Einzelfall als sittenwidrig erscheinen lassen. Solche Umstände hat aber der Beklagte auch in der Revision nicht vorgebracht. Der Umstand allein, daß die Klägerin für jede widerrechtlich weitergegebene Adresse ein Pönale von 5 S vereinbart hat, ist nicht sittenwidrig, wenn man in Betracht zieht, daß ihre wirtschaftliche Existenz daran hängt, daß das von ihr gelieferte Adressenmaterial an dritte Personen nicht weitergegeben wird. Ob eine Schädigung der Klägerin im konkreten Fall eingetreten ist oder nicht, ist rechtlich bedeutungslos, weil eine feste Vertragsstrafe gerade aus dem Gründe vereinbart wird, um den Nachweis eines eingetretenen Schadens zu ersparen. Da der Beklagte Kaufmann ist und der von ihm abgeschlossene Vertrag im Rahmen seines Geschäftsbetriebes abgeschlossen worden ist, so steht ihm das Recht, Minderung der Vertragsstrafe zu begehren, nicht zu (§ 348 HGB.).
Ist aber die getroffene Vereinbarung bindend zustande gekommen, so folgt darauf, daß die Unterinstanzen den Beklagten mit Recht zur Unterlassung und zum Schadenersatz verurteilt haben. Diese Ansprüche ergeben sich bereits aus dem Vertrag, den die Streitparteien geschlossen haben und es erübrigt sich daher, zu der in der Revision eingehend erörterten Frage Stellung zu nehmen, ob der Klagsanspruch auch nach dem unlauteren Wettbewerbsgesetz begrundet ist.
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