VwGH Ra 2019/16/0049

VwGHRa 2019/16/004917.3.2021

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Mag. Straßegger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., in den Revisionssachen der F GmbH, vertreten durch die Sluka Hammerer Tevini Rechtsanwälte GmbH in 5020 Salzburg, Alpenstraße 26, gegen die Erkenntnisse des Landesverwaltungsgerichtes Burgenland vom 18. September 2017, 1.) Zl. E 217/06/2016.005/010 (protokolliert zur hg. Zl. Ra 2019/16/0049), 2.) Zl. E 217/06/2016.004/014 (protokolliert zur hg. Zl. Ra 2019/16/0050), 3.) Zl. E 217/06/2017.003/005 (protokolliert zur hg. Zl. Ra 2019/16/0051), 4.) Zl. E 217/06/2017.002/007 (protokolliert zur hg. Zl. Ra 2019/16/0052), 5.) Zl. E 217/06/2016.003/014 (protokolliert zur hg. Zl. Ra 2019/16/0053), 6.) Zl. E 217/06/2016.002/014 (protokolliert zur hg. Zl. Ra 2019/16/0056), 7.) Zl. E 217/06/2017.001/010 (protokolliert zur hg. Zl. Ra 2019/16/0057), sowie vom 19. September 2017, 8.) Zl. E 217/06/2015.006/014 (protokolliert zur hg. Zl. Ra 2019/16/0054) und 9.) Zl. E 217/06/2016.001/015 (protokolliert zur hg. Zl. Ra 2019/16/0055) betreffend Wasserabgaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Vorstand des Wasserleitungsverbandes Nördliches Burgenland), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2019160049.L00

 

Spruch:

Die Revisionen werden zurückgewiesen.

Begründung

1 Die Revisionswerberin, eine GmbH, die einen Freizeitpark betreibt, stellte beim Wasserleitungsverband Nördliches Burgenland Anträge auf bescheidmäßige Vorschreibung der Wasserabgaben. Diese begründete die Revisionswerberin im Wesentlichen damit, dass der Wasserleitungsverband eine Körperschaft des öffentlichen Rechts sei und ihr ausschließlich die Aufgabe der öffentlichen Wasserversorgung zukomme. Da der Wasserleitungsverband gegenüber den Wasserbeziehern hoheitlich auftrete, hätten die der Revisionswerberin in Rechnung gestellten Beträge nicht auf Grundlage einer zivilrechtlichen Rechnung vorgeschrieben werden dürfen.

2 Der Obmann des Wasserleitungsverbandes wies diese Anträge auf Bescheiderlassung als unbegründet ab. Begründend führte die Behörde aus, dass aufgrund der rechtskräftigen Entscheidung der Burgenländischen Landesregierung als Vorstellungsbehörde in einem Parallelverfahren, welche gegenüber der Unterbehörde Bindungswirkung entfalte, festgestellt worden sei, dass die Gebühren der Revisionswerberin nicht aufgrund hoheitsrechtlicher, sondern aufgrund zivilrechtlicher Grundlage zu verrechnen seien. Wesentlich sei hierbei, dass hinsichtlich der Revisionswerberin weder eine Anschlussverpflichtung gemäß § 19 Abs. 2 des Gesetzes vom 27. September 2007 über den Wasserleitungsverband Nördliches Burgenland, LGBl. Nr. 73/2007, (in der Folge kurz: WLV‑G 2007) bestehe, noch ein freiwilliger Anschluss gemäß § 22 leg. cit. beantragt worden sei.

3 Die dagegen erhobenen Berufungen wies der Vorstand des Wasserleitungsverbandes als unbegründet ab. Die Begründung wurde im Wesentlichen auf die Argumentation der Vorinstanz gestützt.

4 Mit den gegenständlich angefochtenen Erkenntnissen wies das Landesverwaltungsgericht Burgenland ‑ nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ‑ in Spruchpunkt I. die Beschwerden der Revisionswerberin gegen die Bescheide gemäß § 279 Abs. 1 BAO als unbegründet ab und erklärte die ordentlichen Revisionen für nicht zulässig. In Spruchpunkt II. wies es Aussetzungsanträge ab und erklärte auch dagegen die Revisionen an den Verwaltungsgerichtshof für unzulässig.

5 Das Verwaltungsgericht begründete die Abweisung der Beschwerden im Wesentlichen damit, dass es in Bezug auf die Wasserversorgung der Revisionswerberin durch den Wasserleitungsverband weder einen Bescheid über eine Anschlusspflicht noch einen Bescheid über einen freiwilligen Anschluss gebe. Ein schriftlicher Antrag für einen freiwilligen Anschluss oder ein Beweis für eine derartige Beantragung eines freiwilligen Anschlusses des Freizeitparks oder auch nur von Teilen davon an die Verbandswasserleitung liege nicht vor. Darüber hinaus seien die Voraussetzungen für eine Anschlusspflicht weder gemäß § 19 WLV‑G 2007 noch gemäß § 1 des Gesetzes vom 13. Juli 1956 über die Bildung eines Verbandes zur Errichtung und zum Betrieb einer öffentlichen Wasserleitung für Gemeinden des nördlichen Burgenlandes, LGBl. Nr. 10/1956, (in der Folge kurz: WLV‑G 1956) vorgelegen. Das Verwaltungsgericht ging davon aus, dass zwischen der Rechtsvorgängerin der Revisionswerberin und dem Wasserleitungsverband auf privatrechtlicher Basis die Wasserversorgung vereinbart worden sei. Sohin sei eine bescheidmäßige Vorschreibung des Entgelts für den Wasserbezug der Revisionswerberin ausgeschlossen. Nicht Gegenstand der Verfahren sei die Durchsetzung des Entgelts für die Wasserversorgung der im Fremdeigentum stehenden Parzellen sowie des Försters.

6 Der Verfassungsgerichthof hat mit Beschlüssen vom 26. November 2018, E 3679/2017‑12, E 3680/2017‑10, E 3681/2017‑10, E 3682/2017‑10, E 3683/2017‑10, E 3685/2017‑10, E 3687/2017‑10, E 3688/2017‑10, E 3709/2017‑10, die Behandlung der dagegen vor ihm erhobenen Beschwerden abgelehnt und die Beschwerden gemäß Art. 144 Abs. 3 B‑VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

7 Die in der Folge erhobenen Revisionen erweisen sich als unzulässig.

8 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11 Die gegenständlichen Revisionen bringen zu ihrer Zulässigkeit vor, dass es sowohl nach alter als auch nach neuer Rechtslage nur zwei Arten von Wasseranschlüssen gebe, nämlich aufgrund der Anschlusspflicht und freiwillige Anschlüsse, eine „Wasserversorgung auf privatrechtlicher Basis“ kenne das Gesetz hingegen nicht. Nach §§ 32, 25 und 22 Abs. 1 WLV‑G 2007 in Verbindung mit der von der Verbandsversammlung des Wasserleitungsverbandes Nördliches Burgenland in Eisenstadt am 3. Dezember 2015 für die Durchführung des Anschlusses und den Wasserbezug beschlossenen Wasserleitungsordnung könne für beide Anschlussarten Wasserabgaben nach § 33 Abs. 3 WVL NB‑G gemäß der Bestimmungen der BAO, also nur hoheitlich eingehoben werden. Bei der früher in § 2 der von der Vollversammlung des Wasserleitungsverbandes Nördliches Burgenland in Eisenstadt am 20. März 1962 beschlossenen Wasserleitungsordnung (WLO 1962) geregelten Schriftlichkeit eines Ansuchens um freiwilligen Anschluss an die Verbandswasserleitung handle es sich um eine sanktionslose Ordnungsvorschrift, weshalb das Nichtauffinden eines derartigen schriftlichen Antrags nicht über die Frage, ob die Vorschreibung der Wasserabgaben bescheidmäßig oder zivilrechtlich zu erfolgen habe, entscheiden könne. Sofern das Verwaltungsgericht vermeine, dass kein Anschlussbescheid im Sinne des § 21 Abs. 1 WLV‑G 2007 vorliege, übersehe es, dass der Wasseranschluss unstrittig in den 1970er Jahren errichtet worden und das derzeit anzuwendende Gesetz (WLV‑G 2007) damals noch nicht in Geltung gestanden sei. Der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtes folgend hätte sohin mit Inkrafttreten des WLV‑G 2007 der Wasserleitungsverband damals in Bezug auf alle bestehenden Wasseranschlüsse mit Bescheid aussprechen müssen, ob die Anschlüsse aufgrund einer Anschlusspflicht oder freiwillig erfolgt seien.

Die Rechtsansicht des Landesverwaltungsgerichtes sei im Ergebnis „contra legem“ und unvertretbar. Diese grobe Fehlbeurteilung sei daher aus Gründen der Einzelfallgerechtigkeit sowie zur Wahrung der Rechtseinheit und Rechtssicherheit höchstgerichtlich aufzugreifen. Schließlich habe der Oberste Gerichtshof rechtskräftig entschieden, es bestehe keine Vereinbarung, dass die Revisionswerberin als Infrastrukturbetreiberin des Freizeitparks zur Zahlung des Entgelts für von Dritten bezogenes Wasser verpflichtet sei und im Übrigen bestehe keine Rechtsgrundlage, anstelle der im Gesetz vorgesehenen hoheitlichen Abgabenvorschreibung privatrechtlich vorzugehen.

12 Hierzu ist zunächst auszuführen, dass der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1a VwGG die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG (nur) im Rahmen der dafür in der Revision (gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert) vorgebrachten Gründe zu überprüfen hat und er daher weder verpflichtet ist, solche anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt ist, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. VwGH 12.1.2018, Ra 2018/20/0003, mwN).

13 In der gesonderten Zulassungsbegründung ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat (vgl. VwGH 28.6.2018, Ra 2018/19/0114 bis 0119, mwN).

14 Mit dem Vorbringen, wonach das WLV‑G 2007 nur zwei Arten von Wasseranschlüssen und die für beide Anschlussarten (zwingend) anzuwendende BAO nur hoheitliche Abgabenbescheide kenne, wird nicht aufgezeigt, welche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG vom Verwaltungsgerichtshof gelöst werden sollte, zumal das Verwaltungsgericht von einem außerhalb des genannten Gesetzes auf privatrechtlicher Basis erfolgten Wasseranschluss ausging (vgl. VwGH 30.3.2017, Ra 2015/16/0119 bis 0121).

15 Das von der Revisionswerberin als sanktionslose Ordnungsvorschrift angesehene Schriftlichkeitsgebot eines Ansuchens um einen freiwilligen Anschluss erweist sich als irrelevant, weil das Landesverwaltungsgericht das Vorhandensein eines Antrages für nicht glaubwürdig befunden hat. Dementsprechend stellen sich die ohne Relevanzdarlegung erfolgten Ausführungen zur Zulässigkeit der Revision als nicht geeignet dar, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen (vgl. den schon zitierten hg. Beschluss vom 30. März 2017).

16 Entgegen der Zulässigkeitsbegründung der Revisionswerberin argumentierte das Verwaltungsgericht nicht nur mit dem Fehlen eines Anschlussbescheides nach § 21 Abs. 1 WLV‑G 2007, sondern auch dahingehend, dass die Voraussetzungen für eine Anschlusspflicht gemäß § 1 WLV‑G 1956 nicht erfüllt waren. Damit hängen die Revisionen auch von der in diesem Zusammenhang genannten Rechtsfrage nicht ab.

17 Abgesehen davon, dass das Vorliegen uneinheitlicher Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes für sich genommen nicht den Tatbestand des Art. 133 Abs. 4 B‑VG erfüllt (vgl. VwGH 8.6.2018, Ra 2017/17/0452), war Streitgegenstand des Urteils OGH 21.11.2018, 1 Ob 118/18m, die Wasserlieferung für die Eigentümer von „Fremdparzellen“, über die die hier angefochtenen Erkenntnisse nicht absprachen.

18 Zu den Abweisungen der Aussetzungsanträge enthalten die Revisionen kein Zulässigkeitsvorbringen.

19 In den Revisionen werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revisionen, deren Verbindung zur gemeinsamen Entscheidung der Verwaltungsgerichtshof wegen des sachlichen und persönlichen Zusammenhanges beschlossen hat, waren daher ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 17. März 2021

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