OGH 1Ob304/48

OGH1Ob304/489.2.1949

SZ 22/16

Normen

ABGB §103
ABGB §108
ABGB §115
ABGB §116
ABGB §117
EheG §115
EO §379
EO §382 Z8
ABGB §103
ABGB §108
ABGB §115
ABGB §116
ABGB §117
EheG §115
EO §379
EO §382 Z8

 

Spruch:

Das Judikat Nr. 32 (SZ. X/62) ist auch bei Unterhaltsprozessen zwischen früheren Ehegatten, deren von Tisch und Bett geschiedene Ehe gemäß § 115 des Ehegesetzes dem Bande nach geschieden wurde, anzuwenden.

Entscheidung vom 9. Februar 1949, 1 Ob 304/48.

I. Instanz: Bezirksgericht Prägarten; II. Instanz: Landesgericht Linz - Nord.

Text

Die zwischen R. E. und M. E. am 7. Februar 1921 nach römischkatholischem Ritus geschlossene Ehe wurde mit dem Beschluß des Bezirksgerichtes Freistadt vom 16. November 1934, 1 Nc 495/34, auf Grund des von den Ehegatten einverständlich gestellten Ansuchens gemäß § 103 ABGB. von Tisch und Bett geschieden. Die Unterhaltsansprüche der Ehefrau wurden durch einen gerichtlichen Vergleich vom gleichen Tage geregelt, in welchem sich R. E. verpflichtete, seiner geschiedenen Gattin einen Unterhaltsbeitrag von 95 S im Monat zu bezahlen. Mit dem Beschluß vom 29. Dezember 1938, 1 Nc 225/38, hat das Bezirksgericht Freistadt gemäß dem § 115 des Ehegesetzes vom 6. Juli 1938, DRGBl. I S. 807, die Scheidung der Ehe (dem Bande nach) im Sinne dieses Gesetzes ausgesprochen.

Mit der vorliegenden Klage begehrt M. E. die Erhöhung der Unterhaltsverpflichtung des R. E. auf ein Drittel seines jeweiligen Nettoeinkommens. Auf Antrag der Klägerin hat der Erstrichter mittels einstweiliger Verfügung dem Beklagten aufgetragen, der Klägerin bis zur rechtskräftigen Erledigung des Unterhaltsstreites einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von 150 S zu bezahlen. Infolge Rekurses des Beklagten hat das Rekursgericht Jen Antrag der Klägerin auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung mit der Begründung abgewiesen, daß die Unterhaltsforderung der Klägerin eine Geldforderung sei und daher nur gemäß dem 379 EO. durch einstweilige Verfügung gesichert werden könne. Die hiedurch geforderte Gefährdung des Anspruches durch den Beklagten sei nicht behauptet worden und offensichtlich auch nicht gegeben. Die Bestimmung des § 382 Z. 8 EO. sei auf die Unterhaltsforderung der nach dem Ehegesetz geschiedenen Ehegattin nicht anwendbar. Die Voraussetzungen des Judikates Nr. 32 (SZ. X/62) träfen auf den vorliegenden Fall nicht zu.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurse der M. E. Folge, hob den zweitinstanzlichen Beschluß auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Rekursgericht zurück.

Rechtliche Beurteilung

Begründung

Mit dem Plenissimarbeschluß vom 5. Juni 1928, Präs. 13/28, hat der Oberste Gerichtshof (unter Aufhebung des Plenarbeschlusses, JB. Nr. 7) die Eintragung nachstehenden Rechtssatzes in das Judikatenbuch (Nr. 32) beschlossen: "Zur Sicherung des Anspruches der Ehegattin auf den Unterhalt kann, auch wenn sein Ausmaß gerichtlich oder vertragsmäßig in Geld schon festgesetzt wurde, eine einstweilige Verfügung nach dem § 382 Z. 8 EO. bewilligt werden." Dem Judikat lag ein Rechtsfall zugrunde, in dem die einverständlich geschiedene Ehegattin den geschiedenen Gatten auf Zuhaltung des anläßlich der Scheidung außergerichtlich abgeschlossenen Unterhaltsvergleiches geklagt und eine einstweilige Verfügung nach dem § 382 Z. 8 EO. beantragt hatte. Im vorliegenden Falle ist allerdings die Ehe der Streitteile, die ursprünglich nur von Tisch und Bett geschieden war, um so mehr gemäß dem § 115 des EheG. auch dem Bande nach aufgelöst. Diese Verschiedenartigkeit des Tatbestandes hat aber nicht die Unanwendbarkeit des Judikates Nr. 32 auf den Unterhaltsanspruch der Klägerin zur Folge. Das Judikat stützt nämlich seine in dem Leitsatz zum Ausdruck gekommene Rechtsansicht in erster Linie auf die §§ 108, 117 ABGB., indem es darauf hinweist, daß das Gesetz nicht nur dem Richter des Scheidungs-, bzw. Trennungsverfahrens (nach früherem Rechte), sondern auch dem Richter des Rechtstreites über die Unterhaltsforderung der Ehegattin, der neben oder nach dem Scheidungs- oder Trennungsprozeß geführt wird, das Recht einer Provisorialverfügung einräumt. Da aber der § 117 ABGB. die Auseinandersetzung des Vermögens bei der Trennung der Ehe nach den §§ 115 f. ABGB. regelt, also die Auflösung der Ehe dem Bande nach zur Voraussetzung hat, wird seine Anwendbarkeit und damit auch die des Judikates Nr. 32 auf den gegebenen Fall durch die Tatsache, daß die Ehe der Streitteile auf Grund des § 115 EheG. dem Bande nach aufgelöst ist, nicht gehindert. Die Ansicht des Rekursgerichtes, daß die Voraussetzungen des Judikates Nr. 32 im gegebenen Fall nicht mehr zuträfen, ist daher rechtsirrig. Demzufolge war der angefochtene Beschluß aufzuheben und die Sache zur neuerlichen Entscheidung an das Rekursgericht zu verweisen, das hiebei die Frage, ob eine Gefährdung des Anspruches der Klägerin im Sinne des § 379 Abs. 2 EO. bescheinigt ist, nicht zu prüfen haben wird.

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Stichworte