VwGH Ra 2021/09/0008

VwGHRa 2021/09/000824.6.2021

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel sowie die Hofräte Dr. Doblinger, Dr. Hofbauer, Mag. Feiel und die Hofrätin Mag. Schindler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. Hotz, über die außerordentliche Revision des A B in C, vertreten durch die Oberhammer Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Karlsplatz 3/1, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. November 2020, W156 2233966‑1/4E, betreffend Antrag auf Ausstellung einer Bestätigung gemäß § 3 Abs. 8 Ausländerbeschäftigungsgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien Esteplatz), zu Recht erkannt:

Normen

AmtssitzAbk OSZE 2018
AmtssitzAbk OSZE 2018 Abschn27
AmtssitzAbk OSZE 2018 Abschn34
AmtssitzAbk OSZE 2018 ArtXIV
AmtssitzAbk OSZE 2018 ArtXVI
AuslBG §1 Abs2 litc
AuslBG §3 Abs8
MRK Art6
VwGG §42 Abs2 Z3
VwGVG 2014 §24 Abs4
VwRallg
12010P/TXT Grundrechte Charta Art47

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021090008.L00

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Der Revisionswerber ist Staatsangehöriger der Vereinigten Staaten von Amerika. Er steht als „Program Manager“ in einem Angestelltenverhältnis zu einem US‑amerikanischen Unternehmen (in der Folge: X Inc.). Diese Gesellschaft ist im Auftrag der Ständigen Vertretung der Vereinigten Staaten von Amerika zur Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) (in der Folge: US‑Delegation) im Rahmen des REACT‑Programms tätig, indem sie exklusiv Dienstleistungen wie die Vorauswahl zu entsendender Experten, die Entsendung sowie die Beendigung der Entsendung von US‑Staatsangehörigen zur OSZE besorgt.

2 Mit Antrag vom 12. Dezember 2019 begehrte der Revisionswerber die Ausstellung einer Bestätigung nach § 3 Abs. 8 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), weil er aufgrund seiner Tätigkeit im Auftrag der US‑Delegation während seines Aufenthalts in Österreich vom Anwendungsbereich des Ausländerbeschäftigungsgesetzes gemäß § 1 Abs. 2 lit. c AuslBG ausgenommen sei.

3 Diesen Antrag wies die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde mit Bescheid vom 10. Juni 2020 ab.

4 Begründend führte sie dazu im Wesentlichen aus, dass Mitarbeiter von privatwirtschaftlichen Unternehmen, wie der X Inc., grundsätzlich keine amtlichen Aufgaben im Sinn von Artikel XIV Abschnitt 24 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) über den Amtssitz der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE‑Amtssitzabkommen) wahrnehmen könnten. Die X Inc. erbringe selbst keine amtlichen Aufgaben, sie werde lediglich im Auftrag der US‑Delegation tätig. Alleine aus der Zusammenarbeit mit der OSZE könne nicht abgeleitet werden, dass Mitarbeiter, die bei der X Inc. tätig seien, sich auf dieselben diplomatischen Vorrechte berufen könnten, wie Personen, die direkt bei der OSZE angestellt seien. Auch die direkte Wahrnehmung amtlicher Aufgaben im Sinn von Artikel XIV Abschnitt 24 OSZE‑Amtssitzabkommen sei nicht nachvollziehbar.

5 In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde beantragte der Revisionswerber die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und brachte zu den strittigen Punkten zusammengefasst vor, dass er als Mitglied der US‑Delegation in Wien im Sinn von Artikel XIV Abschnitt 24 lit. a OSZE‑Amtssitzabkommen zu erachten sei. Dafür spreche auch, dass er aufgrund seiner Position als wesentliches Mitglied der US‑Delegation das Privileg der Steuerbefreiung genieße. Hilfsweise sei er als „andere Person“ im Sinn von Artikel XIV Abschnitt 24 lit. a OSZE‑Amtssitzabkommen anzusehen, die bei der OSZE in Wien amtliche Aufgaben wahrnehme, die der X Inc. durch das Department of State der Vereinigten Staaten von Amerika übertragen worden seien. Darüber hinaus sei er eventualiter als „Sachverständiger“ anzusehen, weil er durch die Vorauswahl passender Kandidaten für die bei der OSZE zur Verfügung stehenden Tätigkeiten im Sinn von Artikel XVI Abschnitt 32 OSZE‑Amtssitzabkommen auf Ersuchen der OSZE mit dieser Beratungen pflege.

6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde ohne Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung als unbegründet ab. Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG erklärte es für nicht zulässig.

7 Über den eingangs ausgeführten Sachverhalt hinaus hielt das Verwaltungsgericht fest, dass der Revisionswerber in keinem Beschäftigungsverhältnis zur OSZE oder der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika stehe. Bei der X Inc. handle es sich um ein privatwirtschaftliches Unternehmen.

8 Im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung führte das Verwaltungsgericht weiter aus, dass die X Inc. im Auftrag der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika agiere und vom Department of State seit 20 Jahren exklusiv mit der Abwicklung der Entsendungen zum REACT‑Programm betraut sei. Das REACT‑Programm sei ein Programm der OSZE, über welches Experten binnen einer kurzen Bewerbungsphase als entsandte Mitglieder einer Ständigen Vertretung der OSZE aufgenommen werden könnten. Die zu entsendenden Experten seien jeweils von den Entsendestaaten (fallbezogen von den Vereinigten Staaten von Amerika) an die OSZE zu sekundieren. Lediglich die Bewerbungen bei der OSZE müssten bei einem designierten Kontaktpunkt des Mitgliedsstaates eingebracht werden (fallbezogen der X Inc.). Es werde in der Beschwerde nicht bestritten, dass die X Inc. nicht mit der OSZE direkt zusammenarbeite, sondern Tätigkeiten für die US‑Delegation erbringe. Die X Inc. erbringe ihre Tätigkeiten zwar exklusiv, d.h. ohne Abwicklung über die X Inc. wäre eine Entsendung von Delegationsmitgliedern nicht möglich, allerdings trete die X Inc. nicht als Entsendebehörde (seconding authority) in Erscheinung.

9 Rechtlich kam das Verwaltungsgericht fallbezogen zum Schluss, der Revisionswerber übe keine Tätigkeit in der diplomatischen oder konsularischen Vertretung der Vereinigten Staaten von Amerika aus, ebenso wenig in der mit diplomatischen Vorrechten ausgestatteten zwischenstaatlichen Organisation OSZE oder in der US‑Delegation. Der Revisionswerber stehe lediglich als „Program Manager“ und Hauptverantwortlicher des REACT‑Auftrags in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis zur X Inc. Wenngleich die X Inc. auch Tätigkeiten für die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika erbringe, falle der Revisionswerber aufgrund seines privatrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses zur X Inc. dennoch nicht unter die Ausnahmebestimmung des § 1 Abs. 2 lit. c AuslBG, weshalb die Beschwerde als unbegründet abzuweisen gewesen sei.

10 Den Entfall der mündlichen Verhandlung begründete das Verwaltungsgericht damit, dass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht erforderlich gewesen sei, weil weder dem Grundsatz der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs durch eine mündliche Verhandlung besser und effizienter habe entsprochen werde können, noch stehe dem Entfall der mündlichen Verhandlung nach § 24 Abs. 4 VwGVG Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) entgegen. Der Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheids erscheine aus der Aktenlage geklärt und in der Beschwerde seien keine Rechts‑ oder Tatfragen ausgeworfen worden, deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätten.

11 Die Unzulässigkeit der Revision begründete das Verwaltungsgericht fallunspezifisch mit dem Fehlen grundsätzlicher Rechtsfragen und der klaren Regelung des § 1 Abs. 2 lit. c AuslBG.

12 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde erstatte in dem vom Verwaltungsgerichtshof durchgeführten Vorverfahren eine Revisionsbeantwortung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

13 Der Revisionswerber sieht die Zulässigkeit seiner Revision zunächst darin gelegen, dass das Verwaltungsgericht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Erforderlichkeit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgewichen sei. Schon unter diesem Aspekt ist die Revision zulässig und auch begründet.

14 Die maßgeblichen Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975, in der hier noch anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 54/2021, lauten (auszugsweise):

„§ 1. (1) Dieses Bundesgesetz regelt die Beschäftigung von Ausländern (§ 2) im Bundesgebiet.

(2) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sind nicht anzuwenden auf:

...

c)Ausländer hinsichtlich ihrer Tätigkeiten in diplomatischen oder berufskonsularischen Vertretungen oder in mit diplomatischen Vorrechten ausgestatteten zwischenstaatlichen Organisationen oder in ständigen Vertretungen bei solchen Organisationen oder hinsichtlich ihrer Tätigkeiten als Bedienstete solcher Ausländer;

...

§ 2. (1) Als Ausländer im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt, wer nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt.

...

§ 3. ...

(8) Die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice hat Ausländern, die gemäß § 1 Abs. 2 oder aufgrund einer Verordnung gemäß § 1 Abs. 4 vom Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes ausgenommen sind, auf deren Antrag eine Bestätigung darüber auszustellen.

...“

15 Das Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) über den Amtssitz der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (in der Folge OSZE‑Amtssitzabkommen), BGBl. III Nr. 84/2018, lautet (auszugsweise):

„Artikel XIII

Durchreise und Aufenthalt

Abschnitt 20

(a)Hinsichtlich der nachstehend angeführten Personen wird die Regierung alle erforderlichen Maßnahmen treffen, um deren Einreise in das und den Aufenthalt im Gebiet der Republik Österreich zu erleichtern und wird ihrer Ausreise aus dem Gebiet der Republik Österreich keine Hindernisse in den Weg legen und dafür sorgen, dass sie bei ihren Reisen zum und vom Amtssitz der OSZE nicht behindert werden, sowie ihnen während der Reise jeden erforderlichen Schutz zuteilwerden lassen:

(i)Mitgliedern von Ständigen Vertretungen und Delegationen der Teilnehmerstaaten zur OSZE in Wien und von Büros der Sonderbeauftragten des amtierenden Vorsitzenden, deren Familien und sonstigen Haushaltsangehörigen sowie dem Kanzlei- und anderen Hilfspersonal und den Ehegatten und unterhaltsberechtigten Kindern dieses Personals;

(ii) Mitgliedern von Ständigen Vertretungen und Delegationen von Kooperationspartnern, anderen Staaten und zwischenstaatlichen Organisationen zur OSZE in Wien, deren Familien und sonstigen Haushaltsangehörigen sowie dem Kanzlei‑ und Hilfspersonal und den Ehegatten und unterhaltsberechtigten Kindern dieses Personals;

(iii) Angestellte der OSZE mit Dienstort Wien, deren Familien und sonstigen Haushaltsangehörigen;

(iv) Sachverständigen im Auftrag der OSZE sowie deren Ehegatten;

(v) Anderen Personen, die von der OSZE an ihren Amtssitz zur Wahrnehmung amtlicher Aufgaben eingeladen werden. Der Generalsekretär hat der Regierung die Namen dieser Personen vor ihrer beabsichtigten Einreise bekanntzugeben.

...

Artikel XIV

Vertreter zur OSZE und bei der OSZE amtliche Aufgaben wahrnehmende Personen

Abschnitt 22

Ständige Vertretungen zur OSZE in Wien genießen die gleichen Privilegien und Immunitäten, wie sie diplomatischen Vertretungsbehörden in Österreich eingeräumt werden. Dasselbe gilt für die Büros von Sonderbeauftragten des amtierenden Vorsitzes, wenn der Vorsitz von einem anderen Staat geführt wird.

Abschnitt 23

(a)Mitglieder von Ständigen Vertretungen von Teilnehmerstaaten zur OSZE in Wien, sowie Mitglieder der Büros von Sonderbeauftragten des amtierenden Vorsitzes während der Ausübung ihrer Funktionen, genießen die gleichen Privilegien und Immunitäten, wie sie Mitgliedern vergleichbaren Ranges diplomatischer Vertretungsbehörden in Österreich eingeräumt werden.

...

Abschnitt 24

(a)Vertreter von Staaten oder zwischenstaatlichen Organisationen bei Tagungen der OSZE oder von ihr einberufenen Tagungen, Mitglieder der Parlamentarischen Versammlung der OSZE und andere Personen, die bei der OSZE in Wien amtliche Aufgaben wahrnehmen, genießen während der Ausübung ihrer Funktionen und auf ihren Reisen nach und aus Österreich die folgenden Privilegien und Immunitäten:

...

(iv) Befreiung von Einwanderungsbeschränkungen, von der Ausländerregistrierung oder vom nationalen Dienst in der Republik Österreich für sich selbst und für ihre Ehegatten in Ausübung ihrer Aufgaben;

...

Abschnitt 27

Die OSZE wird der Regierung eine Liste der unter die Bestimmungen dieses Artikels fallenden Personen übermitteln und diese nach Bedarf von Zeit zu Zeit revidieren.

...

Artikel XVI

Sachverständige im Auftrag der OSZE

Abschnitt 32

Sachverständige (soweit es sich nicht um Angestellte der OSZE handelt, die unter Artikel XV fallen), die von der OSZE genehmigte Aufträge ausführen, Unterorganen oder Arbeitsgruppen der OSZE angehören oder auf Ersuchen der OSZE mit der OSZE auf irgendeiner Weise Beratungen pflegen, genießen in und gegenüber der Republik Österreich die folgenden Privilegien und Immunitäten, soweit diese für die unabhängige Ausübung ihrer Funktionen erforderlich sind:

...

(e) Befreiung von Einwanderungsbeschränkungen, von der Ausländerregistrierung und vom nationalen Dienst für sich selbst und ihre Ehegatten;

...

Abschnitt 34

(a) Der Generalsekretär wird der Regierung eine Liste der in diesem Artikel genannten Personen übermitteln und diese nach Bedarf von Zeit zu Zeit revidieren.

...“

16 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG von der Durchführung einer Verhandlung absehen kann, soweit durch Bundes‑ oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen. Eine Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ist daher durchzuführen, wenn es um „civil rights“ oder „strafrechtliche Anklagen“ im Sinn des Art. 6 EMRK oder um die Möglichkeit der Verletzung einer Person eingeräumter Unionsrechte (Art. 47 GRC) geht und eine inhaltliche Entscheidung in der Sache selbst getroffen wird. Bei einem rechtswidrigen Unterlassen einer nach Art. 6 EMRK erforderlichen mündlichen Verhandlung ist keine Relevanzprüfung hinsichtlich des Verfahrensmangels vorzunehmen (vgl. VwGH 25.9.2019, Ra 2018/09/0211, mwN).

17 Der Verwaltungsgerichtshof hat ferner bereits mehrfach festgehalten, dass es sich bei der Zulassung von Ausländern zu einer Beschäftigung (etwa) als Schlüsselkraft um ein „civil right“ im Sinn der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte handelt (siehe etwa VwGH 20.3.2019, Ra 2018/09/0136, mwN; ebenso VwGH 22.2.2018, Ra 2017/09/0006, zur Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung). Nichts anderes gilt unter diesem Gesichtspunkt für die Ausstellung einer Bestätigung nach § 3 Abs. 8 AuslBG (siehe abermals VwGH 25.9.2019, Ra 2018/09/0211, zu einer Bestätigung nach § 3 Abs. 8 AuslBG für einen Unionsbürger). Gleichermaßen ist daher die hier gegenständliche Entscheidung über einen solchen Antrag betreffend einen Ausländer hinsichtlich seiner Tätigkeiten in einer mit diplomatischen Vorrechten ausgestatteten zwischenstaatlichen Organisation oder in einer ständigen Vertretung bei einer solchen Organisation als eine solche über ein „civil right“ zu beurteilen.

18 Anders als das Verwaltungsgericht annahm, wurden vom Revisionswerber im Verfahren auch Tatsachenfragen aufgeworfen, die einer Behandlung in einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht bedurft hätten. So hat der Revisionswerber ‑ wie er auch in seiner Revision geltend macht ‑ bereits in seiner Beschwerde im Wesentlichen vorgebracht, er sei als wesentliches Mitglied der US‑Delegation zur OSZE zu betrachten, weshalb er auch das Privileg der Steuerbefreiung genieße. Mit diesem Vorbringen setzte sich das Bundesverwaltungsgericht in seinem Erkenntnis nicht auseinander und es führte dazu auch kein Ermittlungsverfahren durch.

19 Für die Einordnung eines Ausländers unter den Ausnahmetatbestand des § 1 Abs. 2 lit. c AuslBG ist im Falle mit diplomatischen Vorrechten ausgestatteter zwischenstaatlicher Organisationen hinsichtlich des Umfangs der eingeräumten Privilegien auf das jeweilige Amtssitzabkommen abzustellen (in diesem Sinn VwGH 9.11.2010, 2007/09/0205, zum Wiener Übereinkommen über konsularische Beziehungen). Ein Ausschluss von der Einräumung diplomatischer Vorrechte durch das Vorliegen eines privatwirtschaftlichen Beschäftigungsverhältnisses ‑ wie dies das Bundesverwaltungsgericht annahm ‑ ist dem OSZE‑Amtssitzabkommen nicht zu entnehmen. Hingegen sind von der OSZE der Bundesregierung sowohl nach Abschnitt 27 wie auch nach Abschnitt 34 OSZE‑Amtssitzabkommen Listen der unter die Bestimmungen des Artikel XIV bzw. Artikel XVI OSZE‑Amtssitzabkommen fallenden Personen zu übermitteln (vgl. dazu ErläutRV 12 BlgNR 26. GP  5, wonach dies u.a. dazu dient, den zuständigen österreichischen Behörden die Aufgabe zu erleichtern, festzustellen, inwieweit einer Person Privilegien zustehen). Erhebungen in diesem Zusammenhang führte das Verwaltungsgericht ebenfalls nicht durch.

20 Das Verwaltungsgericht hätte somit nicht von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung absehen dürfen.

21 Das angefochtene Erkenntnis war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG aufzuheben.

22 Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 24. Juni 2021

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