OGH 3Ob116/50

OGH3Ob116/508.3.1950

SZ 23/62

Normen

EheG §38
EheG §38

 

Spruch:

Hat eine Frau mit drei unehelichen Kindern ihrem künftigen Ehegatten nur das Vorhandensein eines Kindes eingestanden, so bildet dies einen Aufhebungsgrund nach § 38 EheG.

Entscheidung vom 8. März 1950, 3 Ob 116/50.

I. Instanz: Kreisgericht Krems; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.

Text

Das Erstgericht hat die zwischen den Parteien geschlossene Ehe aus dem Verschulden der beklagten Partei aufgehoben, hingegen das Begehren, die Scheidung der Ehe und die Auflösung des Ehevertrages auszusprechen, abgewiesen. Der abweisende Ausspruch ist in Rechtskraft erwachsen.

Das Gericht erster Instanz hat als erwiesen angenommen, daß die Beklagte außer der Ehe drei Kinder geboren hat, die im Alter von 10, 20 und 23 Jahren stehen und von drei verschiedenen Männern stammen. Vor der Eheschließung hat die Beklagte dem Kläger nur mitgeteilt, daß sie die Mutter des 10jährigen Kindes sei, während sie das Vorhandensein der beiden älteren Kinder verschwieg. In diesem Vorgehen erblickte der Erstrichter den Aufhebungsgrund nach § 38 EheG.

Das Berufungsgericht hat auch das Aufhebungsbegehren abgewiesen und ausgeführt, daß der Kläger im Alter von 66 Jahren eine Vernunftehe schließen wollte und es ihm gar nicht darauf ankommen konnte, ob die Beklagte nur Mutter eines unehelichen Kindes ist oder ob aus weit zurückliegender Zeit zwei weitere uneheliche Kinder vorhanden sind, zumal diese Frage auch ohne Bedeutung für die Beurteilung des derzeitigen Charakters und Lebenswandels der Beklagten sei.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers Folge und stellte das Urteil des Prozeßgerichtes wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Entscheidungsgründe:

Es kann nicht als entscheidend angesehen werden, wie sich das Vorhandensein der drei unehelichen Kinder auf die Gestaltung der Ehe auswirken könnte. Maßgebend ist, daß der Kläger das Recht hatte, vor der Eheschließung zu erfahren, wie viele uneheliche Kinder seine künftige Gattin hat, denn es ist nicht gleichgültig, ob sie die Mutter eines Kindes ist oder ob sie von drei verschiedenen Männern drei Kinder hat.

Da bei einer Eheschließung Gefühlsmomenten besondere Bedeutung zukommt, kann das Klagevorbringen nicht mit Erwägungen praktischer Natur abgetan werden; diese Erwägungen sind überdies gar nicht überzeugend, denn es darf nicht übersehen werden, daß der später bekanntgewordene Sachverhalt geeignet sein könnte, die Einschätzung des Klägers in seiner Umwelt zu beeinträchtigen.

Der Kläger ist daher allein berechtigt, zu beurteilen, ob er sich bei Kenntnis des Sachverhaltes zur Eheschließung bereit gefunden hätte; es kann ihm nicht zugemutet werden, sich mit der an ihm verübten Täuschung abzufinden und die Ehe fortzusetzen.

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