VwGH Ra 2018/09/0211

VwGHRa 2018/09/021125.9.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rosenmayr, die Hofräte Dr. Doblinger, Dr. Hofbauer, Mag. Feiel und die Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Hotz, über die außerordentliche Revision des S G in W, vertreten durch Mag.a Doris Einwallner, Rechtsanwältin in 1050 Wien, Schönbrunner Straße 26/3, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Oktober 2018, W151 2165616-1/6E, betreffend Antrag auf Ausstellung einer Bestätigung nach § 3 Abs. 8 Ausländerbeschäftigun gsgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien Esteplatz), zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §12
AuslBG §12b
AuslBG §12c
AuslBG §15
AuslBG §15 Abs1 Z1
AuslBG §3 Abs8
AuslBG §32a Abs2 Z2
AuslBG §32a Abs4
EURallg
MRK Art6
NAG 2005 §8 Abs1 impl
VwGG §42 Abs2 Z1
VwGVG 2014 §24 Abs1
VwGVG 2014 §24 Abs4
VwGVG 2014 §28 Abs2 Z1
VwRallg
12010P/TXT Grundrechte Charta Art47
32004L0038 Unionsbürger-RL Art7

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018090211.L00

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Bescheid vom 9. Mai 2017 wies die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde den Antrag des Revisionswerbers auf Ausstellung einer Bestätigung gemäß § 3 Abs. 8 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), dass er nicht dem Ausländerbeschäftigungsgesetz unterliege, ab.

2 Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber die mit dem Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung verbundene Beschwerde.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde ohne eine mündliche Verhandlung durchzuführen ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

4 Das Verwaltungsgericht traf dazu folgende Feststellungen:

"Der (Revisionswerber) ist ein am 15.05.1962 geborener kroatischer Staatsangehöriger und stellte am 15.12.2016 beim Arbeitsmarktservice Wien (...) einen Antrag auf Freizügigkeitsbestätigung. Er war von 1964 bis 1985 und erneut seit 1986 in Österreich aufhältig.

Dem (Revisionswerber) kommt ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht zu. Ein Niederlassungsrecht gemäß § 8 Abs. 1 Z 1- 11 NAG wurde nicht nachgewiesen."

5 Die Feststellungen zum Aufenthalt - so führte das Verwaltungsgericht beweiswürdigend aus - ergäben sich aus den vorgelegten unbedenklichen Urkunden; Anhaltspunkte, dass dem Revisionswerber ein Niederlassungsrecht in Österreich zukomme, lägen nicht vor, weil bis zum Schluss des Verfahrens kein entsprechendes Vorbringen erstattet worden sei, sich ein solches aus der Aktenlage nicht ergebe und kein Nachweis über den Erwerb eines solchen Niederlassungstitels erbracht worden sei. 6 Rechtlich führte das Bundesverwaltungsgericht fallbezogen aus, dass nach § 1 Abs. 2 lit. l AuslBG Ausländer, die aufgrund eines Rechtsaktes der Europäischen Union Arbeitnehmerfreizügigkeit genießen, vom Anwendungsbereich des Ausländerbeschäftigungsgesetzes

ausgenommen seien. Diese Bestimmung gelte jedoch nicht für kroatische Staatsangehörige. Diesbezüglich sei auf § 32a AuslBG zu verweisen. Der Revisionswerber gehöre auch nicht einer durch Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales im Sinn des § 1 Abs. 4 AuslBG ausgenommenen Personengruppe an. 7 Wenn der Revisionswerber sich darauf stütze, seit dem Jahr 1964 durchgehend und rechtmäßig in Österreich aufhältig zu sein und auf die Aufhebung eines Aufenthaltsverbots durch Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 10. November 2014 verweise, helfe ihm das nichts. Aus einer Zusammenschau von § 15 Abs. 1 Z 1 AuslBG und § 8 Abs. 1 Z 1 bis 11 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ergebe sich, dass das Bestehen eines Aufenthaltsrechts für die Erfüllung der Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Z 1 AuslBG nicht von Relevanz sei, weil hier ausdrücklich auf eine zweijährige Niederlassung abgestellt werde. Das Vorliegen eines Niederlassungsrechts des Revisionswerbers sei hier jedoch weder vorgebracht noch durch entsprechende Urkunden nachgewiesen worden. Ein solches könne auch aufgrund der Aktenlage nicht erkannt werden.

8 Die vom Revisionswerber vorgelegte Anmeldebescheinigung dokumentiere nur sein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht für mehr als drei Monate. Damit werde aber kein Niederlassungsrecht begründet oder dokumentiert. Der Befreiungsschein vom 13. September 1989 habe gemäß § 32 Abs. 1 Z 11 NAG mit Ablauf der Geltungsdauer mit 12. September 1992 seine Gültigkeit verloren. 9 Der Revisionswerber habe daher lediglich ein gültiges unionsrechtliches Aufenthaltsrecht in Österreich nachgewiesen, jedoch kein Niederlassungsrecht, womit keine der Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 AuslBG erfüllt sei und kein Anspruch auf Ausstellung einer Freizügigkeitsbestätigung nach § 32a Abs. 4 AuslBG bestehe.

10 Den Entfall der mündlichen Verhandlung begründete das Verwaltungsgericht damit, dass ungeachtet des dahingehenden Antrags des Revisionswerbers "der festgestellte Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt" scheine. Dem Entfall der Verhandlung stünden auch weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegen.

11 Die Unzulässigkeit der Revision wurde ohne Bezugnahme auf den konkreten Fall mit dem Fehlen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung begründet.

12 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhalts und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende außerordentliche Revision. Die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde erstattete in dem vom Verwaltungsgerichtshof durchgeführten Vorverfahren eine Revisionsbeantwortung, in der sie die Zurückweisung, hilfsweise die Abweisung der Revision beantragte.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

13 Der Revisionswerber sieht die Zulässigkeit seiner Revision unter anderem darin, dass das Verwaltungsgericht, indem es die beantragte Verhandlung nicht durchgeführt habe, obwohl Gegenstand der Entscheidung ein "civil right" gewesen sei und auch keine "außergewöhnlichen Umstände" im Sinn der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vorlägen, die den Entfall einer mündlichen Verhandlung rechtfertigten, von der (näher dargelegten) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen sei.

14 Die Revision ist bereits aus diesem Grund zulässig; sie ist auch begründet.

15 Die maßgeblichen Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsges etzes (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975, §§ 1 und 3 in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, § 15 in der Fassung BGBl. I Nr. 72/2003, § 32a in der Fassung BGBl. I Nr. 66/2017, lauten (auszugsweise):

"Geltungsbereich

§ 1. (1) Dieses Bundesgesetz regelt die Beschäftigung von Ausländern (§ 2) im Bundesgebiet.

(2) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sind nicht anzuwenden auf

...

l) Ausländer, die aufgrund eines Rechtsaktes der Europäischen Union Arbeitnehmerfreizügigkeit genießen;

...

Voraussetzungen für die Beschäftigung von Ausländern

§ 3. ...

(8) Die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice hat Ausländern, die gemäß § 1 Abs. 2 oder aufgrund einer Verordnung gemäß § 1 Abs. 4 vom Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes ausgenommen sind, auf deren Antrag eine Bestätigung darüber auszustellen.

...

Niedergelassene Ausländer

§ 15. (1) Ausländern, die im Besitz einer ‚Niederlassungsbewilligung' oder einer ‚Niederlassungsbewilligung - Angehöriger' sind, wird im Rahmen eines Zweckänderungsverfahrens zur Erteilung einer ‚Rot-Weiß-Rot - Karte plus' unbeschränkter Arbeitsmarktzugang eingeräumt (§ 17), wenn sie

1. seit zwei Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen und fortgeschritten integriert sind oder

2. im Besitz einer gültigen Arbeitserlaubnis oder eines gültigen Befreiungsscheines sind oder

3. Ehegatte, eingetragener Partner oder minderjähriges lediges Kind (einschließlich Stief- und Adoptivkind) eines Ausländers gemäß Z 1 oder 2 und bereits zwölf Monate rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen sind.

(2) Als fortgeschritten integriert im Sinne des Abs. 1 Z 1 gelten Personen, die bereits erlaubt im Bundesgebiet beschäftigt waren oder deren Zulassung zu einer Beschäftigung im Hinblick auf ihre besondere soziale und familiäre Verankerung in Österreich geboten ist. Dazu gehören insbesondere nachgezogene Familienangehörige, die das Modul I der Integrationsvereinbarung erfüllt haben. Bei Opfern familiärer Gewalt kann vom Erfordernis einer zweijährigen rechtmäßigen Niederlassung abgesehen werden, wenn die Aufnahme einer Beschäftigung zur Sicherung einer selbständigen Lebensführung geboten ist.

Übergangsbestimmungen zur EU-Erweiterung

§ 32a. (1) Staatsangehörige der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die am 1. Jänner 2007 aufgrund des Vertrages über den Beitritt der Republik Bulgarien und Rumäniens zur Europäischen Union (Beitrittsvertrag von Luxemburg), Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 157 vom 21. Juni 2005, Seite 11, der Europäischen Union beigetreten sind, genießen keine Arbeitnehmerfreizügigkeit im Sinne des § 1 Abs. 2 lit. l, es sei denn, sie sind Angehörige eines gemeinschaftsrechtlich aufenthaltsberechtigten Staatsangehörigen eines anderen EWR-Mitgliedstaates gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 bis 3 NAG.

(2) EU Bürger gemäß Abs. 1 haben unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt, wenn sie

1. am Tag des Beitritts oder nach dem Beitritt rechtmäßig im Bundesgebiet beschäftigt sind und ununterbrochen mindestens zwölf Monate zum Arbeitsmarkt zugelassen waren oder

  1. 2. die Voraussetzungen des § 15 sinngemäß erfüllen oder
  2. 3. seit fünf Jahren im Bundesgebiet dauernd niedergelassen sind und über ein regelmäßiges Einkommen aus erlaubter Erwerbstätigkeit verfügen.

    ...

(4) Das Recht auf unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt gemäß Abs. 2 und 3 ist von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zu bestätigen. Die Bestätigung ist vor Beginn der Beschäftigung einzuholen. Der Arbeitgeber hat eine Ausfertigung der Bestätigung im Betrieb zur Einsichtnahme bereitzuhalten. Die Bestätigung erlischt bei Ausreise aus dem Bundesgebiet aus einem nicht nur vorübergehenden Grunde.

...

(11) Aufgrund des Vertrages über den Beitritt der Republik Kroatien zur Europäischen Union, ABL. Nr. L 112 vom 24.04.2012 S. 10, gelten die Abs. 1 bis 9 ab dem EU-Beitritt Kroatiens sinngemäß für Staatsangehörige der Republik Kroatien und für Arbeitgeber mit Betriebssitz in der Republik Kroatien. Kroatischen Staatsangehörigen, die bis zum Beitritt gemäß § 17 zur Ausübung einer Beschäftigung im gesamten Bundesgebiet berechtigt waren, ist ohne weitere Prüfung ein unbeschränkter Arbeitsmarktzugang zu bestätigen. Die Abs. 3 und 4 sind mit der Maßgabe anzuwenden, dass den dort genannten Familienangehörigen in den ersten zwei Jahren ab dem Beitritt unbeschränkter Arbeitsmarktzugang nur dann zu bestätigen ist, wenn sie mit dem kroatischen Staatsangehörigen, der bereits unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt hat, am Tag des Beitritts oder, sofern sie erst später nachziehen, mindestens achtzehn Monate einen gemeinsamen rechtmäßigen Wohnsitz im Bundesgebiet hatten. Diese Frist entfällt, wenn der kroatische Staatsangehörige bis zum Beitritt über eine ‚Rot-Weiß-Rot - Karte', eine ‚Rot-Weiß-Rot - Karte plus', eine ‚Blaue Karte EU' oder einen Aufenthaltstitel ‚Daueraufenthalt - EG' verfügt hat."

16 § 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, lautet (auszugsweise):

"Begriffsbestimmungen

§ 2. ...

(2) Niederlassung ist der tatsächliche oder zukünftig beabsichtigte Aufenthalt im Bundesgebiet zum Zweck

1. der Begründung eines Wohnsitzes, der länger als sechs Monate im Jahr tatsächlich besteht;

2. der Begründung eines Mittelpunktes der Lebensinteressen oder

3. der Aufnahme einer nicht bloß vorübergehenden Erwerbstätigkeit.

..."

17 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG von der Durchführung einer Verhandlung absehen kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) entgegenstehen. Eine Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ist daher durchzuführen, wenn es um "civil rights" oder "strafrechtliche Anklagen" im Sinn des Art. 6 EMRK oder um die Möglichkeit der Verletzung einer Person eingeräumter Unionsrechte (Art. 47 GRC) geht und eine inhaltliche Entscheidung in der Sache selbst getroffen wird (VwGH 22.2.2018, Ra 2017/09/0006, mwN). Bei einem rechtswidrigen Unterlassen einer nach Art. 6 EMRK erforderlichen mündlichen Verhandlung ist keine Relevanzprüfung hinsichtlich des Verfahrensmangels vorzunehmen. Diese zu Art. 6 EMRK entwickelte Rechtsprechung findet in gleicher Weise für das auf Art. 47 GRC gestützte Recht auf mündliche Verhandlung Anwendung (vgl. VwGH 27.5.2015, Ra 2014/12/0021, ua).

18 Der Verwaltungsgerichtshof hat ferner bereits mehrfach festgehalten, dass es sich bei der Zulassung von Ausländern zu einer Beschäftigung (etwa) als Schlüsselkraft um ein "civil right" im Sinn der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte handelt (siehe etwa VwGH 20.3.2019,

Ra 2018/09/0136, mwN; ebenso VwGH 22.2.2018, Ra 2017/09/0006, zur Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung). Nichts anderes gilt unter diesem Gesichtspunkt für die Ausstellung einer Bestätigung nach § 3 Abs. 8 (oder auch § 32a Abs. 4) AuslBG an einen Unionsbürger in dem vorliegenden Zusammenhang, leitet sich ein allfälliger Zugang zum inländischen Arbeitsmarkt diesfalls doch aus seinem unmittelbar auf das Unionsrecht rückführbaren Aufenthalts- und Niederlassungsrecht ab (vgl. dazu etwa VwGH 26.4.2016, Ra 2015/09/0137, Rn. 10).

19 Dass hier besondere Umstände vorlägen, die das Absehen von einer mündlichen Verhandlung rechtfertigten, begründete das Verwaltungsgericht nicht fallbezogen; dies ist auch nicht ersichtlich.

20 Die Durchführung einer Verhandlung und das anschließende Treffen konkreter Feststellungen zur Lösung des Falls wären auch geboten gewesen:

21 Zunächst verkennt das Bundesverwaltungsgericht offenbar seine Aufgabe bei der Behandlung der Beschwerde: Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat das Verwaltungsgericht (sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist) und die Voraussetzung des § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG erfüllt ist "in der Sache selbst" zu entscheiden. Dies bedeutet, dass das Verwaltungsgericht über den Inhalt der vor der Verwaltungsbehörde behandelten Rechtssache abspricht, wobei sie entweder die Beschwerde gegen den verwaltungsbehördlichen Bescheid abweist oder dieser durch seine Entscheidung Rechnung trägt. Das Verwaltungsgericht hat somit nicht nur die gegen den verwaltungsbehördlichen Bescheid eingebrachte Beschwerde, sondern auch die Angelegenheit zu erledigen, über die von der Verwaltungsbehörde zu entscheiden war (vgl. etwa VwGH 13.9.2017, Ro 2016/12/0024, mwN).

22 Wenn nun das Bundesverwaltungsgericht im Zusammenhang mit § 15 Abs. 1 Z 1 AuslBG eine Niederlassung des Revisionswerbers am Vorliegen eines Aufenthaltstitels nach § 8 Abs. 1 Z 1 bis 11 NAG festmachen will, übersieht es dabei, dass dieser als Unionsbürger sein Recht auf Aufenthalt für mehr als drei Monate unmittelbar aus Art. 7 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 (Freizügigkeitsrichtlinie bzw. Unionsbürgerrichtlinie) ableitet. In diesen Fällen ergibt sich das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht Kraft unmittelbar anwendbaren Unionsrechts (siehe abermals VwGH 26.4.2016, Ra 2015/09/0137; vgl. auch VwGH 24.11.2009, 2007/21/0011). Dementsprechend ordnet § 32a Abs. 2 Z 2 AuslBG an, dass die Voraussetzungen des § 15 AuslBG (bloß) sinngemäß zu erfüllen sind. Auf das Vorliegen eines in § 8 Abs. 1 Z 1 bis 11 NAG aufgezählten Aufenthaltstitels kommt es in diesem Fall nicht an. 23 Im Hinblick auf die dem Revisionswerber ausgestellte Anmeldebescheinigung hätte das Verwaltungsgericht daher das Vorliegen der Voraussetzungen zur Ausstellung der beantragten Bestätigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz zu prüfen gehabt (siehe nochmals VwGH 26.4.2016, Ra 2015/09/0137, Rn. 11). Dazu hätte es - im Rahmen einer mündlichen Verhandlung - auf das sachverhaltsbezogene Vorbringen des Revisionswerbers zu seiner bisherigen legalen Arbeitstätigkeit im Bundesgebiet sowie eine fortgeschrittene Integration einzugehen und anschließend entsprechende Feststellungen zu treffen gehabt.

24 Das angefochtene Erkenntnis war daher wegen der vorrangig wahrzunehmenden Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

25 Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 25. September 2019

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