OGH 3Ob83/50

OGH3Ob83/5021.2.1950

SZ 23/36

Normen

ABGB §156
ABGB §163
ABGB §156
ABGB §163

 

Spruch:

Die Unmöglichkeit der Zeugung ist als erwiesen anzunehmen, wenn bei festgestelltem Ehebruch der Mutter nach dem erbbiologischen Gutachten die Zeugung des Kindes durch den Ehemann der Mutter unwahrscheinlich, die Zeugung durch den Ehebrecher jedoch in sehr hohem Grade wahrscheinlich ist.

Entscheidung vom 21. Februar 1950, 3 Ob 83/50.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:

Oberlandesgericht Wien.

Text

Das Klagebegehren ist auf die Feststellung gerichtet, daß der am 6. Oktober 1946 geborene Beklagte nicht aus der Ehe des Klägers mit Hilda Maria W. stammt.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.

Der dagegen vom Beklagten ergriffenen Berufung gab das Berufungsgericht nicht Folge.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Entscheidungsgründe:

Die Untergerichte stellten fest, daß der Beklagte von der früheren Gattin des Klägers namens Hilda Maria W. am 6. Oktober 1946 geboren, daß die Ehe des Klägers mit ihr mit Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 28. Juni 1946 aus dem alleinigen Verschulden der Frau rechtskräftig geschieden wurde, ferner, daß die Ehegatten nach der Rückkehr des Mannes aus der Gefangenschaft am 11. Jänner 1946 zum ersten- und letztenmal während der vom 8. Dezember 1945 bis 9. April 1946 reichenden Empfängniszeit miteinander geschlechtlich verkehrt haben und daß die Frau auch mit einem gewissen Franz S., ihrem nachmaligen zweiten Gatten, während dieser Zeit geschlechtlichen Verkehr gepflogen hatte.

Aus diesen Feststellungen ergibt sich, daß nach § 138 ABGB. die Vermutung für die Ehelichkeit des Beklagten streitet. Diese Vermutung kann nach Schrifttum und einhelliger Rechtsprechung nur durch den Beweis der Unmöglichkeit der Zeugung des Beklagten durch den Ehemann entkräftet werden, wobei auch ein hoher Grad von Wahrscheinlichkeit hiefür genügt.

Die Untergerichte haben diesen Beweis durch die erbbiologische Untersuchung des Kindes, seiner Mutter, des Klägers sowie des Beischläfers der Mutter, Franz S., als erbracht angesehen, weil danach die Zeugung des Beklagten durch den Kläger unwahrscheinlich ist, seiner Zeugung aber durch Franz S. sehr hohe Wahrscheinlichkeit zukommt.

Vergeblich wendet sich der Revisionswerber gegen diese rechtliche Beurteilung der Untergerichte. Denn wenn die Zeugung des Beklagten durch den Ehemann der Mutter unwahrscheinlich ist, dazu noch eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit für dessen Zeugung durch den Beischläfer der Mutter spricht, ist der zum Ausschluß der Vermutung der Ehelichkeit notwendige Beweis der Unmöglichkeit der Zeugung durch den Kläger praktisch als hergestellt anzusehen, ohne daß es hiebei auf das negative Ergebnis der Vergleichung der Blutgruppen und Blutfaktoren der in Betracht kommenden Personen ankäme.

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