Normen
AVG §66 Abs4
BauO OÖ 1994 §25a Abs5
BauO OÖ 1994 §28
BauO OÖ 1994 §29
BauO OÖ 1994 §29 Abs3
BauO OÖ 1994 §30
BauO OÖ 1994 §30 Abs6
BauO OÖ 1994 §35 Abs1 Z2
BauO OÖ 1994 §39 Abs4
BauO OÖ 1994 §49 Abs4
BauRallg
BauTG OÖ 2013 §3 Abs3 Z3
GdO OÖ 1990 §95
ROG OÖ 1994 §32 Abs2 Z11 idF 2005/115
ROG OÖ 1994 §32 Abs2 Z11 idF 2015/069
VwRallg
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020050011.L00
Spruch:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Antrag des Revisionswerbers auf Kostenersatz wird abgewiesen.
Das Aufwandersatzbegehren der Oberösterreichischen Landesregierung wird abgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde E. vom 16. August 2013 wurde den mitbeteiligten Parteien gemäß § 35 Abs. 1 Oö. Bauordnung 1994 (im Folgenden: BO) die Baubewilligung für die Errichtung eines Einzelhauses mit einem Doppelcarport und einer Hauskanalleitung auf einem näher bezeichneten Grundstück erteilt.
2 Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde E. vom 11. Mai 2017 wurde den mitbeteiligten Parteien gemäß § 40 Abs. 8 Oö. Raumordnungsgesetz 1994 (im Folgenden: ROG) der Auftrag erteilt, binnen zwei Monaten ab Rechtskraft dieses Bescheides hinsichtlich des mit Bescheid vom 16. August 2013 bewilligten Gebäudes E‑straße 1 den rechtmäßigen, im Einklang mit den Bestimmungen des Bebauungsplanes „Nr. 20“ (gemeint: Nr. 21) „Ortszentrum ‑ Neu/Etappe 2“ (gemeint: und 3) stehenden Zustand herzustellen, somit die Dacheindeckung derart auszutauschen, dass diese keine grelle oder reflektierende Farbe aufweise und im Einklang mit dem genannten Bebauungsplan stehe.
3 Auf Grund der von den mitbeteiligten Parteien dagegen erhobenen Berufung wurden ein bautechnisches Amtssachverständigengutachten vom 4. Juli 2018, ein lichttechnisches Amtssachverständigengutachten vom 10. August 2018 sowie ein medizinisches Amtssachverständigengutachten vom 22. November 2018 eingeholt.
4 In dem lichttechnischen Gutachten vom 10. August 2018 wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass für den Erdgeschoßbereich des Gebäudes E‑straße 3 (nord‑östlich des Gebäudes E‑straße 1 gelegen) eine mögliche Totalreflexionszeit von etwa 377 Stunden und für den Erdgeschoßbereich des Gebäudes J‑weg 7 (nördlich des Gebäudes E‑straße 1 gelegen) eine mögliche Totalreflexionszeit von etwa 22 Stunden pro Jahr ermittelt worden sei. Die ermittelten Totalreflexionszeiten seien als theoretisch maximal mögliche Zeiten pro Jahr anzusehen und würden somit den „worst case“ darstellen (ohne Berücksichtigung der gewölbten Form der Dachziegel). Die Zeiten seien zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang nach der jährlichen Sonnenstandsstatistik ermittelt worden. Für den Standort ergäben sich rechnerisch ca. 4404 Tagesstunden pro Jahr (Höhenwinkel der Sonne über 0 Grad). Gemäß dem Report „Sonnenstunden und Sonnenstrahlung“ aus DORIS betrage die Jahressumme an Sonnenscheindauer 1724 h.
5 Im medizinischen Gutachten vom 22. November 2018 wurde im Wesentlichen ausgeführt, bei Auftreten von Absolutblendung sei das zeitliche Auftreten zu beschränken, sodass weder die Einwirkzeit von 30 Minuten pro Tag noch von 30 Stunden pro Jahr überschritten werde. Zur fachlichen Beurteilung der konkreten Situation wurde ausgeführt, mit den Reflexionszeiten von etwa 22 Stunden pro Jahr (J‑weg 7) und etwa 377 Stunden pro Jahr (E‑straße 3) sei, wie in der Beurteilung erforderlich, in einer „worst case“ Betrachtung von Blendzeiten auszugehen, die am Betrachtungspunkt E‑straße 3 erheblich über jenen lägen, die als Grenze zur Gesundheitsgefährdung anzusehen seien und daher Abhilfemaßnahmen erforderten.
6 Der Berufung der mitbeteiligten Parteien wurde mit Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde E. vom 8. Jänner 2019 gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 95 Oö. Gemeindeordnung 1990 und § 49 Abs. 1 und Abs. 4 BO keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid des Bürgermeisters mit der Maßgabe bestätigt, dass den mitbeteiligten Parteien aufgetragen wurde, innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Rechtskraft dieses Bescheides die vorgenommenen konsenslosen baulichen Änderungen zu beseitigen und den konsensgemäßen Zustand wiederherzustellen, und zwar a) durch Beseitigung der aus Tondachziegeln der Type „Sulm“ mit der Glasur Amadeus schwarz, erzeugt durch die Firma T., hergestellten Dacheindeckung des zum Gebäude gehörigen Walmdaches und b) durch Wiederherstellung der mit dem Baubewilligungsbescheid vom 16. August 2013 bewilligten Dacheindeckung bestehend aus Betondachsteinen in rötlicher (nicht greller oder/und stark reflektierender) Farbe.
7 Der von den mitbeteiligten Parteien dagegen erhobenen Beschwerde wurde mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht) stattgegeben und der Spruch des Bescheides des Gemeinderates der Gemeinde E. vom 8. Jänner 2019 dahingehend abgeändert, dass der Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde E. vom 11. Mai 2017 aufgehoben wurde (Spruchpunkt I.); eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde für unzulässig erklärt (Spruchpunkt II.).
8 Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, in der dem Ansuchen vom 10. Mai 2013 beigelegten Baubeschreibung werde zu Dachform, Dachkonstruktion und Dacheindeckung ausgeführt: „Walmdach 25º, Holzdachstuhl gem. amtl. Zulassung, Betondachstein“. Im Einreichplan vom 10. Mai 2013 sei das Dach in der Ansichtsdarstellung rötlich gefärbt. Mit Bescheid vom 16. August 2013 sei den mitbeteiligten Parteien die Baubewilligung entsprechend dem bei der Bauverhandlung aufgelegenen Bauplan erteilt worden. Die Dacheindeckung des Wohngebäudes sei mit dem „Dachziegel (Ton) Sulm [...] in Glasur Amadeus schwarz“ erfolgt. Nach Wiedergabe von Rechtsvorschriften führte das Verwaltungsgericht weiter aus, der Gemeinderat der Gemeinde E. gehe im Lichte der von ihm herangezogenen Rechtsgrundlagen (§ 49 Abs. 4 in Verbindung mit § 39 BO) davon aus, die Eindeckung des Wohngebäudes mit Dachziegeln aus Ton in schwarzer Farbe stelle eine Abweichung vom bewilligten Bauvorhaben dar. Projekt- und damit Bewilligungsinhalt sei seiner Meinung nach eine Dacheindeckung in der Materialität Betondachstein in rötlicher Farbe. Damit unterstelle der Gemeinderat den Ausführungen in der Baubeschreibung und der Darstellung im Einreichplan einen derart hohen Konkretisierungsgrad, dass jedwede farb- und materialspezifische Abweichung in der Ausführung des Bauvorhabens eine Abweichung vom bewilligten Bauvorhaben darstellen würde.
9 Entgegen dieser Rechtsansicht sei das Maß der notwendigen Konkretisierung gerade im Lichte des Anforderungskataloges an Baupläne sowie an den Inhalt der Baubeschreibung (§ 29 BO in Verbindung mit §§ 21ff Oö. Bautechnikverordnung 2013) projektspezifisch zu beurteilen. Solle sich das Bauvorhaben beispielsweise in ein ‑ allenfalls denkmalgeschütztes ‑ Ensemble einfügen oder komme der Lage des Bauvorhabens besondere Bedeutung aus der Perspektive des Orts- bzw. Landschaftsbildes zu (zum Beispiel historische Innenstadtlagen, Seengebiete und dergleichen), werde die Darstellung des Bauvorhabens in den Ansichten einen höheren Detaillierungsgrad erfordern (etwa im Hinblick auf die Wahl der Fassaden- und Fensterfarbe, Materialwahl etc.) und vom Bewilligungswerber eine diesbezügliche Festlegung in den Einreichunterlagen (Projekterklärung) zu fordern sein. Stünden solche besonderen Umstände allerdings nicht zur Debatte und würden seitens der Baubehörde auch keine näheren Festlegungen gefordert (etwa im Hinblick auf die Beurteilung des Orts- und Landschaftsbildes), vermöge nicht jedwede (schematische) Darstellung oder (typenmäßige) Um- beziehungsweise Beschreibung Projektinhalt zu werden.
10 Gegenständlich könne das Verwaltungsgericht nicht erkennen, dass der rötlichen Färbung des Daches in den Ansichten des Einreichplanes mehr als nur schematische Funktion zukäme, zumal die Einfärbung des Daches ganz offensichtlich der optischen Abgrenzung zur Fassade diene. Im Übrigen könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass die in den Ansichten in Weiß gehaltene Fassadenfarbe Projektinhalt dergestalt geworden sei, dass jedwede davon abweichende Farbwahl eine Abweichung vom bewilligten Bauvorhaben darstellen würde. Auch die Verwendung des Begriffes „Betondachstein“ sei im hier zu beurteilenden Kontext in Abgrenzung zu sonstigen Eindeckungsformen mit gänzlich anderen Materialien (zum Beispiel Blech, Aluminium, sonstiges Metall, Schindeln) zu verstehen, zumal sich die Eindeckung geneigter Dächer mit (Beton-) Dachsteinen und (Ton-) Dachziegeln technisch im Wesentlichen nicht unterscheide. Im Übrigen würden Dachsteine in der Umgangssprache als Dachziegel oder Betonziegel bezeichnet, da Laien die Unterschiede zu Produkten aus Ton nicht ohne Weiteres erkennbar und ihnen mitunter nicht bekannt sei, dass Materialien zur Dacheindeckung häufig nicht aus Ton, sondern aus Beton hergestellt würden. Im Lichte dieser umgangssprachlichen Begriffsverwendung sei der Verwendung des Begriffes „Betondachstein“ kein derart präziser Begriffsinhalt beizumessen.
11 Auch aus der einschlägigen Bestimmung des Bebauungsplanes sei für die Wahl des Materials der Dachhaut nichts zu gewinnen, zumal der Bebauungsplan nach seinem Wortlaut keinerlei Festlegungen hinsichtlich des zu verwendenden Materials der Dacheindeckung treffe. Im Übrigen würden schon die dem Verwaltungsakt einliegenden Lichtbilder zeigen, dass die (in der Ausführung verwendete) Farbe Schwarz keine grelle Farbe im Sinne der einschlägigen Bestimmung des Bebauungsplanes darstelle. So der Bebauungsplan auf die Reflexionsfähigkeit des zu verwendenden Dacheindeckungsmaterials abstelle, komme es dabei wohl weniger auf die gewählte Farbe, sondern vielmehr auf die Oberflächenausgestaltung an. Gerade diesbezüglich treffe der Bebauungsplan keinerlei Festlegung.
12 Im Ergebnis handle es sich bei der Einfärbung des Daches in den Ansichten um eine schematische Darstellung und bei der Beschreibung des Dacheindeckungsmateriales um eine typenmäßige Festlegung dahingehend, dass „Dachziegel iwS“ zur Ausführung gelangen sollten. Rote Betondachsteine seien nicht Projektinhalt, weshalb die Verwendung von Tondachziegeln in schwarzer Farbe keine (bewilligungspflichtige) Abweichung vom bewilligten Bauvorhaben darstelle.
13 Es werde nicht verkannt, dass auch durch die gesetzes- und bewilligungskonforme Ausführung eines Bauvorhabens eine Gefährdung für das Leben und die körperliche Sicherheit von Menschen oder eine unzumutbare Belästigung der Nachbarschaft eintreten könne. Stelle die Baubehörde eine derartige Gefährdung oder Belästigung fest, habe sie gemäß § 46 BO nachträgliche Auflagen oder Bedingungen vorzuschreiben. Das Verwaltungsgericht gehe im Hinblick auf seine Sachentscheidungsbefugnis davon aus, dass die Erteilung von nachträglichen Auflagen die Sache des gegenständlichen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens überschritte, zumal die Grundlage und damit den Gegenstand dieses Verfahrens eine Abweichung vom bewilligten Bauvorhaben bilde, die Erteilung nachträglicher Auflagen aber geradezu von einem konsensgemäß ausgeführten Bauvorhaben ausgehe. Vor diesem verfahrensrechtlichen Hintergrund sei im Hinblick auf die Sachentscheidungspflicht des Verwaltungsgerichtes nicht bloß der in Beschwerde gezogene Bescheid, sondern in Reformation des Berufungsbescheides (auch) der erstinstanzliche Bescheid aus dem Rechtsbestand auszuscheiden gewesen.
14 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision mit dem Antrag, es wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
15 Die mitbeteiligten Parteien erstatteten eine Revisionsbeantwortung, in welcher sie die Zurückweisung beziehungsweise die kostenpflichtige Abweisung der Revision beantragten.
16 Die Oberösterreichische Landesregierung erstattete ebenfalls eine Revisionsbeantwortung, in welcher sie sich den in der Revision gestellten Anträgen anschloss und die Zuerkennung von Aufwandersatz beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
17 Die Revision erweist sich im Hinblick auf die Frage des Ausmaßes der Konkretisierung der Baubewilligung und damit des konsensgemäßen Zustandes als zulässig.
18 In der Revision wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die baubehördliche Bewilligung lediglich für eine Dacheindeckung des Wohngebäudes mit Betondachsteinen in rötlicher Farbe und nicht reflektierender Oberfläche erteilt worden sei. Für die Ausführung der Dacheindeckung des Wohnhauses mit glasierten und hochreflektierenden Tondachziegeln liege kein baubehördlicher Konsens vor. Entsprechend den Ausführungen im Berufungsbescheid sei die Abweichung vom bewilligten Bauvorhaben gemäß § 39 Abs. 3 und 4 BO zumindest anzeigepflichtig (oder bewilligungspflichtig im Sinne des § 24 Abs. 1 Z 2 BO), sodass gemäß § 49 Abs. 4 (allenfalls in Verbindung mit § 25a) BO in sinngemäßer Anwendung des § 49 Abs. 1 BO die Beseitigung (zumindest) des aufgebrachten Daches aufzutragen gewesen sei. Dass die derzeit vorhandene Dacheindeckung unzumutbare Belästigungen und gesundheitliche Beeinträchtigungen auf der Nachbarliegenschaft verursache, sei im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht nicht einmal mehr von den mitbeteiligten Parteien und noch viel weniger vom Verwaltungsgericht in Zweifel gezogen worden.
19 Sofern man davon ausgehe, dass das Verwaltungsgericht die technischen Unterschiede und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Umwelt (insbesondere im Hinblick auf Sonnenreflexion) nicht erkannt habe (worauf die Ausführungen des angefochtenen Erkenntnisses zum Begriff Betondachstein hinwiesen), wäre es verpflichtet gewesen, durch bautechnische Sachverständige die unterschiedlichen Eigenschaften dieser Baustoffe zu ermitteln. Insoweit könne der ‑ ausgehend von einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung ‑ unvollständig festgestellte Sachverhalt ergänzungsbedürftig sein.
20 Unrichtig sei die Rechtsansicht, wonach sich die Auslegung von Projektangaben (in Bezug auf deren Verbindlichkeit beziehungsweise Ernsthaftigkeit) daran zu orientieren habe, in welcher Umgebung das jeweilige Bauvorhaben beziehungsweise Projekt zur Ausführung komme. Zutreffend sei zwar, dass die Projektanforderungen je nach Lage des Projektes stringenter oder großzügiger sein könnten. Diese unterschiedlichen Anforderungen an die Projekte müssten zur Folge haben, dass die Projektangaben im strengeren Fall detaillierter in dem Sinn sein müssten, dass für jedes Projektdetail genaue Angaben gemacht werden, während für weniger sensible Bereiche der Regulierungsbedarf geringer sei. In letzterem Fall könnten dann auch Teile des Projektes „weiß“ bleiben, sodass die endgültige Art der Ausführung dem Bauwerber freigestellt sei.
21 Liege aber wie hier eine konkrete Planangabe vor (Dachfläche in rötlicher Farbe, hergestellt mit Betondachstein), so sei die Planangabe ein Teil des Projektes, für das die Bewilligung erteilt sei. Dies gelte umso mehr, als für den gegenständlichen Bauplatz auch der Bebauungsplan Nr. 21 verbindliche Anforderungen für die Gestaltung der Dacheindeckung vorsehe, was offensichtlich auch Anlass dafür gewesen sei, dass (sogar zusätzlich) in den Plan konkrete Projektangaben über die Beschaffenheit des Dachdeckungsmaterials einschließlich der Farbe aufgenommen worden seien. Diese Auslegungsgrundsätze für Projektangaben seien verkannt worden.
22 Unrichtig sei weiters die Rechtsansicht, mit der eine ‑ an sich eindeutige ‑ Projektangabe als lediglich schematisch (und damit unverbindlich) beurteilt und gleichzeitig die Baubehörde auf die nachträgliche Vorschreibung von Auflagen und Bedingungen gemäß § 46 BO verwiesen werde. Eine derartige Auslegung hätte zur Folge, dass bei der Ausführung von Bauvorhaben mehr oder weniger beliebig vom Projekt abgewichen werden könnte mit der Begründung, dass die dortigen Angaben ohnedies lediglich als schematische Darstellung anzusehen seien. Es bliebe dann der Baubehörde überlassen, im Rahmen ihrer Verpflichtung nach § 46 BO durch den Einsatz von Sachverständigen (auf Kosten der Allgemeinheit) eine Lösung zu erarbeiten, mit der (auf die für den Bauherrn möglichst günstige und wenig belastende Weise) die vom Bauvorhaben ausgehenden Umweltbeeinträchtigungen zum Schutz der Nachbarn auf ein zumutbares Maß vermindert würden.
23 Schließlich sei der Inhalt der Baubewilligung vom 16. August 2013 außer Acht gelassen worden, wo im Auflagenpunkt 1. ausdrücklich festgelegt worden sei, dass das Bauvorhaben projektgemäß (also entsprechend dem Bauplan einschließlich der Baubeschreibung) auszuführen sei. Damit sei ausdrücklich klargestellt, dass bei der Bauführung sämtliche Projektangaben einzuhalten seien.
24 Vom Revisionswerber sei die Einholung eines bautechnischen Sachverständigengutachtens beantragt worden zum Beweis dafür, dass ‑ im Gegensatz zu glasierten Tondachziegeln ‑ Betondachsteine keine Glasierung aufwiesen und daher die erteilte Baubewilligung keinen Konsens für die Ausführung einer hochreflektierenden Dacheindeckung mit glasierten Tondachziegeln umfasse. Hätte das Verwaltungsgericht diesen Beweis aufgenommen, hätte es erkennen können, dass die Baubewilligung lediglich für eine aus nicht reflektierenden Betondachsteinen in rötlicher Farbe ausgeführte Dacheindeckung erteilt worden und daher das ausgeführte Tonziegeldach mit hochreflektierender Glasierung als Abweichung vom baubehördlichen Konsens zu qualifizieren sei.
25 § 24 Oö. Bauordnung 1994, LGBl. Nr. 66, in der Fassung LGBl. Nr. 34/2013, lautet auszugsweise:
„§ 24
Bewilligungspflichtige Bauvorhaben
(1) Folgende Bauvorhaben bedürfen einer Bewilligung der Baubehörde (Baubewilligung), soweit die §§ 25 und 26 nichts anderes bestimmen:
1. der Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden;
...“
26 § 25 Oö. Bauordnung 1994, LGBl. Nr. 66, in der Fassung LGBl. Nr. 34/2013, lautet auszugsweise:
„§ 25
Anzeigepflichtige Bauvorhaben
(1) Folgende Bauvorhaben sind der Baubehörde vor Beginn der Bauausführung anzuzeigen (Bauanzeige), soweit § 26 nichts anderes bestimmt:
...
3. die nicht unter § 24 Abs. 1 Z 1 fallende
...
b) sonstige Änderung oder Instandsetzung von Gebäuden, wenn eine solche Baumaßnahme von Einfluss auf die Festigkeit tragender Bauteile, den Brandschutz, die gesundheitlichen oder hygienischen Verhältnisse oder das Orts- und Landschaftsbild ist oder das äußere Aussehen des Gebäudes wesentlich verändert;
...“
27 § 25a Oö. Bauordnung 1994, LGBl. Nr. 66, in der Fassung LGBl. Nr. 34/2013, lautet auszugsweise:
„§ 25a
Anzeigeverfahren
(1) Die Baubehörde hat innerhalb von acht Wochen ab Einlangen der vollständigen und ordnungsgemäß belegten Bauanzeige die Ausführung des Bauvorhabens zu untersagen, wenn
1. Abweisungsgründe im Sinn des § 30 Abs. 6 Z 1 oder des § 35 Abs. 1 Z 3 vorliegen oder
2. offensichtliche Abweisungsgründe im Sinn des § 30 Abs. 6 Z 2 festgestellt werden oder
...
(2) Wird innerhalb der im Abs. 1 genannten Frist die Ausführung des Bauvorhabens nicht untersagt oder teilt die Baubehörde dem Anzeigenden schon vorher schriftlich mit, daß eine Untersagung der Bauausführung nicht beabsichtigt ist, darf mit der Bauausführung begonnen werden. ...
...
(5) Im Übrigen gilt für anzeigepflichtige Bauvorhaben Folgendes:
1. für Bauvorhaben gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 und 2 gelten alle Vorschriften über vergleichbare bewilligungspflichtige Bauvorhaben sinngemäß, ausgenommen die §§ 32 bis 35,
2. für alle anderen Bauvorhaben nach § 25 Abs. 1 gelten die Vorschriften der §§ 36, 38, 39, 41 und 45 bis 49 sinngemäß, für Bauvorhaben nach § 25 Abs. 1 Z 3 lit. b zusätzlich § 40;
...“
28 § 29 Oö. Bauordnung 1994, LGBl. Nr. 66, in der Fassung LGBl. Nr. 34/2013, lautet auszugsweise:
„§ 29
Bauplan
(1) Der Bauplan hat, soweit dies nach der Art des beabsichtigten Bauvorhabens in Betracht kommt, zu enthalten:
...
2. die Grundrisse, bei Gebäuden von sämtlichen Geschoßen einschließlich der Kellergeschoße; die notwendigen Schnitte (bei Gebäuden insbesondere die Stiegenhausschnitte) mit dem anschließenden Gelände und dessen Höhenlage; die Tragwerkssysteme, alle Ansichten, die zur Beurteilung der äußeren Gestaltung des Bauvorhabens und des Anschlusses an vorhandene Bauwerke erforderlich sind; die Darstellung des Dachstuhles und der Rauchfänge (Abgasfänge); die Anlagen für die Wasser- und Energieversorgung, Müll- und Abwasserbeseitigung; allfällige Hausbrieffachanlagen;
3. eine Beschreibung des Bauvorhabens und der Bauausführung (Baubeschreibung); sie hat insbesondere Angaben über die bebaute Fläche, den umbauten Raum, die Nutzfläche, die Zahl und Größe der Räumlichkeiten und gegebenenfalls ihre besondere Zweckwidmung (wie Wohnungen, Büros und Geschäftsräumlichkeiten) sowie die vorgesehenen Baustoffe, Bauteile oder Bauarten zu enthalten;
...
(3) Im übrigen hat der Bauplan alles zu enthalten, was für die Beurteilung des Bauvorhabens nach den Vorschriften dieses Landesgesetzes notwendig ist. Die Baubehörde hat die zur Erreichung dieses Zweckes erforderlichen Ergänzungen, insbesondere die Vorlage von schaubildlichen Darstellungen, Detailplänen und statischen Vorbemessungen oder statischen Berechnungen samt Konstruktionsplänen, zu verlangen.
...“
29 § 30 Oö. Bauordnung 1994, LGBl. Nr. 66, in der Fassung LGBl. Nr. 70/1998, lautet auszugsweise:
„§ 30
Vorprüfung
...
(6) Der Baubewilligungsantrag ist von der Baubehörde ohne Durchführung einer Bauverhandlung abzuweisen, wenn sich auf Grund der Prüfung durch die Baubehörde schon aus dem Antrag oder dem Bauplan ergibt, daß das Bauvorhaben
1. zwingenden Bestimmungen eines Flächenwidmungsplans, eines Bebauungsplans, einer Erklärung zum Neuplanungsgebiet oder einer rechtskräftigen Bauplatzbewilligung widerspricht, oder
2. sonstigen zwingenden baurechtlichen Bestimmungen widerspricht und eine Baubewilligung daher ohne Änderung des Bauvorhabens offensichtlich nicht erteilt werden kann.
Vor der Abweisung des Baubewilligungsantrages ist das Parteiengehör zu wahren und, wenn eine Behebung des Mangels durch Änderung des Bauvorhabens möglich ist, dem Bauwerber unter Setzung einer angemessenen Frist Gelegenheit dazu zu geben.
...“
30 § 35 Oö. Bauordnung 1994, LGBl. Nr. 66, in der Fassung LGBl. Nr. 34/2013, lautet auszugsweise:
„§ 35
Entscheidung über den Baubewilligungsantrag
(1) Die Baubehörde hat über den Antrag gemäß § 28 einen schriftlichen Bescheid zu erlassen. Sofern nicht eine Zurückweisung oder eine Abweisung nach § 30 zu erfolgen hat, ist die beantragte Baubewilligung zu erteilen, wenn
...
2. das Bauvorhaben in allen seinen Teilen den Bestimmungen des Flächenwidmungsplans und des Bebauungsplans sowie sonstigen baurechtlichen Vorschriften nicht widerspricht und
...“
31 § 39 Oö. Bauordnung 1994, LGBl. Nr. 66, in der Fassung LGBl. Nr. 96/2006, lautet auszugsweise:
„§ 39
Beginn der Bauausführung, Planabweichungen
...
(2) Vom bewilligten Bauvorhaben darf ‑ sofern nicht Abs. 3 oder 4 zur Anwendung kommt ‑ nur mit Bewilligung der Baubehörde abgewichen werden. § 34 gilt sinngemäß.
(3) Ohne Bewilligung der Baubehörde darf vom bewilligten Bauvorhaben abgewichen werden, wenn
1. die Abweichung solche Änderungen betrifft, zu deren Vornahme auch bei bestehenden baulichen Anlagen eine Bewilligung nicht erforderlich ist, sowie
2. Auflagen und Bedingungen des Baubewilligungsbescheides hievon nicht berührt werden.
(4) Sind Abweichungen der im Abs. 3 Z 1 genannten Art anzeigepflichtig gemäß § 25 Abs. 1 Z 3, darf vom bewilligten Bauvorhaben nur nach Maßgabe des § 25a Abs. 2 abgewichen werden.“
32 § 49 Oö. Bauordnung 1994, LGBl. Nr. 66, in der Fassung LGBl. Nr. 70/1998, lautet auszugsweise:
„§ 49
Bewilligungslose bauliche Anlagen
(1) Stellt die Baubehörde fest, daß eine bewilligungspflichtige bauliche Anlage ohne Baubewilligung ausgeführt wird oder bereits ausgeführt wurde, hat sie ‑ unabhängig von § 41 ‑ dem Eigentümer der baulichen Anlage mit Bescheid aufzutragen, entweder nachträglich innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist die Baubewilligung zu beantragen oder die bauliche Anlage innerhalb einer weiters festzusetzenden angemessenen Frist zu beseitigen und gegebenenfalls den vorigen Zustand wiederherzustellen. Die Möglichkeit, nachträglich die Baubewilligung zu beantragen, ist dann nicht einzuräumen, wenn nach der maßgeblichen Rechtslage eine Baubewilligung nicht erteilt werden kann.
...
(4) Stellt die Baubehörde bei der Überprüfung einer baubehördlich bewilligten Anlage bewilligungspflichtige Abweichungen oder das Erlöschen der Baubewilligung fest, oder wurde die rechtswirksame Baubewilligung nachträglich aufgehoben oder für nichtig erklärt, gelten die Bestimmungen der Abs. 1 bis 3 sinngemäß.
(5) Unter baulichen Anlagen im Sinn der Abs. 1 bis 4 sind sämtliche bewilligungspflichtige Bauvorhaben (§ 24) zu verstehen.
...“
§ 3 Oö. Bautechnikgesetz 2013, LGBl. Nr. 35, lautet auszugsweise:
„§ 3
Allgemeine Anforderungen
...
(3) Überdies müssen Bauwerke und alle ihre Teile so geplant und ausgeführt sein, dass
...
3. das Orts- und Landschaftsbild nicht gestört wird; ...“
33 § 32 Oö. ROG, LGBl. Nr. 114/1993, in der Fassung LGBl. Nr. 69/2015, lautet auszugsweise:
„§ 32
Inhalt des Bebauungsplanes
...
(2) Der Bebauungsplan kann nach Maßgabe des § 31 darüber hinaus insbesondere festlegen oder ausweisen:
...
11. die äußere Gestalt von Bauwerken und Anlagen wie Arkaden, Überbauungen und Dächer;
...“
34 § 32 Oö. ROG, LGBl. Nr. 114/1993, in der Fassung LGBl. Nr. 115/2005, lautete auszugsweise:
„§ 32
Inhalt des Bebauungsplanes
...
(2) Der Bebauungsplan kann nach Maßgabe des § 31 darüber hinaus insbesondere festlegen oder ausweisen:
...
11. die äußere Gestalt von Bauten und Anlagen wie Schauseitenausbildungen, Arkaden, Überbauungen, Färbelung, Höhe, Form und Eindeckung der Dächer, Errichtung von Gemeinschaftsantennen;
...“
35 § 40 Oö. ROG, LGBl. Nr. 114/1993, in der Fassung LGBl. Nr. 69/2015, lautet auszugsweise:
„§ 40
Schlußbestimmungen
...
(8) Stellt die Baubehörde fest, daß eine bauliche Anlage nicht entsprechend diesem Landesgesetz ausgeführt wurde oder ausgeführt oder verwendet wird, hat sie ‑ soweit nicht eine entsprechende Maßnahme nach der Oö. Bauordnung 1994 zu setzen ist ‑ dem Eigentümer mit Bescheid die Herstellung des rechtmäßigen Zustands innerhalb einer angemessenen Frist aufzutragen oder, wenn dies tatsächlich nicht möglich ist, die Verwendung der baulichen Anlage zu untersagen. § 57 Abs. 1 Z 11 und Abs. 2 der Oö. Bauordnung 1994 gelten.
...“
36 Die hier relevante Bestimmung des Bebauungsplanes Nr. 21 ‑ SATZUNGEN „Ortszentrum ‑ NEU / Etappe 2 und 3“ des Gemeinderates der Gemeinde E vom 30. Oktober 2012 lautet auszugsweise:
„ § 32 (2) 11 Äußere Gestaltung von Bauten und Anlagen
...
Bei der Farbwahl der Dacheindeckung sind grelle (z.B. blitzblau, etc.) sowie stark reflektierende Farben nicht zulässig.
...“
37 Das Baubewilligungsverfahren ist ein Projektgenehmigungsverfahren. Gegenstand des Verfahrens ist die Beurteilung des in den Einreichplänen und sonstigen Projektunterlagen dargestellten Projektes. Die Übereinstimmung des Vorhabens mit den gesetzlichen Bestimmungen ist anhand des konkret eingereichten Projektes (Baubeschreibung, Pläne etc.) zu prüfen. Es kann nur das beantragte Bauvorhaben bewilligt oder nicht bewilligt werden. Aus der Antragsbedürftigkeit der Baubewilligung folgt, dass die Baubehörde über das Parteibegehren, wie es sich aus dem Ansuchen, den Plänen, der Baubeschreibung etc. ergibt, abzusprechen hat (vgl. VwGH 4.5.2020, Ra 2019/05/0291, mwN).
38 Gemäß § 29 Abs. 1 Z 2 BO hat der Bauplan (unter anderem) alle Ansichten zu enthalten, die zur Beurteilung der äußeren Gestaltung des Bauvorhabens erforderlich sind. Nach § 29 Abs. 1 Z 3 BO hat der Bauplan (unter anderem) die Baubeschreibung, also die Beschreibung des Bauvorhabens und der Bauausführung, zu umfassen, welche insbesondere die vorgesehenen Baustoffe, Bauteile oder Bauarten anzugeben hat. Weiters hat gemäß § 29 Abs. 3 BO der Bauplan alles zu enthalten, was für die Beurteilung des Bauvorhabens nach den Vorschriften der BO notwendig ist. Dies betrifft das Ortsbild (vgl. § 30 Abs. 6 BO in Verbindung mit § 3 Abs. 3 Z 3 Oö. Bautechnikgesetz 2013; vgl. auch VwGH 27.6.2006, 2005/05/0374), und ebenso § 35 Abs. 1 Z 2 BO, wonach die Baubehörde vor Erteilung der Baubewilligung zu prüfen hat, ob das Bauvorhaben in allen seinen Teilen den Bestimmungen (unter anderem) des maßgebenden Bebauungsplanes entspricht.
39 Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass in dem der Baubewilligung vom 16. August 2013 zugrundeliegenden Einreichplan vom 10. Mai 2013 das Dach in rötlicher Farbe dargestellt und in der Baubeschreibung zur Dacheindeckung die Verwendung von Betondachsteinen angeführt ist, die Ausführung der Dacheindeckung aber mit Dachziegeln (Ton) in der „Glasur Amadeus schwarz“ erfolgte.
40 Angesichts der Darstellungen in dem von den mitbeteiligten Parteien eingereichten Bauvorhaben gemäß § 29 Abs. 1 Z 2 und Z 3 BO und vor dem Hintergrund, dass nur das vom Antragsteller eingereichte Bauvorhaben von der Baubehörde zu beurteilen ist, sind die im Einreichplan vom 10. Mai 2013 und in der zugehörigen Baubeschreibung genannten Inhalte Teil des baubehördlichen Konsenses vom 16. August 2013. Von einer lediglich schematischen Darstellung beziehungsweise typenmäßigen Festlegung (vgl. zudem zu bereits hinsichtlich des Herstellungsmaterials bestehenden Unterschieden zwischen den Baustoffen Betondachstein und Dachziegel Frommhold/Gareiß, Bauwörterbuch2, 48, 69) kann keine Rede sein.
41 Es tritt hinzu, dass nach dem maßgebenden Bebauungsplan die Verwendung von „stark reflektierenden“ Farben nicht zulässig ist. Unter „reflektieren“ wird „zurückwerfen, zurückstrahlen“ von Strahlen oder Wellen durch Materialien beziehungsweise Gegenstände (etwa Spiegel, Glas) verstanden (vgl. Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, Band 5, 2119; ebenso Brockhaus/Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 5. Band, 322). „Reflektieren“ bedeutet „brechen, [wider]spiegeln, zurückstrahlen, zurückwerfen“ (vgl. Duden, Das Synonymwörterbuch, 6. Auflage, Band 8, 728). Daraus ergibt sich, dass bei der Auslegung des Verbotes von „stark reflektierenden“ Farben jedenfalls auch auf die Materialität der Dacheindeckung abgestellt werden muss. Ein anderes Verständnis würde die Festlegung ins Leere laufen lassen (vgl. dazu auch § 32 Abs. 2 Z 11 ROG in der Fassung LGBl. Nr. 115/2005, welcher ausdrücklich neben der Färbelung auch die Eindeckung der Dächer nannte. Nach den Gesetzesmaterialien [vgl. RV 1381/2015 BlgLT 27.GP, 24] sollte durch die Neufassung des § 32 Abs. 2 Z 11 ROG mit der Novelle LGBl. Nr. 69/2015 keine inhaltliche Änderung erfolgen). Auch die systematische Einordnung der Bebauungsplanbestimmung unter die „Äußere Gestaltung von Bauten und Anlagen“ fügt sich in dieses Bild.
42 Die entgegen den dem Bescheid vom 16. August 2013 zugrundeliegenden Projektangaben im Einreichplan vom 10. Mai 2013 und der Baubeschreibung festgestellte Ausführung der Dacheindeckung in der „Glasur Amadeus schwarz“ stellt daher eine Abweichung vom Baukonsens dar.
43 Eine Konsenswidrigkeit hat gemäß § 49 Abs. 4 BO dann zur Erteilung eines baupolizeilichen Auftrages zu führen, wenn sie bewilligungspflichtig beziehungsweise anzeigepflichtig ist (vgl. § 25a Abs. 5 BO; vgl. auch § 39 Abs. 4 BO).
44 Das Verwaltungsgericht hätte daher zur Beurteilung des Einflusses der Abweichungen auf die gesundheitlichen Verhältnisse und auf das Orts- oder Landschaftsbild und der Wesentlichkeit der Veränderung des äußeren Aussehens des Gebäudes (vgl. § 25 Abs. 1 Z 3 lit. b BO) auf sachverständiger Grundlage Feststellungen zu Farbe (insbesondere die Auswirkungen des Aussehens in Bezug auf das Ortsbild) und Ausgestaltung (insbesondere betreffend die Reflexion und deren Auswirkungen auf Lichtverhältnisse und Gesundheit) der bewilligten und der ausgeführten Dacheindeckung treffen und diese einander gegenüberstellen müssen. Nur dann kann beurteilt werden, ob der gegenständliche baupolizeiliche Auftrag rechtmäßig oder unrechtmäßig ist.
45 Der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass der Gemeinderat als Berufungsbehörde die „Sache“ des erstinstanzlichen Verfahrens allein dadurch, dass er eine andere rechtliche Beurteilung des Sachverhaltes vorgenommen hat, nicht überschritten hat (vgl. VwGH 5.2.1991, 90/05/0166; VwGH 25.6.2014, 2013/07/0289, mwN).
46 Das angefochtene Erkenntnis war aus den oben dargestellten Gründen wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
47 Gemäß § 47 Abs. 4 VwGG hat die revisionswerbende Partei (unter anderem) in dem hier vorliegenden Fall einer Amtsrevision gemäß Art. 133 Abs. 6 Z 2 B‑VG keinen Anspruch auf Aufwandersatz. Der Antrag der revisionswerbenden Verwaltungsbehörde, der Verwaltungsgerichtshof möge ihr beziehungsweise der Gemeinde E. als deren Rechtsträger den tarifmäßig festgelegten Kostenersatz für Schriftsatzaufwand zuerkennen, war daher abzuweisen.
48 Das Kostenbegehren der Oberösterreichischen Landesregierung war abzuweisen, weil gemäß § 58 Abs. 1 VwGG jede Partei den ihr im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erwachsenden Aufwand selbst zu tragen hat, soweit die §§ 47 bis 56 VwGG nicht anderes bestimmen. Einen Anspruch auf Ersatz des Aufwandes, der mit der Einbringung der Revisionsbeantwortung verbunden war, sehen die §§ 47 bis 56 VwGG in Ansehung einer Partei nach § 21 Abs. 1 Z 3 VwGG aber nicht vor (vgl. VwGH 1.6.2017, Ro 2014/06/0079, mwN).
Wien, am 15. März 2021
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