VwGH Ro 2019/04/0020

VwGHRo 2019/04/00208.8.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler und die Hofräte Dr. Mayr und Mag. Brandl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Wölfl, über die Revision des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 21. März 2019, Zl. LVwG- 2018/32/0417-13, betreffend Übertretung des Bundes-Energieeffizienzgesetzes (mitbeteiligte Partei: G H B in I, vertreten durch Dr. Andreas König, Dr. Andreas Ermacora, Dr. Christian Klotz, MMag. Mathias Demetz, BSc, Mag. Claudia Lantos, LL.M. und Dr. Simon Gleirscher, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Erlerstraße 4/3),

Normen

B-VG Art133 Abs4
EEffG 2014 §31 Abs1 Z3 lita
EEffG 2014 §9 Abs2 Z1 lita
EEffG 2014 §9 Abs2 Z3
VStG §44a
VwGG §25a Abs1
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RO2019040020.J00

 

Spruch:

I. zu Recht erkannt:

Das angefochtene Erkenntnis wird im Umfang der Aufhebung des Straferkenntnisses der Bürgermeisterin der Stadt Innsbruck vom 15. Jänner 2018 und der Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 45 Abs. 1 Z 3 VStG betreffend den Vorwurf der nicht fristgerechten Durchführung des erstmaligen Energieaudits nach § 31 Abs. 1 Z 3 lit. a iVm § 9 Abs. 2 Z 1 lit. a, § 32 Abs. 1 und § 33 Abs. 3 EEffG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

II. den Beschluss gefasst:

Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

III. Ein Aufwandersatz findet nicht statt.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der Bürgermeisterin der Stadt Innsbruck vom 15. Jänner 2018 wurde dem Mitbeteiligten vorgeworfen, er habe es als Vorstandsmitglied und damit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der B AG zu verantworten, dass die B AG A. das externe Energieaudit nach Maßgabe der §§ 17 f Bundes-Energieeffizienzgesetz (EEffG) erst am 30. September 2016 und somit nicht längstens bis 1. Dezember 2015 abgeschlossen habe und B. die Durchführung des externen Energieaudits nach Maßgabe der §§ 17 f EEffG der nationalen Energieeffizienz-Monitoringstelle, und zwar der Österreichischen Energieagentur - Austrian Energy Agency GmbH, erst am 16. November 2016 und somit nicht unverzüglich nach Durchführung am 30. September 2016 gemeldet habe.

Dadurch habe der Revisionswerber § 31 Abs. 1 Z 3 lit. a in Verbindung mit § 9 Abs. 2 Z 1 lit. a, § 32 Abs. 1 sowie § 33 Abs. 3 EEffG und § 31 Abs. 1 Z 3 lit. a in Verbindung mit § 9 Abs. 2 Z 3 EEffG jeweils in Verbindung mit § 9 Abs. 1 VStG verletzt; über ihn wurde eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 800,--

(Ersatzfreiheitsstrafe 26 Stunden) verhängt.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol (LVwG) vom 21. März 2019 wurde der Beschwerde des Mitbeteiligten insofern Folge gegeben, als das Straferkenntnis behoben und "die Verwaltungsstrafverfahren im Hinblick auf die nicht fristgerechte Durchführung des erstmaligen Energieaudits (§ 32 Abs. 1 EEffG) gemäß § 45 Abs. 1 Z 3 VStG und im Hinblick auf die nicht unverzügliche Meldung über die Durchführung des erstmaligen Energieaudits (§ 9 Abs. 2 Z 3 EEffG) gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG eingestellt" wurden. Die Revision wurde gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für zulässig erklärt.

3 Begründend legte das LVwG zum Vorwurf des nicht bis zum 30. November 2015 fristgerecht durchgeführten externen Energieaudits dar, dass diese Verwaltungsübertretung mit Ablauf der Frist am 30. November 2015 gesetzt worden sei. Es sei daher im Hinblick auf die Verfolgungshandlung der amtsrevisionswerbenden Partei vom 16. Mai 2017 die Verfolgungsverjährung eingetreten und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 3 VStG einzustellen.

Demgegenüber sei das Verwaltungsstrafverfahren in Bezug auf die nicht unverzügliche Meldung des erstmals durchgeführten Energieaudits gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG einzustellen, weil die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung ebenso wie das Verschulden des Mitbeteiligten als gering anzusehen seien.

Die Zulässigkeit der Revision begründete das LVwG mit dem Fehlen von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Rechtsfrage, ob es sich bei der Missachtung der Verpflichtung zur fristgerechten Durchführung des erstmaligen Energieaudits nach § 31 Abs. 1 Z 3 lit. a iVm § 32 Abs. 1 EEffG um ein Dauerdelikt handle.

4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Amtsrevision des Bürgermeisters der Stadt Innsbruck mit dem Antrag gemäß § 42 Abs. 4 VwGG in der Sache selbst zu entscheiden und das angefochtene Erkenntnis dahingehend abzuändern, dass die Beschwerde des Mitbeteiligten als unbegründet abgewiesen werde; in eventu das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts seinem gesamten Umfang nach aufzuheben. Der Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung und beantragte die kostenpflichtige Zurück- in eventu Abweisung der Revision.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

5 Nach der maßgeblichen Strafbestimmung des § 31 Abs. 1 Z 3 EEffG ist mit Geldstrafe bis zu EUR 10.000,-- zu bestrafen, wer den in § 9 oder § 32 Abs. 1 EEffG festgelegten Verpflichtungen nicht nachkommt. Große Unternehmen haben gemäß (dem vorliegend herangezogenen) § 9 Abs. 2 Z 1 lit. a EEffG in regelmäßigen Abständen, zumindest alle vier Jahre, ein externes Energieaudit durchzuführen, wobei das erste Energieaudit nach der Übergangsbestimmung des § 32 Abs. 1 EEffG binnen elf Monaten nach Inkrafttreten dieser Verpflichtung am 1. Jänner 2015 - somit bis zum 1. Dezember 2015 - durchzuführen war, sowie gemäß § 9 Abs. 2 Z 3 EEffG unter anderem die Durchführung des Energieaudits, dessen Inhalte und gewonnenen Erkenntnisse unverzüglich der nationalen Energieeffizienz-Monitoringstelle zu melden oder melden zu lassen. 6 Bei diesen zwei in § 9 Abs. 2 Z 1 lit. a und Z 3 EEffG normierten Verpflichtungen, deren Nichterfüllung in § 31 Abs. 1 Z 3 lit. a EEffG unter Strafe gestellt ist, handelt es sich um zwei getrennt zu sanktionierende Tatbestände.

7 Liegen - wie hier in Bezug auf die getrennt zu sanktionierenden Tatbestände - trennbare Absprüche vor, so ist die Zulässigkeit einer dagegen erhobenen Revision auch getrennt zu überprüfen (vgl. etwa VwGH 29.11.2017, Ro 2017/04/0020, Rn. 25 mwN).

8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9 Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, sind gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist nach § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

11 Die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zur Kontrolle der Entscheidungen der Verwaltungsgerichte ist nicht nur für den Fall einer außerordentlichen Revision, sondern auch bei ordentlichen Revisionen auf die Wahrnehmung von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG begrenzt. Wird in der Zulässigkeitsbegründung des Verwaltungsgerichts das Vorliegen einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht dargestellt und auch vom Revisionswerber nicht dargelegt, dass die Entscheidung der Revision von der Beantwortung einer (anderen als der vom Verwaltungsgericht angesprochenen) Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung abhängt, so ist auch eine ordentliche Revision zurückzuweisen (vgl. etwa VwGH 6.3.2019, Ro 2018/03/0029, Rn. 30; 7.3.2017, Ro 2015/04/0027, Rn. 5, jeweils mwN).

12 Vor diesem Hintergrund ist die vorliegende Revision in Bezug auf den Abspruch des LVwG betreffend die Bestrafung des Mitbeteiligten wegen des Vorwurfs der nicht unverzüglichen Meldung des durchgeführten Energieaudits nicht zulässig.

13 Sowohl die Zulässigkeitsbegründung des Verwaltungsgerichts, als auch das Zulässigkeitsvorbringen der Amtsrevision beziehen sich ausschließlich auf die Frage des Beginns der Verfolgungsverjährungsfrist betreffend die Nichteinhaltung der Verpflichtung zur Durchführung eines erstmaligen Energieaudits innerhalb der dafür gesetzlich vorgeschriebenen Frist bis 30. November 2015, setzen sich jedoch nicht mit dem davon trennbaren Vorwurf der nicht unverzüglichen Meldung des (nicht fristgerecht) erstmalig durchgeführten Energieaudits auseinander. 14 Eine Rechtsfrage, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, wird in Bezug auf den trennbaren Abspruch über die Bestrafung nach § 31 Abs. 1 Z 3 lit. a iVm § 9 Abs. 2 Z 3 EEffG nicht aufgeworfen. Die Revision war daher in diesem Umfang zurückzuweisen.

15 Demgegenüber legt die Amtsrevision in ihrem gesonderten Zulässigkeitsvorbringen richtig dar, dass das angefochtene Erkenntnis im Umfang der Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens betreffend den Vorwurf der nicht fristgerechten Durchführung eines erstmaligen Energieaudits gemäß EEffG von der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht. Die Amtsrevision ist in diesem Umfang zulässig und berechtigt.

16 Entgegen der vom LVwG im angefochtenen Erkenntnis vertretenen Rechtsmeinung, wonach die gemäß § 31 Abs. 1 erster Satz VStG einjährige Frist für die Verfolgungsverjährung betreffend die pönalisierte Verpflichtung zur fristgerechten Durchführung eines erstmaligen Energieaudits bereits mit Ablauf der dafür normierten Frist am 1. Dezember 2015 zu laufen beginnt, legte der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 27. Februar 2019, Ra 2018/04/0134, (auf dessen nähere Begründung gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird) dar, dass es sich bei der unter Strafe gestellten Nichteinhaltung der Verpflichtung zur fristgerechten Durchführung eines Energieaudits um ein Unterlassungsdelikt handelt, hinsichtlich dessen die Frist für die Verfolgungsverjährung erst mit der Nachholung der gebotenen Maßnahme zu laufen begonnen hat.

17 Konkret wurde das erstmalige Energieaudit am 30. September 2016 fertiggestellt. Die erstmalige Verfolgungshandlung der amtsrevisionswerbenden Partei (Aufforderung zur Rechtfertigung) vom 16. Mai 2017 erfolgte somit jedenfalls vor Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist. Die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 45 Abs. 1 Z 3 VStG durch das LVwG erweist sich daher als inhaltlich rechtwidrig. 18 Soweit der Mitbeteiligte in seiner Revisionsbeantwortung gegen eine Bestrafung wegen der verspäteten Durchführung des erstmaligen Energieaudits die Bestellung eines Energieauditors als verantwortlich Beauftragten im Sinne des § 9 Abs. 2 zweiter Satz VStG mit klar umrissenem und abgegrenztem Verantwortungsbereich, zu dem unter anderem die sanktionierte Verpflichtung zähle, einwendet, mangelt es an hinreichenden Feststellungen im angefochtenen Erkenntnis zur Beauftragung des bestellten Energieauditors, insbesondere dazu, ob diesem die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit für den im konkreten Fall wesentlichen, klar abgegrenzten Bereich übertragen wurde und er dieser Übertragung nachweislich zugestimmt hat.

19 Ebenso fehlen hinreichende Feststellungen zum näher begründeten Einwand des Mitbeteiligten, ihn treffe, wenn überhaupt, nur ein geringes Verschulden im Sinne des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG.

20 Indem das Verwaltungsgericht entgegen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs den Beginn der Frist der Verfolgungsverjährung bereits mit dem Ende der Frist zur Durchführung des erstmaligen Energieaudits ansetzte, von einer Verfolgungsverjährung ausging und bereits deshalb das Straferkenntnis im Umfang dieses Vorwurfs aufhob und das Verwaltungsstrafverfahren einstellte, ohne zu den weiteren Einwendungen des Mitbeteiligten in der Beschwerde hinreichende Feststellungen zu treffen, hat es seine Entscheidung mit Rechtswidrigkeit des Inhalts belastet. Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG in diesem Umfang aufzuheben. 21 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 50 VwGG.

Wien, am 8. August 2019

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