VwGH Ra 2019/19/0010

VwGHRa 2019/19/001026.3.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens sowie die Hofräte Mag. Stickler und Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, in der Revisionssache des A S W, vertreten durch Mag. Wolfgang Auner Rechtsanwalts-Kommandit-Partnerschaft KG in 8700 Leoben, Parkstraße 1/I, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. November 2018, W253 2138872- 1/10E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
MRK Art8;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019190010.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte am 12. Jänner 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2 Mit Bescheid vom 11. Oktober 2016 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen den Revisionswerber eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei, und setzte die Frist für eine freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung wird in der Revision vorgebracht, das Bundesverwaltungsgericht habe es unterlassen, notwendige Ermittlungen durchzuführen. Hinsichtlich der Lage in Afghanistan bzw. der Gefährdung des Revisionswerbers seien die Einholung eines länderkundlichen Sachverständigengutachtens bzw. aktuellerer Länderberichte und hinsichtlich des Gesundheitszustandes des Revisionswerbers die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens unterblieben. Auch wäre eine nähere Auseinandersetzung mit dem Gesundheitszustand des Revisionswerbers bzw. seiner Gefährdung bei einer Rückkehr nach Afghanistan erforderlich gewesen. Mit diesem Vorbringen zeigt die Revision schon deshalb keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf, weil sie es unterlässt, die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensmängel aufzuzeigen (vgl. zum Erfordernis einer Relevanzdarstellung bei Geltendmachung von Verfahrensmängeln als Zulassungsgründe etwa VwGH 23.1.2019, Ra 2018/19/0657; vgl. im Besonderen zur Rüge der fehlenden Aktualität herangezogener Länderberichten etwa VwGH 10.9.2018, Ra 2018/19/0259).

8 Das Bundesverwaltungsgericht ist mit näherer Begründung unter Beachtung des festgestellten Gesundheitszustandes des Revisionswerbers zum Ergebnis gelangt, dem Revisionswerber stehe in den größeren Städten Afghanistans eine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative offen. Soweit in der Revision in diesem Zusammenhang auf eine "Anschlagserie" in Kabul verwiesen wird, hängt die Revision schon deshalb nicht von diesem Vorbringen ab, weil das Bundesverwaltungsgericht vom Bestehen einer innerstaatlichen Fluchtalternative, deren Inanspruchnahme dem Revisionswerber zumutbar sei, auch in den Städten Herat und Mazare Sharif ausgegangen ist. Eine Unvertretbarkeit dieser einzelfallbezogenen Beurteilung legt die Revision im Übrigen mit ihrem auf den Gesundheitszustand des Revisionswerbers bezogenen Zulässigkeitsvorbringen nicht dar (vgl. in diesem Sinn VwGH 23.1.2019, Ra 2018/19/0590; 23.1.2019, Ra 2018/20/0547).

9 Soweit sich die Revision gegen die Rückkehrentscheidung wendet, ist darauf zu verweisen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel ist (vgl. etwa VwGH 22.2.2018, Ra 2018/18/0037, mwN). Die vom Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer Verhandlung vorgenommene Interessenabwägung, in die das Bundesverwaltungsgericht entgegen der Revision auch seine Feststellungen zu den privaten Aktivitäten des Revisionswerbers (Besuch von Veranstaltungen) einbezogen hat, ist jedenfalls nicht als unvertretbar zu beurteilen.

10 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 26. März 2019

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