VwGH Ra 2019/06/0246

VwGHRa 2019/06/02465.12.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Mag. Rehak und Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber BA, über die Revision des E S in W, vertreten durch Mag. Alexander Atzl, Rechtsanwalt in 6300 Wörgl, Peter-Stöckl-Straße 8, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 3. September 2019, LVwG- 2019/36/0449-4, betreffend einen baupolizeilichen Auftrag gemäß § 53 Abs. 7 Tiroler Bauordnung 2018 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeisterin der Stadtgemeinde Wörgl; weitere Partei: Tiroler Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Normen

BauO Tir 2018 §46
BauO Tir 2018 §47
BauO Tir 2018 §53
BauO Tir 2018 §53 Abs7

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019060246.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid der Bürgermeisterin der Stadtgemeinde W vom 2. Jänner 2019 wurde dem Revisionswerber als Inhaber eines auf einem näher bezeichneten Grundstück der KG W-K befindlichen Lagerschuppens gemäß § 53 Abs. 7 der Tiroler Bauordnung 2018 (TBO 2018) aufgetragen, diesen Lagerschuppen binnen einer näher bestimmten Frist zu beseitigen und den Bauplatz wieder in seinen ursprünglichen Zustand zu versetzen. Bei dem verfahrensgegenständlichen Bauwerk handle es sich um eine bauliche Anlage vorübergehenden Bestandes, deren Baubewilligung mit 28. März 2017 abgelaufen sei. Da der Revisionswerber als Inhaber nicht rechtzeitig um Verlängerung der Bewilligung angesucht habe, hätte er die bauliche Anlage mit Ablauf der Bewilligung zu beseitigen und den Bauplatz in seinen ursprünglichen Zustand zu versetzen gehabt. Bei einem Lokalaugenschein auf dem in Rede stehenden Grundstück am 28. Dezember 2018 sei festgestellt worden, dass der Lagerschuppen ohne die erforderliche Bewilligung weiterhin bestehe.

2 Die dagegen vom Revisionswerber erhobene Beschwerde wies das Landesverwaltungsgericht Tirol (LVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis unter Neufestsetzung der Leistungsfrist als unbegründet ab (1.) und erklärte die ordentliche Revision gegen dieses Erkenntnis für nicht zulässig (2.).

Mit Bauansuchen vom 22. März 2012 habe der Revisionswerber bei der Stadtgemeinde W die Erteilung der Baubewilligung zur Errichtung des gegenständlichen Lagerschuppens als bauliche Anlage vorübergehenden Bestandes beantragt. Mit Bescheid der Bürgermeisterin vom 28. März 2012 sei die beantragte Baubewilligung für die Dauer von 5 Jahren, d.h. bis 28. März 2017, erteilt worden. Zwischen dem Revisionswerber und der S W GmbH als Grundstückseigentümerin sei ein Pachtvertrag vom 20. März 2012 samt Zusatz zum Pachtvertrag geschlossen worden. Unter Punkt 7. dieses Vertrages sei vereinbart worden, dass im Falle einer Kündigung des Pachtvertrages bzw. bei Beendigung des Bestandsverhältnisses sämtliche festen Baulichkeiten und Einrichtungen, die während der Pachtdauer vom Pächter errichtet worden seien, nach Wahl der Verpächterin entweder durch den Pächter auf dessen Kosten zu entfernen seien, oder diese entschädigungslos in das Eigentum der Verpächterin übergingen. Weiters sei zwischen dem Revisionswerber und der Stadtgemeinde eine Vereinbarung vom 26. März 2012 geschlossen worden, in welcher sich die Stadtgemeinde unter näher genannten Bedingungen verpflichte, die Materialkosten für das Bauholz, das Blechdach und eine Aufschüttung für die "Garagenfläche" zu übernehmen. In Punkt b) dieser Vereinbarung sei festgelegt, dass sich der Revisionswerber damit einverstanden erkläre, dass dann, wenn "die gegenständliche Garage" von ihm nicht mehr für seine unternehmerischen Zwecke benötigt werde, diese auf seine Kosten nach Wahl der Stadtgemeinde entweder unverzüglich abzutragen sei, oder die Garage mit sofortiger Wirkung und unentgeltlich in das Eigentum der Stadtgemeinde übergehe. Für den Fall, dass hinsichtlich der Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes oder der Eigentumsübertragung unterschiedliche Auffassungen zwischen der Stadtgemeinde und der Grundstückseigentümerin S W GmbH bestehen sollten, gehe der Wunsch der Grundeigentümerin vor. Mit Schreiben der S W GmbH vom 20. Dezember 2018 sei der Pachtvertrag vom 20. März 2012 gekündigt worden; in diesem Schreiben sei weiters unter Bezugnahme auf Punkt 7. des Pachtvertrages ausgeführt worden, dass darum ersucht werde, sämtliche festen Baulichkeiten und Einrichtungen, die vom Pächter errichtet worden seien, auf seine Kosten zu entfernen und den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen.

3 Gemäß § 53 Abs. 7 erster Satz TBO 2018 habe der Inhaber der Baubewilligung einer baulichen Anlage vorübergehenden Bestandes nach dem Ablauf der Bewilligung diese von sich aus zu beseitigen und den Bauplatz wieder in seinen ursprünglichen Zustand zu versetzen. Werde dieser Verpflichtung nicht entsprochen, habe die Behörde ihm gemäß § 53 Abs. 7 letzter Satz leg. cit. die Durchführung der erforderlichen Maßnahmen bescheidmäßig aufzutragen.

4 Inhaber der abgelaufenen Baubewilligung sei der Revisionswerber, diesem sei mit Bescheid der Bürgermeisterin der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 28. März 2012 die am 28. März 2017 abgelaufene Baubewilligung erteilt worden. Eine Fristverlängerung sei hinsichtlich der Baubewilligung nicht beantragt worden; auch sei die bauliche Anlage nach Ablauf der Bewilligung nicht entfernt worden.

5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zu ihrer Zulässigkeit zusammengefasst vorbringt, § 53 Abs. 7 TBO 2018 setze voraus, dass der Inhaber der abgelaufenen Baubewilligung auch über das zu entfernende Bauwerk verfügungsberechtigt sei. Das LVwG hätte hierzu Beweise aufzunehmen und eine mündliche Verhandlung durchzuführen gehabt. Der Revisionswerber habe aufgrund der erfolgten Aufkündigung des Pachtverhältnisses "und dem damit verbundenen Eigentumsübergang" aktenkundig vorgebracht, dass ihm die Entfernung der gegenständlichen baulichen Maßnahme nicht möglich sei. Das LVwG habe die Rechtsfrage der "grundsätzlichen Verfügungsmöglichkeit" des Revisionswerbers falsch beurteilt; im Übrigen fehle "zu dieser Rechtsfrage, insbesondere zur Auslegung von § 53 Abs. 7 TBO" jegliche höchstgerichtliche Rechtsprechung. 6 Mit diesem Vorbringen zeigt der Revisionswerber eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung für den Revisionsfall nicht auf:

7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 10 § 53 Abs. 1, 4 und 7 TBO 2018 in der maßgeblichen Fassung LGBl. Nr. 28/2018 lautet:

"§ 53

Bauliche Anlagen vorübergehenden Bestandes

(1) Für bauliche Anlagen, die aufgrund ihres besonderen Verwendungszweckes nur für einen vorübergehenden Bestand bestimmt sind, kann anstelle eines Bauansuchens nach § 29 oder einer Bauanzeige nach § 30 um die Erteilung einer befristeten Bewilligung angesucht werden.

(...)

(4) Die Bewilligung ist befristet auf einen Zeitraum, der dem voraussichtlichen Bedarf an der betreffenden baulichen Anlage entspricht, längstens jedoch auf die Dauer von fünf Jahren ab dem Eintritt der Rechtskraft der Bewilligung zu erteilen. Auf Antrag des Inhabers der Bewilligung kann diese einmal um höchstens zwei Jahre erstreckt werden, wenn die betreffende bauliche Anlage weiter benötigt wird und die Voraussetzungen nach Abs. 3 weiterhin vorliegen. Um die Erstreckung der Bewilligung ist vor ihrem Ablauf bei der Behörde schriftlich anzusuchen. Durch die rechtzeitige Einbringung des Ansuchens wird der Ablauf der Frist bis zur Entscheidung der Behörde gehemmt.

(...)

(7) Nach dem Ablauf der Bewilligung hat deren Inhaber die bauliche Anlage zu beseitigen und den Bauplatz wieder in seinen ursprünglichen Zustand zu versetzen. § 51 Abs. 2, 3 und 4 gilt sinngemäß. Kommt er diesen Verpflichtungen nicht nach, so hat ihm die Behörde mit Bescheid die Durchführung der erforderlichen Maßnahmen aufzutragen.

(...)"

11 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa VwGH 23.3.2017, Ra 2016/06/0137, oder auch 1.8.2017, Ra 2017/06/0105, jeweils mwN) fehlen die Voraussetzungen für die Erhebung einer außerordentlichen Revision (u.a.) dann, wenn sich das Verwaltungsgericht auf einen klaren Gesetzeswortlaut stützen kann. Ist die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen eindeutig, liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG vor, und zwar auch dann nicht, wenn zu einer der anzuwendenden Normen noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen ist.

12 Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen hat, bilden die Regelungen betreffend bauliche Anlagen vorübergehenden Bestandes in der TBO gegenüber den sonstigen (inhaltlich vergleichbaren) Regelungen dieses Gesetzes ein eigenes Regelungsregime (vgl. zu den Rechtslagen nach der TBO 2001 VwGH 27.1.2011, 2010/06/0230, betreffend die Parteistellung des Nachbarn im Bauverfahren, bzw. nach der TBO 2011 VwGH 26.6.2014, Ro 2014/06/0042, betreffend die Abweisung eines weiteren Antrages auf Verlängerung der Baubewilligung). Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut ist ein baupolizeilicher Auftrag gemäß § 53 Abs. 7 TBO 2018 an den Inhaber der für eine bauliche Anlage vorübergehenden Bestandes erteilten Baubewilligung (und nicht, wie etwa in §§ 46 bzw. 47 leg. cit. an den Eigentümer der baulichen Anlage) zu erteilen.

Sonstige Anforderungen betreffend den Bescheidadressaten sieht die genannte Gesetzesbestimmung nicht vor. Der beweiswürdigenden Ausführung des LVwG im angefochtenen Erkenntnis, wonach der Revisionswerber der Inhaber der abgelaufenen Baubewilligung vom 28. März 2012 ist, tritt dieser in der Revision nicht entgegen. 13 Auf die "grundsätzliche Verfügungsmacht" des Bewilligungsinhabers kommt es nach dem insoweit klaren Wortlaut des § 53 Abs. 7 TBO 2018 hingegen nicht an, sodass mit dem dazu erstatteten Zulässigkeitsvorbringen keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt wird.

14 In der Revision werden damit insgesamt keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 5. Dezember 2019

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