VwGH Ra 2019/09/0101

VwGHRa 2019/09/010125.9.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rosenmayr und den Hofrat Dr. Doblinger sowie die Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Hotz, über die außerordentliche Revision des B G in G, vertreten durch Dr. Patrick Ruth und MMag. Daniel Pinzger, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 16. April 2019, Zl. LVwG 30.9-425/2018-24, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Steiermark), zu Recht erkannt:

Normen

GSpG 1989 §2 Abs4
GSpG 1989 §52 Abs1 Z1
GSpG 1989 §52 Abs2
VStG §44a Z1
VStG §44a Z2
VwGG §42 Abs2 Z1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019090101.L00

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von 1.346,40 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Steiermark vom 5. Jänner 2018 wurde der Revisionswerber der sechsfachen Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 erstes Tatbild iVm § 2 Abs. 2 und 4 iVm § 4 Glücksspielgesetz (GSpG) für schuldig erkannt und über ihn sechs Geldstrafen in der Höhe von jeweils 4.000 Euro (für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ der X GmbH zu verantworten habe, dass diese verbotene Ausspielungen veranstaltet habe.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde als unbegründet ab und erklärte die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision, in der die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und/oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

4 Das Verwaltungsgericht legte die Verwaltungsakten vor. Die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

5 Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 7 Die vorliegende Revision erweist sich schon im Hinblick auf das Zulässigkeitsvorbringen, es liege eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung deshalb vor, weil in der angefochtenen Entscheidung ein Begründungsmangel zum inkriminierten Tatbild des Veranstaltens verbotener Ausspielungen im Sinne des § 52 Abs. 1 Z 1 erstes Tatbild GSpG bzw. ein Widerspruch zwischen Spruch und Begründung bestehe, als zulässig und berechtigt:

8 § 44a VStG regelt, welche Bestandteile der Spruch eines Straferkenntnisses zu enthalten hat. Dazu zählen unter anderem die als erwiesen angenommene Tat (Z 1) und die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist (Z 2). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a Z 1 VStG muss der Spruch eines Straferkenntnisses so gefasst sein, dass die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die verletzte Verwaltungsvorschrift eindeutig und vollständig erfolgt, also aus der Tathandlung sogleich auf das Vorliegen der angelasteten Übertretung geschlossen werden kann. Der Beschuldigte hat zudem ein subjektives Recht darauf, dass ihm die als erwiesen angenommene Tat und die verletzte Verwaltungsvorschrift richtig und vollständig vorgehalten werden. Die Identität der Tat muss unverwechselbar feststehen (vgl. VwGH 17.5.2019, Ra 2018/17/0246). 9 § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG stellt sowohl das Veranstalten als auch das unternehmerische Zugänglichmachen von zur Teilnahme vom Inland aus verbotenen Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG unter Strafe. Als Täter, der im Sinne des ersten Tatbildes des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG veranstaltet, kommt in Betracht, wer das Spiel auf seine Rechnung und Gefahr ermöglicht, also das Risiko des Gewinns und Verlusts in seiner Vermögenssphäre trägt. Dagegen ist mit dem dritten Tatbild des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG eine Person gemeint, die den Automaten in ihrer Gewahrsame hat und diesen den Spielern zugänglich macht (vgl. zuletzt VwGH 17.7.2019, Ra 2019/17/0058).

10 Besteht ein Widerspruch zwischen Spruch und Begründung, bei dem es sich nicht bloß um eine terminologische Abweichung, deren Wirkung sich im Sprachlichen erschöpft, handelt, sondern bei dem die Wahl unterschiedlicher Begriffe vielmehr eine Unterschiedlichkeit in der rechtlichen Wertung durch Subsumtion unter je ein anderes Tatbild zum Ausdruck bringt, führt dies zu einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit (vgl. VwGH 18.10.2018, Ra 2018/15/0065, mwN).

11 Im angefochtenen Erkenntnis werden dem Revisionswerber unterschiedliche Tathandlungen vorgeworfen. Im - durch die Abweisung der Beschwerde seitens des Verwaltungsgerichts bestätigten - Spruch des Straferkenntnisses der belangten Behörde wird dem Revisionswerber eine Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 erstes Tatbild GSpG vorgeworfen. Im Rahmen der Begründung lastet das Verwaltungsgericht dem Revisionswerber dann allerdings zum einen das Veranstalten verbotener Ausspielungen im Sinne des ersten Tatbildes des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG, zum anderen das unternehmerische Zugänglichmachen verbotener Ausspielungen im Sinne des dritten Tatbildes des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG an. Schon damit belastete das Verwaltungsgericht das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit des Inhalts.

12 Zudem wird infolge des gänzlichen Fehlens von für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Feststellungen dazu, auf wessen Rechnung und Gefahr die Veranstaltung der verbotenen Ausspielungen im Sinne des ersten Tatbildes des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG erfolgte, den Anforderungen, die an die Begründung der Entscheidung eines Verwaltungsgericht selbst gestellt werden, nicht entsprochen und maßgeblich gegen die das Verwaltungsgericht treffende Begründungspflicht verstoßen. Damit wird es dem Verwaltungsgerichtshof verunmöglicht, die angefochtene Entscheidung in der vom Gesetz geforderten Weise einer nachprüfenden Kontrolle zu unterziehen (vgl. etwa VwGH 21.2.2019, Ra 2018/09/0031).

13 Eine etwaige Konsumtion der Verwirklichung des dritten Tatbildes durch die Verwirklichung des ersten Tatbildes (vgl. etwa VwGH 26.9.2018, Ra 2017/17/0474, 0475) kann aufgrund der fehlenden Feststellungen auch nicht beurteilt werden.

14 Im Übrigen trifft das Verwaltungsgericht, wie im Zulässigkeitsvorbringen der Revision ebenso zutreffend aufgezeigt wird, auch unter Berücksichtigung der dislozierten Ausführungen in der rechtlichen Beurteilung keine ausreichenden Feststellungen, auf deren Grundlage eine Kohärenzprüfung im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes möglich ist (vgl. zu den Erfordernissen einer Kohärenzprüfung VwGH 11.7.2018, Ra 2018/17/0048, 0049).

15 Das angefochtene Erkenntnis war aus den dargelegten Gründen wegen prävalierender Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

16 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 25. September 2019

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