OGH 1Ob248/46

OGH1Ob248/4616.11.1946

SZ 21/9

Normen

EO §37
EO §42
EO §44
EO §37
EO §42
EO §44

 

Spruch:

Die Sicherheitsleistung nach § 44 EO. haftet bei einer Aufschiebung der Exekution gemäß § 42, Abs. 1, Z. 5 EO. nicht nur für die Verzugszinsen, sondern auch für den allenfalls dem betreibenden Gläubiger durch Untergang oder Wertminderung der Pfandgegenstände entstandenen Schaden.

Entscheidung vom 16. November 1946, 1 Ob 248/46.

I. Instanz: Bezirksgericht Leoben; II. Instanz: Kreisgericht Leoben.

Text

Das Erstgericht gab dem mit der Widerspruchsklage nach § 37 EO. verbundenen Aufschiebungsanträge der Klägerin Folge und schob die Exekution gegen Erlag einer Sicherheit in der Höhe von 400 S auf. Dem gegen diesen Beschluß ergriffenen Rekurs der Klägerin gab das Rekursgericht teilweise Folge, indem es die Sicherheit von 400 S auf 50 S herabsetzte und den Beklagten den Ersatz von 6/8 der Rekurskosten auferlegte.

Rechtliche Beurteilung

Dem Revisionsrekurse der Beklagten, der unrichtige rechtliche Beurteilung der Sache geltend macht und Wiederherstellung des erstrichterlichen Beschlusses nebst Verfällung der Gegnerin in die Kosten der I. und II. Instanz beantragt, kommt Berechtigung zu.

Seit Änderung des § 44 EO. durch die 5. GerEntlNov. gehört jedoch der Fall der Exszindierungsklage unter den in § 44, Abs. 2, Z. 2 EO. näher bezeichneten Voraussetzungen zu jenen, in denen die Auflegung einer Sicherheitsleistung obligatorisch ist, so daß nur mehr die Höhe dieser Kaution eine Ermessenssache des Richters darstellt. Die Aufschiebung hängt nicht nur von dem drohenden Nachteil des Verpflichteten resp. sonstigen Antragstellers ab, sondern auch von billiger Rücksichtnahme auf die Interessen des betreibenden Gläubigers. Wäre die Befriedigung des vollstreckbaren Anspruches durch die Aufschiebung gefährdet und seine Sicherstellung durch eine Sicherheitsleistung nicht möglich,sso wäre der Aufschiebungsantrag abzuweisen. Vermag die Gefährdung des betreibenden Gläubigers durch eine solche Sicherheitsleistung angewendet zu werden, so ist deren Höhe von diesem Gesichtspunkt aus zu bemessen. Ihr Zweck besteht ja nur darin, dem Gläubiger für den Fall, als die angestrebte Einstellung, deren Endzweck die Widerspruchklage bildet, nicht erreicht wird, die Befriedigung zu gewährleisten. Ausgehend von dieser Erwägung (Neumann - Lichtblau I. S. 234) und von der ihr unterliegenden Idee der Interessensausgleichung (Geller's Zentralblatt 1917, Nr. 170) wird darum für die Höhe der aufzuerlegenden Kaution die mutmaßliche Höhe des bei Aufschiebung dem betreibenden Gläubiger drohenden Schadens maßgebend sein, wie der angefochtene Beschluß zutreffend ausspricht. Allein wenn dieser Beschluß glaubt, die Höhe der vollstreckbaren Forderung bei dieser Schadensberechnung außer Betracht lassen zu können, und lediglich die bei der Aufschiebung anlaufenden Verzugszinsen berücksichtigt, befindet er sich im Irrtum. Es ist vielmehr sowohl auf die Höhe der vollstreckbaren Forderung als auch auf den Wert der Pfandsache Bedacht zu nehmen (E. v. 3. März 1926, JBl. 1926, S. 134, Neumann - Lichtblau I, S. 234). Dem betreibenden Gläubiger droht bei unzulänglicher Deckung durch das Ergebnis der Pfändung die Gefahr, daß das oder die Pfandobjekte während der Zeit der Aufschiebung zugrunde gehen oder eine so erhebliche Wertverminderung erfahren könnten, daß die betriebene Forderung samt Nebengebühren im Versteigerungserlös derselben keine volle Deckung mehr findet. Um dies beurteilen zu können, muß aber vor allem auf die Höhe dieser Forderung samt Anhang und auf den Schätzwert der gepfändeten Fahrnisse Bedacht genommen werden. Aus dem vom Obersten Gerichtshof beigeschafften Pfändungsprotokoll 5 E 79/46 vom 17. Juli 1946 des Bezirksgerichtes Leoben geht nun hervor, daß beim Verpflichten außer einem Drei-Röhren-Eumig-Radioapparat pfändbare Sachen nicht vorgefunden wurden. Die Befriedigungsdeckung des betreibenden Gläubigers beschränkt sich darum ausschließlich auf diesen Apparat, der überdies in der Gewahrsame des Verpflichteten blassen wurde. Sein Wert wird von der Klägerin mit 200 S, in ihrem Rekurs später sogar nur mehr mit 50 S angegeben, während das Vollstreckungsorgan ihn vorläufig mit etwa 300 S bewertet. Unter den heutigen abnormalen Verhältnissen trifft die früher maßgebliche Erwägung nicht mehr zu, daß bei einer Versteigerung erfahrungsgemäß der Wert der gepfändeten Fahrnisse nicht erreicht wird (ZBl. 1927 Nr. 123). Vielmehr ist mit Sicherheit anzunehmen, daß für den Apparat bei dem großen Mangel an solchen Waren ein Erlös in der Höhe des Schätzwertes wird erzielt werden können. Allein die Empfindlichkeit eines nach der Aktenlage überdies nicht mehr neuen, sondern nahezu acht Jahre alten Radioapparates gegen Beschädigung, die Möglichkeit einer natürlichen Abnützung, ja eintretender Unbrauchbarkeit durch Durchbrennen der Lampen oder andere, heute nicht leicht zu behebende Gebrechen, erzeugt eine erhebliche Gefahr für die Befriedigung des betreibenden Gläubigers. Je länger aber der Widerspruchsprozeß dauert, und die Anbringung wiederholter Rechtsmittel durch die Klägerin läßt die Möglichkeit einer längeren Prozeßdauer als gegeben erscheinen, um so größer wird die Gefahr einer, sei es auch nur durch normale Abnützung verursachten weitgehenden, ja vollständigen Entwertung dieses einzigen Befriedigungsobjektes der betreibenden Partei. Es ist darum nur angemessen, die Kaution in der beiläufigen Höhe der vollstreckbaren Forderung zu bestimmen. Aus diesen Erwägungen war der erstrichterliche Beschluß wiederherzustellen.

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