Normen
BetriebsO 1994 §6 Abs1 Z3
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021030317.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht ‑ in Bestätigung eines entsprechenden Bescheides der belangten Behörde ‑ den Antrag des Revisionswerbers auf Erteilung eines Taxilenkerausweises gemäß § 6 Abs. 1 Z 3 der Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr (BO 1994) ab. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte es gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG für nicht zulässig.
2 Das Verwaltungsgericht stellte fest, dass der Revisionswerber im Zeitraum von August 2016 bis März 2020 insgesamt 34 ‑ in der Entscheidung näher, nach Übertretungsnorm, zu Grunde liegendem Verhalten und Datum der Rechtskraft der Entscheidung beschriebene ‑ Vormerkungen wegen Verwaltungsübertretungen nach dem KFG und der StVO 1960 aufweise. Der Revisionswerber habe zwar bestritten, die relevierten Übertretungen des § 103 Abs. 2 KFG begangen zu haben; dieses Vorbringen sei aber schon wegen der Bindung an die entsprechenden rechtskräftigen Bestrafungen nicht zielführend. Zudem habe der Revisionswerber kein substantiiertes Vorbringen erstattet, warum die Bestrafungen zu Unrecht erfolgt seien. Überdies habe die belangte Behörde das Fehlen der Vertrauenswürdigkeit des Revisionswerbers auch auf dessen andere zahlreiche Verwaltungsübertretungen gestützt.
3 Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung legte das Verwaltungsgericht einleitend im Wesentlichen dar, dass die iSd § 6 Abs. 1 Z 3 BO 1994 für die Ausstellung des Ausweises nach § 4 BO 1994 erforderliche Vertrauenswürdigkeit ausgehend vom Gesamtverhalten des Betroffenen zu beurteilen sei und das Vorhandensein der nach der Eigenart des Gewerbes erforderlichen Eigenschaften bei den im Fahrdienst verwendeten Personen hinsichtlich ihrer Zuverlässigkeit gewährleisten solle. Ausgehend von dem in § 6 Abs. 1 Z 3 BO 1994 festgelegten Beurteilungszeitraum von fünf Jahren sei das Gesamtverhalten des Betroffenen in diesem Zeitraum danach zu bewerten, ob es die Annahme begründe, er sei nicht vertrauenswürdig; länger zurück liegendes Verhalten wiege dabei weniger schwer als aktuelle Verstöße (jeweils Hinweis auf Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs).
4 Der Revisionswerber weise aktuelle und gravierende Verstöße gegen Verkehrsvorschriften auf, zumal näher genannte Übertretungen der StVO 1960 geeignet seien, die Sicherheit eventuell beförderter Fahrgäste zu gefährden und verdeutlichten, dass der Revisionswerber nicht gewillt sei, auch sehr einfach nachvollziehbare Anordnungen des Gesetzgebers zu befolgen (was näher ausgeführt wurde). Aber auch die 20 rechtskräftigen Bestrafungen wegen der Übertretung des § 103 Abs. 2 KFG zeigten durch die Negierung der Rechtsordnung ein Verhalten, das den Revisionswerber als nicht vertrauenswürdig erscheinen lasse.
5 Auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung habe verzichtet werden können, zumal das durch die Aktenlage objektivierte kontinuierliche Fehlverhalten des Revisionswerbers dessen Vertrauenswürdigkeit ausschließe und ausgehend vom insoweit geklärten Sachverhalt und der zu beantwortenden Rechtsfrage in der Beschwerde keine Rechts‑ oder Tatfragen aufgeworfen worden seien, deren Beantwortung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte (Hinweis auf Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs).
6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 Die demnach für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision allein maßgebende Zulässigkeitsbegründung der Revision macht zusammengefasst Folgendes geltend:
11 Die Begründung des angefochtenen Erkenntnisses weiche „von bisherigen Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs“ ab, „insbesondere auch im Verfahrensbereich zur Frage des rechtlichen Gehörs bzw. Verzicht auf Durchführung einer Verhandlung bzw. Aktenbeischaffung“. Es liege zu der mit 1. Jänner 2021 in Kraft getretenen Änderung der BO 1994 durch die Novelle BGBl. II Nr. 408/2020 noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs vor. Die mit 1. Jänner 2021 in Kraft getretene Gesetzesänderung, wonach nunmehr auch ehemalige Mietwagenfahrer zwingend einen Taxiausweis benötigten, betreffe eine Vielzahl von Personen, die ‑ anders als etwa Taxifahrer, denen die Vorgaben der BO 1994 bekannt gewesen seien ‑ nunmehr wegen früherer Verwaltungsübertretungen mit einem „Berufsverbot“ belegt würden, ohne sich darauf einstellen haben zu können. Zudem sei unklar, wie sich die mit 1. Jänner 2021 in Kraft getretene Änderung auf die „laut belangter Behörde“ „verschärfte Betrachtungsweise“ der Vertrauenswürdigkeit auswirken solle.
12 Mit diesem Vorbringen wird nicht dargelegt, dass der Verwaltungsgerichtshof bei Entscheidung über die vorliegende Revision eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen hätte.
13 Die Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit durch das Verwaltungsgericht entspricht den maßgebenden Leitlinien der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. nur etwa VwGH 28.1.2021, Ra 2020/03/0138, mwN). Zur fehlenden Relevanz eines gegebenenfalls durch eine persönliche Einvernahme zu gewinnenden persönlichen Eindrucks des Betroffenen ist zudem auf VwGH 28.2.2007, 2005/03/0159, zu verweisen.
14 Mit dem Vorbringen, das angefochtene Erkenntnis weiche von „bisherigen Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs“ ab, wird den an die gesetzmäßige Ausführung der Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gestellten Anforderungen schon deshalb nicht entsprochen, weil es unterlässt, konkret bezogen auf den Sachverhalt unter Angabe zumindest einer nach Datum und Geschäftszahl bezeichneten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes darzutun, von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Verwaltungsgericht nach Ansicht der Revision in welchen Punkten abgewichen sein soll (vgl. VwGH 2.9.2019, Ra 2019/03/0093, mwN) bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch nicht beantwortet habe (vgl. VwGH 23.6.2020, Ra 2019/19/0433, mwN). Den geltend gemachten Verfahrensfehlern fehlt zudem die Darstellung der Relevanz für den Verfahrensausgang.
15 Was die mit 1. Jänner 2021 in Kraft getretenen Änderungen der BO 1994 anlangt, wird von der Zulässigkeitsbegründung nicht konkret aufgezeigt, welche im Verfahren über die Revision entscheidende Rechtsfrage vom Verwaltungsgerichtshof nicht beantwortet worden sei; festzuhalten ist zudem, dass die Revisionsgründe auf diesen Aspekt gar nicht Bezug nehmen. Auch damit wird also die Zulässigkeit der Revision nicht dargelegt.
16 Ebenso wenig zielführend ist schließlich das Vorbringen, es sei unklar, wie sich die ausgehend von den Annahmen der belangten Behörde mit 1. Jänner 2021 verschärfte Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit auswirken solle.
17 Zunächst ist festzuhalten, dass dem angefochtenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichts ‑ dieses und nicht der behördliche Bescheid ist im Verfahren über die Revision vom Verwaltungsgerichtshof zu überprüfen ‑ eine solche Annahme (Verschärfung) nicht entnommen werden kann.
18 Abgesehen davon: Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, den Revisionswerber auf Basis der getroffenen Feststellungen als nicht vertrauenswürdig einzuschätzen, entspricht den maßgebenden Leitlinien des Verwaltungsgerichtshofs zur Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit iSd § 6 Abs. 1 Z 3 BO 1996 in der bisherigen Fassung. Es kann somit dahingestellt bleiben, ob die Einfügung der Wortfolge „Nicht als vertrauenswürdig gilt insbesondere a) wer nicht als verkehrszuverlässig im Sinne des § 7 FSG anzusehen ist, b) wer durch wiederholte rechtskräftige Bestrafungen wegen Übertretungen der die Ordnung und die Sicherheit des Straßenverkehrs regelnden Vorschriften eine auffallende Sorglosigkeit gegenüber diesen Vorschriften erkennen lässt.“ durch die Novelle BGBl. II Nr. 408/2020 (wie vom Revisionswerber vermeint) eine Verschärfung oder doch nur eine (sich aus Grundsätzen der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs ohnehin ergebende) Klarstellung sein sollte.
19 In der Revision werden nach dem Gesagten keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 28. Dezember 2021
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