Normen
AVG §56
AVG §59 Abs1
B-VG Art133 Abs4
B-VG Art18 Abs1
MSG OÖ 2011 §19
MSG OÖ 2011 §7
MSG OÖ 2011 §7 Abs1
MSG OÖ 2011 §7 Abs2
MSG OÖ 2011 §7 Abs2 Z3
MSG OÖ 2011 §7 Abs2 Z4
VwGG §34 Abs1
VwGVG 2014 §17
VwGVG 2014 §28
VwRallg
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019100032.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Am 27. Juli 2018 stellte die Revisionswerberin einen Antrag auf Weitergewährung der Mindestsicherung nach dem Oberösterreichischen Mindestsicherungsgesetz (Oö. BMSG) ab 1. August 2018.
2 Mit Bescheid vom 31. Juli 2018 erkannte die Bezirkshauptmannschaft Gmunden der Revisionswerberin und ihrem volljährigen Sohn Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes in Form von laufenden monatlichen Geldleistungen ab 1. August 2018, befristet bis 31. Dezember 2018, zu (Spruchpunkt I.). Als eigene Mittel habe die Revisionswerberin "Sonstiges Einkommen (Sohn/Tochter)" (Spruchpunkt II.a) und ihr Sohn eine Waisenpension (Spruchpunkt II.b) einzusetzen. Die Leistung werde unter der Voraussetzung zuerkannt, dass jede Änderung der für diese Leistung maßgeblichen Umstände binnen zwei Wochen anzuzeigen sei (Spruchpunkt III.). Zwischen dem Spruch samt Anführung seiner Rechtsgrundlagen und der Begründung des Bescheides findet sich der "HINWEIS", dass für eine laufende Auszahlung der Leistung die Einhaltung folgender Vorgaben und die Vorlage folgender Unterlagen erforderlich seien:
- Der Bescheid des "Sozialministeriums" bezüglich eines Antrages auf Opferschutz sei (umgehend nach Erhalt) vorzulegen.
- Unterlagen, welche eine allfällige Änderung der Lebensund/oder Einkommensverhältnisse beträfen, seien umgehend nach Erhalt vorzulegen.
- Die Revisionswerberin habe sich außerdem "laufend intensiv" um eine kostengünstigere Wohnung zu bemühen und dies durch schriftliche Aufzeichnungen von Telefonaten oder persönlichen Gesprächen, durch Angabe von Adresse und Datum des Besichtigungstermins sowie durch allfälligen Schriftverkehr bzw. entsprechende E-Mails zu dokumentieren.
- Monatlich sei der Nachweis über mindestens zehn diesbezügliche Kontaktaufnahmen/Gesprächs-/Besichtigungstermine vorzulegen.
Die Nichteinhaltung der Bemühungspflicht gemäß § 7 Oö. BMSG habe eine Kürzung und weiter die Einstellung der Leistung zur Folge.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 27. November 2018 gab das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (LVwG) der dagegen von der Revisionswerberin erhobenen Beschwerde - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - keine Folge und bestätigte den Bescheid mit der Maßgabe, dass Spruchpunkt II.a) (Einsatz der eigenen Mittel der Revisionswerberin) zu lauten habe: "Sonstiges Einkommen". Weiters sprach es aus, dass die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.
4 Begründend führte das LVwG im Wesentlichen aus, die Revisionswerberin lebe mit ihrem Sohn M H seit 1. Mai 2017 in einer Mietwohnung in A, welche 183 m2 groß sei und über einen Garagenplatz verfüge. Die Miete für diese Wohnung betrage EUR 1.400,--. Die Revisionswerberin erhalte Wohnbeihilfe im Ausmaß von EUR 200,--. Sie gehe derzeit keiner Beschäftigung nach. Ihr Sohn M H sei zu 50 % behindert und beziehe eine Waisenpension in der Höhe von EUR 581,--. Die Revisionswerberin habe Ausgaben in der Höhe von EUR 1.708,-- für Miete, Versicherungen, Telekom und Strom. Die sonstigen Lebenserhaltungskosten, wie Verpflegung, Bekleidung, Hygiene, Aufwendungen für soziale und kulturelle Teilhabe sowie Aufwendungen für die Verwendung des PKWs seien nicht einberechnet. Den Aufwendungen stünden Einkünfte in der Höhe von EUR 1.508,-- aus Mindestsicherung, Wohnbeihilfe und Familienbeihilfe gegenüber. Zudem erhalte die Revisionswerberin regelmäßige finanzielle Unterstützung von zumindest EUR 500,-- monatlich von dritter Seite.
5 Rechtlich folgerte das LVwG, eine regelmäßige Zuwendung von EUR 500,-- weise jedenfalls ein Ausmaß und eine Dauer auf, die eine Gewährung von Mindestsicherung zumindest einschränke und damit bei der Leistung der Mindestsicherung anzurechnen sei. Es führte weiters aus, die Anordnung, eine kostengünstigere Wohnung zu suchen, stelle eine zulässige "Auflage" dar, weil für jede hilfsbedürftige Person die Verpflichtung bestehe, zur Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage beizutragen. 6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in
nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 10 Zur Zulässigkeit der Revision wird ausgeführt, das LVwG habe die Anrechnung des sonstigen Einkommens in der Höhe von EUR 500,-- damit begründet, dass die Revisionswerberin im Jahr 2017 Zuwendungen von insgesamt EUR 6.300,-- erhalten habe. Im Ergebnis werde der Revisionswerberin somit unterstellt, solche freiwilligen Zuwendungen auch in der Zukunft zu erhalten bzw. es werde ihr die Bemühungspflicht auferlegt, auch für die Zukunft um solche Zuwendungen zu bitten. Das LVwG habe kein Beweisverfahren durchgeführt und keine Feststellungen dazu getroffen, ob und in welcher Höhe die Revisionswerberin im hier verfahrensgegenständlichen Bedarfszeitraum August bis Dezember 2018 Zuwendungen erhalten habe.
11 Entgegen diesem Vorbringen hat das LVwG die Feststellung getroffen, dass die Revisionswerberin regelmäßig monatlich EUR 500,-- von dritter Seite erhalte. Aufgrund der festgestellten Regelmäßigkeit hat das LVwG diese Zahlungen zu Recht für den gesamten Bedarfszeitraum berücksichtigt. Sollte sich die Revisionswerberin mit ihrem Vorbringen gegen die Richtigkeit dieser Feststellung wenden wollen, wäre ihr entgegen zu halten, dass es sich bei der Frage, ob ausreichend Beweisergebnisse dafür vorhanden waren, Rückschlüsse auf den laufenden Erhalt der Zuwendungen zu ziehen, um eine Frage der Beweiswürdigung handelt, zu deren Überprüfung der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz im Allgemeinen nicht berufen ist. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. zur Überprüfung der Beweiswürdigung aus der ständigen Rechtsprechung etwa VwGH 4.7.2018, Ra 2018/10/0018, mwN). Dies wird im Zulässigkeitsvorbringen der Revision allerdings nicht aufgezeigt, sodass damit keine Rechtsfrage aufgeworfen wird, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. 12 Die Revisionswerberin bringt überdies im Zusammenhang mit der "Auflage", eine kostengünstigere Wohnung zu suchen und dies nachzuweisen, vor, der Grund für ihre Notlage seien nicht die hohen Wohnkosten, sondern die Tatsache, dass sie kein regelmäßiges Einkommen beziehe, weil sie aus gesundheitlichen Gründen arbeitsunfähig sei. Die "Auflage" der Behörde, sie müsse eine neue Wohnung suchen, sei daher nicht geeignet, ihre soziale Notlage zu beseitigen und damit den Anspruch auf bedarfsorientierte Mindestsicherung zu beschränken. Auflagen, die nicht unmittelbar dazu geeignet seien, die soziale Notlage zu beseitigen, seien ein unzulässiger, vom Gesetz nicht gedeckter Eingriff in die subjektiven Rechte der Leistungswerber.
13 Gemäß § 7 Abs. 1 Oö. BMSG setzt die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung die Bereitschaft der hilfebedürftigen Person voraus, in angemessener, ihr möglicher und zumutbarer Weise zur Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage sowie gegebenenfalls zur Integration beizutragen. Eine Bemühung ist jedenfalls dann nicht angemessen, wenn sie offenbar aussichtslos wäre. Als Beitrag der hilfebedürftigen Person gelten nach § 7 Abs. 2 Oö. BMSG insbesondere der Einsatz der eigenen Mittel (Z 1), der Einsatz der Arbeitskraft (Z 2), die Verfolgung von Ansprüchen gegen Dritte (Z 3), die erforderlichen Maßnahmen zur Integration (Z 3a) und die Umsetzung ihr von einem Träger bedarfsorientierter Mindestsicherung oder einer Behörde nach diesem Landesgesetz aufgetragener Maßnahmen zur Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage (Z 4). 14 Vorweg ist festzuhalten, dass es sich bei den Ausführungen der belangten Behörde, wonach sich die Revisionswerberin laufend intensiv um eine kostengünstigere Wohnung zu bemühen und diese Bemühung nachzuweisen habe, nicht um eine Auflage, sondern um einen konkretisierten Hinweis der Behörde auf die in § 7 Abs. 1 Oö. BMSG gesetzlich vorgesehene Bemühungspflicht der Revisionswerberin handelt. Dieser - ausdrücklich als solcher bezeichnete - "Hinweis" befindet sich demgemäß nicht im Spruch des angefochtenen Bescheides.
15 Die Beisetzung von Nebenbestimmungen, wie Bedingungen, Auflagen oder Befristungen eines Verwaltungsaktes, ist nur dann zulässig, wenn dies das Gesetz bestimmt. Eine Auflage kommt daher nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann in Frage, wenn dies gesetzlich ausdrücklich vorgesehen oder mit dem Sinn der zu treffenden Hauptentscheidung in untrennbarer Weise verbunden ist oder dem Antrag der Partei entspricht (vgl. VwGH 25.9.2018, Ra 2017/05/0267, mwN). Fallbezogen ist keiner dieser Fälle gegeben.
16 Insbesondere stellt § 7 Abs. 2 Z 4 Oö. BMSG keine Grundlage für eine "Auflage" zur Suche einer kostengünstigeren Wohnung dar, handelt es sich doch schon nach dem Einleitungssatz des Abs. 2 leg. cit. nur um die beispielhafte Aufzählung tauglicher Bemühungshandlungen im Sinne des Abs. 1 leg. cit., und damit nicht um eine Rechtsgrundlage für eine Auftragserteilung. Darüber hinaus wird in der Z 4 leg. cit. auf "nach diesem Landesgesetz aufgetragene Maßnahmen" verwiesen, also auf Maßnahmen, die auf der Grundlage des Oö. BMSG aufgetragen wurden. Dass diese Bestimmung selbst Grundlage für solche Aufträge wäre, legt der Wortlaut daher nicht nahe. Dementsprechend verweisen auch die Erläuterungen hierzu (vgl. AB Blg 434/2011 27.GP, 37) auf § 19 Oö. BMSG, der seinerseits ausdrücklich von - nicht selbstständig anfechtbaren - Auftragserteilungen spricht.
17 Der Verwaltungsgerichtshof hat im Zusammenhang mit der beispielhaft in § 7 Abs. 2 Z 3 Oö. BMSG vorgesehenen Bemühung um die Verfolgung von Ansprüchen gegen Dritte bereits ausgesprochen, dass es sich dabei um eine Obliegenheit handelt. Auf die Obliegenheit, Ansprüche gegen Dritte geltend zu machen, kann die Behörde hinweisen, eine von der Behörde normativ anzuordnende, der Rechtskraft fähige und zwangsweise durchsetzbare Verpflichtung einer hilfsbedürftigen Person zur Verfolgung von derartigen Ansprüchen gegen Dritte ist jedoch nicht vorgesehen (vgl. VwGH 27.3.2014, 2013/10/0185).
18 Nichts Anderes gilt für die aus der allgemeinen Bemühungspflicht des § 7 Oö. BMSG abgeleitete (konkretisierte) Obliegenheit der Suche nach einer kostengünstigeren Wohnung. 19 Handelt es sich aber bei dem konkretisierten Hinweis auf die Bemühungspflicht um keinen der Rechtskraft fähigen Abspruch, so konnte durch die - nur mit einer Änderung in Bezug auf den Einsatz eigener Mittel erfolgte - Abweisung der Beschwerde durch das LVwG der diesbezügliche Hinweisteil des angefochtenen Bescheides auch nicht "bestätigt" werden. Ein die Beschwerde abweisender Spruch ist inhaltlich nämlich so zu werten, dass das Verwaltungsgericht ein mit dem Inhalt des verwaltungsbehördlichen Bescheides übereinstimmendes Erkenntnis erlässt (vgl. VwGH 28.2.2019, Ra 2019/12/0010, unter Hinweis auf VwGH 9.9.2015, Ro 2015/03/0032).
20 Eine Rechtsverletzungsmöglichkeit vermag lediglich der die Rechte eines Revisionswerbers gestaltende oder feststellende Spruch eines Erkenntnisses oder Beschlusses zu bewirken (vgl. VwGH 19.5.2015, Ro 2014/21/0070, sowie zur Rechtslage vor der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 z.B. VwGH 10.12.2013, 2013/05/0203; 16.12.2010, 2007/15/0257). Die angefochtene Entscheidung enthält keinen rechtskraftfähigen Abspruch über die Verpflichtung der Revisionswerberin zur Suche einer kostengünstigeren Wohnung. Daher fehlt es insoweit an der Möglichkeit der Verletzung in dem diesbezüglich als Revisionspunkt formulierten Recht auf "uneingeschränkte, ungekürzte und unbedingte Zuerkennung der bedarfsorientierten Mindestsicherung", insbesondere auf "Nichterteilung einer iSd § 7 OÖ BMSG aussichtslosen Auflage".
Die spruchgemäß zuerkannte Mindestsicherungsleistung ist somit solange auszuzahlen, als keine Kürzung bzw. Einstellung wegen Verletzung der Bemühungspflicht mit gesondertem Bescheid erfolgt. Durch den gegenständlichen Hinweis steht auch nicht rechtskräftig fest, dass die Nichteinhaltung dieser Vorgaben eine Verletzung der Bemühungspflicht bedeutet.
21 Die Revision war daher ohne weiteres Verfahren mit Beschluss gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 27. Februar 2020
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