Normen
B-VG Art133 Abs4
GSpG 1989 §3
GSpG 1989 §4
GSpG 1989 §50 Abs4
GSpG 1989 §52 Abs1 Z1
GSpG 1989 §52 Abs1 Z5
VStG §64 Abs1
VStG §64 Abs2
VStG §64 Abs3
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
VwGVG 2014 §48
62009CJ0347 Dickinger und Ömer VORAB
62012CJ0390 Pfleger VORAB
62015CJ0464 Admiral Casinos Entertainment VORAB
62017CJ0003 Sporting Odds VORAB
62017CO0079 Gmalieva VORAB
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020170050.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 1. Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 30. Mai 2018 wurde die Revisionswerberin als das gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ eines Unternehmens in ihrer Funktion als handelsrechtliche Geschäftsführerin der näher konkretisierten achtfachen Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 drittes Tatbild Glücksspielgesetz ‑ GSpG schuldig erkannt und wurden über sie acht Geldstrafen sowie Ersatzfreiheitsstrafen verhängt. Weiters wurde sie ‑ ebenfalls in ihrer Funktion als handelsrechtliche Geschäftsführerin ‑ einer konkret umschriebenen Verletzung der Mitwirkungspflicht gemäß § 50 Abs. 4 GSpG schuldig erkannt und über sie eine Geld‑ sowie eine Ersatzfreiheitsstrafe verhängt. Der Revisionswerberin wurde die Zahlung eines Beitrages zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG sowie von Barauslagen gemäß § 64 Abs. 3 VStG vorgeschrieben.
2 2. Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg (LVwG) gab der dagegen erhobenen Beschwerde mit dem angefochtenen Erkenntnis nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung hinsichtlich der Spruchpunkte 1. bis 3. und 5. bis 8. des angefochtenen Straferkenntnisses Folge, behob das Straferkenntnis in diesem Umfang und stellte diese sieben Verwaltungsstrafverfahren ein. Zu Spruchpunkt 4. setzte das LVwG die verhängte Geldstrafe sowie zu Spruchpunkt 9. die verhängte Geld‑ und die Ersatzfreiheitsstrafe herab und sprach aus, dass der Ersatz der Barauslagen zu entfallen habe. Im Übrigen gab das LVwG der Beschwerde mit näheren Maßgabebestätigungen keine Folge; insbesondere konkretisierte das LVwG die angewendete Strafsanktionsnorm zu Spruchpunkt 4. Die Kostenbeiträge gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG setzte das LVwG herab. Weiter sprach es aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß § 25a VwGG nicht zulässig sei.
3 3.1. Die Behandlung der von der Revisionswerberin gegen dieses Erkenntnis an den Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde wurde von diesem mit Beschluss vom 25. Februar 2020, E 3741/2019, abgelehnt und diese damit an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten.
4 3.2. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
5 4.1. Das von der Revisionswerberin angefochtene Straferkenntnis der belangten Behörde enthielt den Vorwurf, neun verschiedene Verwaltungsübertretungen begangen zu haben, mithin neun voneinander unabhängige Spruchpunkte. Mit der Stattgabe der Beschwerde und der Einstellung von sieben Verwaltungsstrafverfahren sowie der Abweisung der Beschwerden hinsichtlich der Schuldsprüche der beiden verbliebenen Tatanlastungen hat das Verwaltungsgericht hinsichtlich der bestätigten Schuldsprüche zwei getrennte Absprüche getroffen, nämlich hinsichtlich des näher konkretisierten unternehmerisch Zugänglichmachens eines Glücksspielgerätes gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 drittes Tatbild GSpG sowie hinsichtlich der Verletzung der Mitwirkungspflicht gemäß § 50 Abs. 4 GSpG (vgl. VwGH 15.10.2019, Ra 2019/02/0109, Rn. 12, zur Übernahme von voneinander unabhängigen Spruchpunkten eines Straferkenntnisses durch das Verwaltungsgericht).
6 Liegen ‑ wie hier ‑ trennbare Absprüche vor, so ist die Zulässigkeit einer dagegen erhobenen Revision auch getrennt zu überprüfen (vgl. z.B. VwGH 22.10.2019, Ra 2019/02/0022).
4.2. Die Revision erweist sich insgesamt als unzulässig:
7 4.2.1. Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision ‑ gesondert ‑ vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 4.2.2. Zur Zulässigkeit der Revision bringt die Revisionswerberin zunächst vor, es liege ein Verstoß gegen die ständige Judikatur des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) zur dynamischen Kohärenzprüfung vor. Das LVwG habe im Hinblick auf die amtswegige Beurteilung der Unionsrechtskonformität des GSpG lediglich Unterlagen aus dem Zeitraum 2010 bis 2016 zu Grunde gelegt, die vom Revisionswerber vorgelegten Unterlagen seien unberücksichtigt geblieben.
11 Dazu ist auszuführen, dass die Anforderungen an eine Prüfung der Unionsrechtskonformität im Zusammenhang mit einer Monopolregelung im Glücksspielsektor durch die nationalen Gerichte geklärt sind (vgl. EuGH 15.9.2011, Dickinger und Ömer, C-347/09, Rn. 83 f; 30.4.2014, Pfleger, C‑390/12, Rn. 47 ff; 30.6.2016, Admiral Casinos & Entertainment AG, C‑464/15, Rn. 31, 35 ff; 28.2.2018, Sporting Odds Ltd., C-3/17 , Rn. 28, 62 ff; sowie 6.9.2018, Gmalieva s.r.o. u.a., C-79/17, Rn. 22 ff). Diesen Anforderungen ist der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, durch die Durchführung der nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Gesamtwürdigung nachgekommen. Der Verwaltungsgerichtshof hat an dieser Gesamtwürdigung mit Erkenntnis vom 11. Juli 2018, Ra 2018/17/0048, 0049, mit näherer Begründung festgehalten. Von dieser Rechtsprechung ist das LVwG im Revisionsfall nicht abgewichen. Entgegen dem weiteren Vorbringen steht die angefochtene Entscheidung daher nicht im Widerspruch zum Urteil des EuGH vom 30. April 2014, Pfleger, C‑390/12. Darüber hinaus wird die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht näher dargelegt.
12 4.2.3. Weiters wird zur Zulässigkeit der Revision vorgebracht, dass das LVwG keine Kohärenzprüfung durchgeführt habe, weil es lediglich Entscheidungen der Höchstgerichte zitiert habe.
13 Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass das LVwG in seinem Erkenntnis eigene Überlegungen zu den zuvor getroffenen Feststellungen im Hinblick auf die durchzuführende Kohärenzprüfung angestellt hat. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung kann sich daher schon aus diesem Grund nicht stellen.
14 4.2.4. Zuletzt bringt die Revisionswerberin zur Zulässigkeit der Revision vor, es liege ein Verstoß gegen die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur antizipierenden Beweiswürdigung vor. Es dürfe gemäß § 48 VwGVG nur auf das Rücksicht genommen werden, was in der Verhandlung vorgekommen sei; auf Aktenstücke sei nur insoweit Rücksicht zu nehmen, als sie verlesen worden seien. Das LVwG habe nun zwar den Behördenakt sowie die Akten des LVwG verlesen; weder im Behördenakt noch in den Akten des LVwG seien jedoch „Unterlagen betreffen die Unionsrechtskonformität enthalten“ gewesen. Selbst wenn sie doch enthalten gewesen wären, würde dies gegen das Überraschungsverbot verstoßen, weil sie der Revisionswerberin nicht vorgehalten worden seien.
15 Mit diesem Vorbringen macht die Revisionswerberin Verfahrensmängel geltend. Werden Verfahrensmängel als Zulässigkeitsgrund ins Treffen geführt, so muss darüber hinaus bereits in der gesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz des jeweiligen Verfahrensmangels dargetan und somit dargelegt werden, weshalb bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes für die Revisionswerberin günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können (vgl. VwGH 3.2.2020, Ra 2020/02/0012, mwN). Diesen Anforderungen wird die Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht gerecht, sodass sich in diesem Zusammenhang keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung stellt.
16 4.2.5. Soweit die Revisionswerberin diese Rechtsfragen im Zusammenhang mit der ihr angelasteten Übertretung des § 50 Abs. 4 GSpG formuliert, ist auszuführen, dass eine Kontrolle nach § 50 Abs. 4 GSpG nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes grundsätzlich der Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des GSpG und nicht nur der Überwachung der Einhaltung des in den §§ 3 und 4 GSpG normierten Glücksspielmonopols dient. Sinn und Zweck einer Kontrolle gemäß § 50 Abs. 4 GSpG ist es, einen Sachverhalt festzustellen, der die Beurteilung ermöglicht, ob die Bestimmungen des GSpG und nicht nur jene das Glücksspielmonopol des Bundes betreffenden Bestimmungen eingehalten werden (vgl. VwGH 14.3.2018, Ra 2017/17/0937, mwN).
17 Die von der Revisionswerberin behauptete Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols des Bundes und eine etwa daraus folgende Unanwendbarkeit der entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen des GSpG, insbesondere der sich darauf beziehenden Strafbestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG, bewirkt daher nicht zwangsläufig die Rechtswidrigkeit einer Kontrolle gemäß § 50 Abs. 4 GSpG und ein unionsrechtlich begründetes Anwendungsverbot des § 52 Abs. 1 Z 5 GSpG. In diesem Zusammenhang stellt sich daher keine der von der Revisionswerberin formulierten Rechtsfragen (vgl. z.B. VwGH 29.4.2019, Ra 2019/17/0024, mwN).
18 4.3. In der Revision werden somit insgesamt keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
19 4.4. Die vorliegende Revision war daher nach § 34 Abs. 1 VwGG mit Beschluss zurückzuweisen.
Wien, am 20. Juli 2020
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