OGH 1Ob247/48

OGH1Ob247/4821.7.1948

SZ 21/118

Normen

ABGB §1334
ABGB §1417
ABGB §1334
ABGB §1417

 

Spruch:

Die zuerkannte Alimentationserhöhung gebührt von dem Zeitpunkt an, da der Anspruch auf Erhöhung des Unterhalts beim Vormundschaftsgericht geltend gemacht wurde; der Zeitpunkt, in dem der Kindesvater von dem Antrag Kenntnis erlangt, ist rechtlich bedeutungslos, desgleichen der Zeitpunkt, in dem vom Kindesvater außergerichtlich eine Erhöhung begehrt worden ist.

Entscheidung vom 21. Juli 1948, 1 Ob 247/48.

I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Der erstrichterliche Beschluß wurde vom Rekursgericht teils bestätigt, teils aufgehoben. Der Oberste Gerichtshof hob den aufhebenden Teil des rekursgerichtlichen Beschlusses auf.

Rechtliche Beurteilung

Begründung

Am 30. Oktober 1947 (beim Bezirksgericht Innere Stadt eingelangt am 3. November 1947) begehrte der minderjährige H. H., vertreten durch das Städtische Bezirksjugendamt für den II. Bezirk, dem außerehelichen Kindesvater Th. W. mit Wirkung vom 1. November 1947 eine monatliche Alimentation in der Höhe von 90 S (bisherige Höhe der Alimentation 30 S) aufzutragen.

Mit Beschluß vom 29. April 1948, ONr. 36, hat das Vormundschaftsgericht den monatlichen Unterhaltsbetrag unter Abweisung des Mehrbegehrens auf 80 S erhöht, u. zw. ab 1. November 1947. Gleichzeitig wurde der Antrag des außerehelichen Kindesvaters, die Alimentationspflicht für erloschen zu erklären, abgewiesen. Dieser Beschluß wurde dem Kindesvater am 4. Mai 1948 zugestellt.

Über seinen Rekurs hat das Rekursgericht den angefochtenen Beschluß bestätigt, soweit die Alimente ab 1. Mai 1948 auf 80 S erhöht wurden und der Antrag auf Feststellung des Erlöschens der Unterhaltverpflichtung abgewiesen wurde, dagegen dem Rekurse Folge gegeben und den angefochtenen Beschluß aufgehoben, soweit die erhöhten Alimente für die Zeit vom 1. November 1947 bis 30. April 1948 zugesprochen wurden.

Die teilweise Aufhebung wurde damit begrundet, daß der Eintritt der Verpflichtung zu einer erhöhten Unterhaltsleistung erst durch die Mahnung herbeigeführt werde (§ 1417 ABGB.) und daß der Verzug der Unterhaltsverpflichtungen erst nach dem Tage der erfolgten gerichtlichen oder außergerichtlichen Mahnungen eintrete (§ 1334 ABGB.). Wenn eine außergerichtliche Mahnung nicht erfolgt sei, so führe erst die Kenntnisnahme des im Verfahren gestellten Antrages auf Erhöhung der Unterhaltsleistung mit der Wirkung einer gerichtlichen Mahnung den Verzug des Schuldners herbei. In einem solchen Falle habe die Vernehmung des Gegners nicht nur verfahrensrechtliche, sondern auch die materielle Bedeutung, daß von dem Zeitpunkte der Vernehmung an erst der mit Beschluß aufzutragende Unterhalt beginnen könne. Da in der vorliegenden Sache der Erhöhungsantrag dem außerehelichen Kindesvater nach der Aktenlage nicht zu Kenntnis gebracht wurde, so müsse festgestellt werden, ob vor dem 1. Mai 1948 eine außergerichtliche Mahnung erfolgt sei, da der Zuspruch des erhöhten Unterhaltes für die Vergangenheit davon abhängig sei, ob und wann dem außerehelichen Vater eine Mahnung zugekommen sei.

Der aufhebende Teil des Beschlusses des Rekursgerichtes wird vom Unterhaltsberechtigten angefochten. Seine Beschwerde ist begrundet.

Mit Judikat Nr. 40 (B. vom 20. August 1861, Z. 5486) hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, daß Unterhaltsansprüche eines unehelichen Kindes, soweit sie auf den Zeitraum vor Überreichung der Klage zurückgreifen, im Gesetzennicht begrundet sind, weil ein uneheliches Kind gemäß dem Grundsatz "pro praeterito nemo alitur" die Verpflegung, welche es, wenn auch von einem Dritten,schon erhalten hat, von einem unehelichen Vater nicht mehr fordern könne. Der Umstand, ob ein Ausspruch im Klagswege oder im Außerstreitwege geltend gemacht wird, kann auf den Stichtag, von dem an Alimente (erhöhte Unterhaltsbeträge) gebühren, keinen Einfluß haben, weil die Ratio des Judikates, den Unterhaltsberechtigten so zu stellen, wie er gestellt gewesen wäre, wenn der Anspruch im Zeitpunkte seiner Geltendmachung auch befriedigt worden wäre, in beiden Fällen zutrifft.

Im Sinne des für den Obersten Gerichtshof auch heute noch maßgebenden Judikates Nr. 40 gebühren daher dem Minderjährigen die erhöhten Alimente vom Tage der Einbringung des Anspruches bei Gericht (3. November 1947). Die Berufung des Rekursgerichtes auf § 1417 ABGB. zur Begründung seiner abweichenden Rechtsanschauung ist rechtsirrig, da es sich hier nicht, wie das Rekursgericht vermeint, um eine Verzugsfolge handelt, sondern um die Frage der Entstehung des erhöhten Unterhaltsanspruches; die Verzugsfolgen wären nur dann zu erörtern, wenn Verzugszinsen von den begehrten Alimenten verlangt worden wären. Daher kommt es auch nicht auf den Zeitpunkt einer etwaigen außergerichtlichen Mahnung an, weil der Erhöhungsanspruch nur durch Antragstellung bei Gericht entsteht.

Es mußte daher, da der Tag, von dem an die erhöhten Alimente zu zahlen sind, feststeht, der Beschluß des Rekursgerichtes aufgehoben werden. Das Rekursgericht hat unter Bindung an diese Rechtsauffassung des Obersten Gerichtshofes über den Rekurs des außerehelichen Kindesvaters neuerlich zu entscheiden.

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