OGH 1Ob9/50

OGH1Ob9/508.3.1950

SZ 23/54

Normen

Mietengesetz §19 Abs1
Mietengesetz §19 Abs2 Z10
ZPO §503 Z4
Mietengesetz §19 Abs1
Mietengesetz §19 Abs2 Z10
ZPO §503 Z4

 

Spruch:

Auf die Verpachtung eines im Bestandobjekt betriebenen Unternehmens kann die Vorschrift des § 19 Abs. 2 Z. 10 MietG. nicht angewendet werden.

Entscheidung vom 8. März 1950, 1 Ob 9/50.

I. Instanz: Bezirksgericht Hall in Tirol; II. Instanz: Landesgericht Innsbruck.

Text

Das Erstgericht hat die auf den Kündigungsgrund des § 19 Abs. 1 und 2 Z. 10 MietG. gestützte Aufkündigung des Bestandverhältnisses hinsichtlich des der beklagten Partei vermieteten Geschäftslokales für rechtswirksam erklärt, weil es in der Verwertung des Geschäftslokales durch Verpachtung zugleich mit dem Unternehmen der Beklagten auf fünf Jahre eine vollständige Weitervermietung des Mietgegenstandes erblickte, aus der Pachtdauer den Schluß zog, daß die Beklagte den Mietgegenstand offenbar in naher Zeit nicht für sich selbst benötige, und schließlich auch ein wirksames Einverständnis der Zweit- und Drittklägerin zur Verpachtung nicht als gegeben annahm.

Das Berufungsgericht gab mit dem angefochtenen Urteil der Berufung der beklagten Partei im wesentlichen unter Billigung der erstrichterlichen Gründe nicht Folge und ließ die Revision gegen seine Entscheidung zu.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Partei Folge, hob das angefochtene Urteil auf und wies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die beklagte Partei bekämpft in Ausführung des Revisionsgrundes nach § 503 Z. 4 ZPO. vor allem die Anwendbarkeit des § 19 Abs. 2 Z. 10 MietG. auf die Verpachtung eines Unternehmens zusammen mit den gemieteten Lokalitäten, führt weiters aus, daß auf Grund der Pachtdauer von fünf Jahren nicht angenommen werden könne, daß die Beklagte den Mietgegenstand in naher Zeit nicht für sich selbst benötige, ferner daß sie den Mietgegenstand deshalb selbst benötige, weil die Gemischtwarenhandlung ihre Existenzgrundlage bilde, und schließlich, daß das Berufungsgericht zu Unrecht das Einverständnis der Zweit- und Drittklägerin zur Verpachtung verneint habe, obwohl das Erstgericht ein solches festgestellt habe.

Der Revision ist darin beizupflichten, daß auf die Verpachtung eines in den gemieteten Lokalitäten bestehenden Unternehmens, wie der Oberste Gerichtshof in mehreren Entscheidungen ausgesprochen hat, die Vorschrift des § 19 Abs. 2 Z. 10 MietG. nicht angewendet werden kann. § 19 Abs. 2 Z. 10 MietG. spricht von der Weitervermietung des gesamten Mietgegenstandes und von der Verwertung des gemieteten Geschäftsraumes durch Überlassung an einen Dritten gegen eine im Vergleich zu dem vom Mieter zu entrichtenden Mietzins und etwaigen eigenen Leistungen des Dritten unverhältnismäßig hohe Gegenleistung. Bei der Verpachtung eines Unternehmens, zu dem das erforderliche Inventar, der Kundenstock, das geschäftliche Ansehen und die Ausnützung der Konzession oder Gewerbeberechtigung gehören, ist das wirtschaftliche Schwergewicht im Betrieb gelegen. Die Räumlichkeiten bilden nur die örtliche Grundlage des Unternehmens, sind aber keineswegs allein oder hauptsächlich Gegenstand des Bestandvertrages des Mieters mit dem Pächter. Daher ist, falls das gesamte Unternehmen, nicht bloß die Mietrechte in Bestand gegeben werden, § 19 Abs. 2 Z. 10 MietG. nicht anwendbar (vgl. E. v. 8. Jänner 1934, 2 Ob 1157/33, Sternberg, II, Nr. 1170, v. 20. Mai 1936, 1 Ob 428/36, RZ. 1936, S. 222, Zingher, ÖJZ. 1948, S. 491, dagegen die vereinzelte Entscheidung vom 3. April 1935, 2 Ob 224/35, Sternberg, II, Nr. 1172). Dies gilt aber nur dann, wenn das Unternehmen ein solches ist, das eine Verpachtung zuläßt (vgl. E. v. 3. November 1932, 1 Ob 990/32, Sternberg, II, Nr. 1069). Der Oberste Gerichtshof kann demnach die gegenteilige Ansicht des Berufungsgerichtes nicht teilen. Aus den Gründen des angefochtenen Urteiles geht nun wohl hervor, daß es sich um die Verpachtung eines in den von der beklagten Partei untergemieteten Lokalitäten betriebenen Unternehmens handelt und daß die Mieträume nur einen Teil des Pachtgegenstandes bilden. Um welches Unternehmen es sich aber handelt, ist aus den Urteilsgrunden nicht zu entnehmen und fehlt es darin auch an einer Erklärung, daß alle erstrichterlichen Feststellungen übernommen werden.

Aus den Gründen des angefochtenen Urteiles ergibt sich daher nicht, daß es sich um eine Verpachtung eines solchen Unternehmens handelt, das eine Verpachtung zuläßt, oder ob dies nicht der Fall ist. Im ersteren Falle lägen die Voraussetzungen des § 19 Abs. 2 Z. 10 MietG. nicht vor und wäre daher in diesem Falle bedeutungslos, für welche Zeit der Pachtvertrag abgeschlossen wurde und ob ein unverhältnismäßig hohes Entgelt in Frage kommt, was allerdings bei einer Verpachtung eines Unternehmens schon deshalb kaum in Betracht kommen kann, da der Pachtschilling ja in der Regel einheitlich für das gesamte Unternehmen einschließlich der Lokalitäten festgesetzt sein wird.

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