VwGH Ra 2019/04/0058

VwGHRa 2019/04/005826.6.2019

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Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie die Hofrätin Mag. Hainz-Sator und den Hofrat Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa, über die Revision der A GmbH & Co KG in S, vertreten durch Dr. Wolfgang Spitzy, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Herrengasse 6-8/1/23, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 9. Jänner 2019, Zl. VGW- 123/061/11562/2018-27, betreffend vergaberechtliche Nachprüfung (mitbeteiligte Partei: Stadt Wien, Magistratsabteilung 31), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §45 Abs3
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019040058.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 1. Die mitbeteiligte Stadt Wien führte als Auftraggeberin ein offenes Verfahren nach den Bestimmungen des BVergG 2006 für den Sektorenbereich im Oberschwellenbereich zur Vergabe eines Lieferauftrages für Guss-Druckrohre, -Formstücke und Zubehör zum Rohrlager durch.

2 Das von der Revisionswerberin gelegte Angebot wurde von der Auftraggeberin am 15. Februar 2018 ausgeschieden, weil keine ausreichenden Nachweise für die Trinkwasserkonformität der angebotenen Produkte lautend auf die Revisionswerberin vorgelegt worden seien.

Das Verwaltungsgericht Wien gab dem dagegen erhobenen Antrag der Revisionswerberin auf Nichtigerklärung Folge und hob die Ausscheidensentscheidung mit Erkenntnis vom 26. April 2018 auf. Dies wurde damit begründet, dass die Auftraggeberin keine abschließende Prüfung der von der Revisionswerberin vorgelegten Nachweise vorgenommen habe.

3 Die Auftraggeberin setzte in der Folge die Prüfung fort, wobei die Revisionswerberin auf Ersuchen der Auftraggeberin weitere Unterlagen vorlegte. Am 23. August 2018 traf die Auftraggeberin erneut eine Ausscheidensentscheidung, gegen die die Revisionswerberin einen Antrag auf Nichtigerklärung einbrachte. Darin führte sie unter anderem aus, es sei bereits aus dem von ihr beigebrachten Auszug aus dem Qualitätsmarkenregister ersichtlich, dass die angebotenen Rohre über die geforderte Trinkwassertauglichkeit verfügen würden. Ebenso sei die Gleichwertigkeit der von der Revisionswerberin vorgelegten Nachweise gegeben.

4 2. Der Antrag auf Nichtigerklärung wurde mit dem angefochtenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 9. Jänner 2019 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Das Verwaltungsgericht wies zudem den Antrag auf Pauschalgebührenersatz ab (Spruchpunkt II.) und erklärte die ordentliche Revision für nicht zulässig (Spruchpunkt III.).

5 In seiner Begründung hielt das Verwaltungsgericht fest, dass von der Revisionswerberin kein Nachweis der Trinkwassertauglichkeit im Sinn der Festlegung in den Ausschreibungsunterlagen mittels eines (auf sie als Qualitätsmarkeninhaberin lautenden) ÖVGW-Zertifikats erbracht worden sei, der vor dem Tag der Angebotsöffnung (31. Oktober 2017) bereits bestanden habe. Das von der Revisionswerberin nachgereichte Zertifikat datiere vom 23. Jänner 2018. Der vorgelegte Auszug aus dem Qualitätsmarkenregister sei weder formal noch materiell als ÖVGW-Zertifikat zu werten. Es seien daher von der Auftraggeberin mit Hilfe eines Gutachtens alle von der Revisionswerberin im Zuge des Vergabeverfahrens vorgelegten Nachweise auf ihre Gleichwertigkeit mit einem ÖVGW-Zertifikat zu prüfen gewesen. Auch die Revisionswerberin habe die Möglichkeit gehabt, ein solches Gutachten beizubringen. Dies sei spätestens mit dem aufhebenden Erkenntnis vom 26. April 2018 auch für die Revisionswerberin klargestellt gewesen. Das von der Auftraggeberin eingeholte Gutachten einer akkreditierten Prüfstelle komme zum Ergebnis, dass mit den vorgelegten Nachweisen die Trinkwassertauglichkeit nicht belegt werden könne. Es bestehe darüber hinaus auch keine Gleichwertigkeit der vorgelegten Nachweise zu einem ÖVGW-Zertifikat.

Die Revisionswerberin habe den Inhalt des von der Auftraggeberin eingeholten Gutachtens nicht substantiiert in Zweifel ziehen können, weshalb dem Antrag auf Einholung eines weiteren Gutachtens nicht stattzugeben gewesen sei. Der Revisionswerberin wäre es zudem unbenommen gewesen, selbst ein Gutachten zum Nachweis der Gleichwertigkeit und zum Beweis ihres Vorbringens beizubringen. Die Auftraggeberin habe der Revisionswerberin mehrfach die Gelegenheit zur Vorlage geeigneter Nachweise gegeben. Eine darüber hinausgehende Anleitung der Nachweisführung hätte dem Grundsatz der Bietergleichbehandlung widersprochen. Die Ausscheidensentscheidung sei daher zu Recht ergangen. 6 3. Gegen dieses Erkenntnis erhob die Revisionswerberin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluss vom 13. März 2018, E 782/2019-5, die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

7 4. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 8 5. Die vorliegende Revision bringt zur Begründung ihrer Zulässigkeit vor, die Entscheidung hänge von der Lösung einer grundsätzlichen Rechtsfrage ab, weil das angefochtene Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Grundsatz der Waffengleichheit abweiche. Der Revisionswerberin sei keine ausreichende Möglichkeit eingeräumt worden, qualifiziert und inhaltlich auf ein für sie negatives Gutachten einzugehen. Sie habe das komplizierte Gutachten erst wenige Tage vor der mündlichen Verhandlung erhalten. Der Zweck des Rechtsschutzverfahrens liege in der Wahrung des rechtlichen Gehörs sämtlicher Parteien und sei ein Mittel zur Wahrung des Grundsatzes der Waffengleichheit zwischen den Parteien. Jede Partei müsse eine vernünftige Möglichkeit erhalten, ihren Standpunkt unter Bedingungen darzustellen, die sie nicht gegenüber ihrem Prozessgegner in einen wesentlichen Nachteil versetzen würde. Jeder Partei müsse die Gelegenheit gegeben werden, von den eingebrachten Ausführungen und Beweisen der anderen Partei rechtzeitig Kenntnis zu erlangen und diese inhaltlich qualifiziert kommentieren zu können.

Von dieser Rechtsprechung weiche das angefochtene Erkenntnis ab, weil das Verwaltungsgericht vermeine, die Revisionswerberin hätte bereits von sich aus im Rahmen des Vergabeverfahrens ein privates Gutachten zur Frage der Gleichwertigkeit der angebotenen Produkte vorzulegen. Ein gegenteiliges Vorgehen würde dem Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter widersprechen. Die Revisionswerberin habe jedoch erst von der Notwendigkeit der Beibringung eines derartigen "Gegengutachtens" ausgehen können, als ihr das von der Auftraggeberin eingeholte Gutachten - sechs Tage vor der mündlichen Verhandlung - zugestellt worden sei.

9 6. Mit diesem Vorbringen wird eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht aufgezeigt:

10 Die Zulässigkeit der Revision setzt neben einem eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufwerfenden Verfahrensmangel voraus, dass die Revision von der Lösung dieser geltend gemachten Rechtsfrage abhängt. Davon kann im Zusammenhang mit einem Verfahrensmangel aber nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird, das heißt, dass dieser abstrakt geeignet sein muss, im Fall eines mängelfreien Verfahrens zu einer anderen - für die revisionswerbenden Parteien günstigeren - Entscheidung zu führen (vgl. VwGH 24.10.2018, Ra 2016/04/0040, mwN). Das gilt insbesondere auch bei einer behaupteten Verletzung des Parteiengehörs, wie der Verwaltungsgerichtshof in dem von der Revision ins Treffen geführten Beschluss VwGH 25.1.2017, Ra 2016/12/0117, ausgesprochen hat.

11 Im vorliegenden Fall geht die Revision in ihren Ausführungen zur Zulässigkeit auf die Relevanz des von ihr behaupteten Verfahrensmangels, nämlich der Verletzung des Grundsatzes der Waffengleichheit bzw. des Rechts auf Parteiengehör, auf den Verfahrensausgang nicht ein. Damit wird nicht ausgeführt, weshalb - hier: auf Grund welcher konkreter Vorbringen in Bezug auf das Gutachten zur Frage der Gleichwertigkeit der vorgelegten Nachweise - in der Sache ein anderes, für die Revisionswerberin günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können.

12 7. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 26. Juni 2019

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