VwGH Ra 2019/05/0277

VwGHRa 2019/05/027711.10.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bayjones und den Hofrat Dr. Moritz sowie die Hofrätin Dr. Leonhartsberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa, über die Revision

1. des Dipl. Päd. J G und 2. der M X Y, beide in O, beide vertreten durch Dr. Christian Függer, Rechtsanwalt in 3100 St. Pölten, Josefstraße 1/I, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 14. März 2019, LVwG-AV-71/001-2018, betreffend einen Bauauftrag nach der NÖ BO 2014 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:

Gemeindevorstand der Marktgemeinde K; weitere Partei:

Niederösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §37
AVG §40
AVG §45 Abs3
MRK Art6
VwGVG 2014 §17
VwGVG 2014 §24

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019050277.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in

nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 14. März 2019 wurde die von den Revisionswerbern erhobene Beschwerde gegen den Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde K. vom 24. November 2017, mit dem den Revisionswerbern als Eigentümer einer näher bezeichneten Liegenschaft der baupolizeiliche Auftrag erteilt worden war, binnen vier Monaten ab Rechtskraft des Bescheides näher bezeichnete Sanierungsmaßnahmen zur Beseitigung von Baugebrechen an dem auf der Liegenschaft befindlichen Nebengebäude durchzuführen, als unbegründet abgewiesen. Die Revision dagegen wurde für nicht zulässig erklärt.

5 Zu ihrer Zulässigkeit wird in der Revision zunächst ausgeführt, "nach ständiger Rechtsprechung" sei das Protokoll einer mündlichen Verhandlung - jedenfalls über Antrag einer Partei - vor Erlassung des Erkenntnisses zuzustellen. Vom Erstrevisionswerber sei noch während der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht der Antrag gestellt worden, die Protokollabschrift zwecks Möglichkeit zur Korrektur vor der Fällung des Erkenntnisses zugestellt zu erhalten, was auch "genehmigt" worden sei. Dennoch sei das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 22. Jänner 2019 nicht wie beantragt vor Erlassung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtes zur Berichtigung oder Korrektur zugestellt worden, weshalb eine Protokollberichtigung rechtlich nicht mehr möglich gewesen sei.

6 Abgesehen davon, dass die Zulassungsbegründung mit dem bloßen Verweis auf "ständige Rechtsprechung" dem Erfordernis einer Konkretisierung, von welcher Rechtsprechung das angefochtene Erkenntnis abweiche, nicht genügt (vgl. VwGH 27.2.2018, Ra 2018/05/0014; 22.11.2017, Ra 2014/06/0038), versagt dieses Vorbringen auch deshalb als Zulässigkeitsgrund, weil dazu in den Revisionsgründen nichts mehr ausgeführt wird (vgl. VwGH 12.8.2019, Ra 2019/20/0366; 25.1.2019, Ra 2018/20/0483; 27.11.2018, Ra 2018/14/0069).

7 Des Weiteren wird in der Zulassungsbegründung der Revision vorgebracht, die Revisionswerber seien der Sitzung des Gemeindevorstandes, in welcher über ihre Berufung beraten worden sei, nicht beigezogen und daher von der Berufungsbehörde nicht angehört worden. Dadurch seien die Revisionswerber in ihrem Recht auf ein faires Verfahren nach Art. 6 Abs. 1 EMRK verletzt worden. 8 Dieses - nicht weiter konkretisierte - Vorbringen stellt schon deswegen keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung dar, weil Art. 6 EMRK Verfahrensgarantien in Bezug auf ein Verfahren vor einem Gericht einräumt. Bei einem Gemeindevorstand handelt es sich jedoch um kein Gericht. Das im Beschwerdeweg zuständig gewordene Verwaltungsgericht hat jedenfalls eine mündliche Verhandlung unter Beiziehung der Revisionswerber durchgeführt und diese gehört. Selbst wenn - was hier dahingestellt bleiben kann - im Verfahren vor dem Gemeindevorstand die Einvernahme der Revisionswerber in rechtswidriger Weise unterblieben sein sollte, wäre ein solcher Verfahrensmangel spätestens durch die Einräumung des Parteiengehörs im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht saniert (vgl. zur Sanierung von Mängeln des Berufungsverfahrens durch ein mängelfreies Verfahren vor dem Verwaltungsgericht z.B. VwGH 1.8.2019, Ra 2017/06/0248 und 0249; 2.8.2018, Ra 2017/05/0007). Das diesbezügliche Zulässigkeitsvorbringen war auch deshalb nicht geeignet, eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen.

9 Schließlich bringt die Revision noch vor, sowohl der Gebäudezustand als auch der Vorgang der Sanierung seien bekannt gewesen, weshalb es weder erforderlich noch notwendig gewesen sei, zur Erreichung des legitimen Zwecks "Bauauflagen" zu erteilen. Der Eingriff in das Eigentum der Revisionswerber sei "nicht das gelinderste und zweckentsprechendste Mittel" gewesen. Das Verwaltungsgericht habe diesen Umstand nicht einmal erhoben. Dabei handle es sich um eine gravierende Verletzung eines tragenden Verfahrensgrundsatzes.

10 Mit diesem allgemein gehaltenen Vorbringen legen die Revisionswerber nicht nachvollziehbar dar, welche Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, von deren Lösung das rechtliche Schicksal der Revision abhinge, vom Verwaltungsgerichtshof zu klären wäre. Soweit die Revisionswerber damit das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung eines Bauauftrages generell verneinen wollten, hätten sie konkret darstellen müssen, warum der "Zustand der Gebäude" und der "Vorgang der Sanierung" der Erlassung eines Bauauftrages entgegenstanden.

11 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 11. Oktober 2019

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte