VwGH Ra 2019/03/0072

VwGHRa 2019/03/007224.9.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger und die Hofräte Dr. Lehofer und Mag. Nedwed als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision 1. des Dr. J S (protokolliert zu Ra 2019/03/0072), 2. des J Sch (protokolliert zu Ra 2019/03/0073), beide in N, 3. der E S (protokolliert zu Ra 2019/03/0074) und 4. des L S (protokolliert zu Ra 2019/03/0075), beide in N, alle vertreten durch Dr. Agnes Maria Kienast, Rechtsanwältin in 2100 Korneuburg, Hauptplatz 24, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 19. April 2019, Zl. LVwG-AV-1294/001-2018, betreffend Abweisung eines Antrages auf Überprüfung der Höhe des Jagdpachtschillings (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:

Bezirkshauptmannschaft Korneuburg; mitbeteiligte Parteien:

1. Jagdgenossenschaft N in N, 2. Jagdgesellschaft N, vertreten durch Anzböck & Brait Rechtsanwälte GmbH in 3430 Tulln, Stiegengasse 8), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §52
JagdG NÖ 1974 §18 Abs3
JagdG NÖ 1974 §39 Abs7
VwGG §28 Abs1 Z4
VwGG §34 Abs1
VwRallg

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019030072.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die Bezirkshauptmannschaft Korneuburg genehmigte gemäß §§ 39 Abs. 7, 40 und 41 NÖ Jagdgesetz 1974 (NÖ JG) mit Bescheid vom 25. Oktober 2018 den am 31. Jänner 2018 gefassten Beschluss des Jagdausschusses der erstmitbeteiligten Jagdgenossenschaft über die Verlängerung des bestehenden Jagdpachtverhältnisses zwischen dieser Jagdgenossenschaft und der zweitmitbeteiligten Jagdgesellschaft für die Dauer der Jagdperiode von 1. Jänner 2020 bis 31. Dezember 2028.

2 Gegen diesen Bescheid erhoben die revisionswerbenden Parteien Beschwerde im Wesentlichen mit der Begründung, der vereinbarte Pachtzins stehe in einem auffallenden Missverhältnis zum Wert des Genossenschaftsjagdgebietes und das eingeholte Gutachten des Amtssachverständigen weise näher dargelegte Mängel auf.

3 Das Verwaltungsgericht gab der Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung keine Folge und bestätigte - mit einer im Revisionsverfahren nicht wesentlichen Spruchmodifikation -

den vor ihm angefochtenen Bescheid. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde für nicht zulässig erklärt. 4 Nach Darlegung des Verfahrensganges stellte das Verwaltungsgericht zusammengefasst - soweit hier maßgeblich - fest, dass das gegenständliche Genossenschaftsjagdgebiet eine jagdbare Fläche von ca. 1.099 Hektar besitze und die revisionswerbenden Parteien Eigentümer mehrerer Grundstücke seien, die im gegenständlichen Jagdgebiet liegen. Hauptschalenwildart in dieser agrarisch geprägten Region nördlich des sogenannten "R.- Waldes" sei das Rehwild; Schwarzwild komme ebenfalls vor und verursache regelmäßig Schäden an der Feldflur. Die Jagdgebiete würden auch reine Niederwildteile aufweisen, wo Hase, Fasan und anderes Niederwild bejagt werde.

5 Dabei stütze sich das Verwaltungsgericht auf die Einsicht in den Verfahrensakt, die Ergebnisse der mündlichen Verhandlung und auf das dort erstattete Gutachten des jagdfachlichen Amtssachverständigen, das vom Verwaltungsgericht als schlüssig und nachvollziehbar erachtet wurde.

6 Der Amtssachverständige führte in einer - im Erkenntnis wiedergegebenen - Tabelle das verfahrensgegenständliche sowie die umliegenden, hierzu vergleichbaren Genossenschaftsjagdgebiete an. Diese Genossenschaftsjagden würden über Jahre hinweg ähnliche Streckenergebnisse bei Reh-, Schwarz- und Niederwild zeigen. Weiters ist dem Gutachten, das insoweit auch im angefochtenen Erkenntnis wiedergegeben wird, Folgendes zu entnehmen:

"Zur Überprüfung der Angemessenheit des Jagdpachtschillings werden im Rahmen eines Vergleichswertverfahrens die Pachtschillinge von den umliegenden Genossenschaftsjagdgebieten, welche ähnliche Voraussetzungen aufweisen, verglichen.

Eine Berechnung des Verkehrswertes (Marktwertes) einer GJ ist aus jagdfachlicher Sicht im vorliegenden Fall nicht zielführend, da die ggs. GJ nicht am Markt platziert wurde sondern das langjährige Pachtverhältnis verlängert wurde.

Die Vergleichswertmethode stellt dagegen den fiktiven ?monetären Wert' einer Jagdpachtung im Kontext ähnlicher Genossenschaftsjagdgebiete in der näheren Umgebung des Bewertungsobjektes dar. Im vorliegen Fall wurden jene GJ, die im Nahbereich der gegenständlichen GJ liegen und vergleichbare Wildstände und Strecken erzielen, verglichen. (...)

Der Mittelwert der Pachtschillinge der GJ liegt bei EUR 1,35 je Hektar und Jahr. Vermindert um 20 % liegt demnach die Toleranzschwelle bei EUR 1,08 je Hektar und Jahr. Der Jagdpachtschilling der ggs. Genossenschaftsjagd liegt mit EUR 2,27 über dem Durchschnittswert der untersuchten Jagdpachtschillinge. Die Streckenergebnisse sind im ggs. GJ durchwegs besser als in den umliegenden und der erhöhte Pachtschilling damit erklärbar.

Aus jagdfachlicher Sicht steht der Jagdpachtschilling der ggs. Genossenschaftsjagd in keinem auffallendem Missverhältnis zum Wert der umliegenden, mit ähnlichen jagdlichen Voraussetzungen ausgestatteten Jagdgebiete."

7 In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht aus, dass zunächst der "Wert" der Jagd zu prüfen sei, wobei in diesem Zusammenhang auf die Figur einer vergleichenden Situationsanalyse zurückgegriffen werden könne. Dabei seien der jeweiligen Jagd vergleichbare Jagden gegenüberzustellen. Ähneln diese der zu prüfenden Jagd etwa hinsichtlich des Anteils der Waldausstattung, des Wildbestandes aber auch des Schadensausmaßes, reduziere sich die Überprüfung weitgehend auf den Vergleich der erzielten Jagdpachtschillinge. In diesem Zusammenhang habe der jagdfachliche Amtssachverständige unter Berufung auf entsprechendes Zahlenmaterial nachvollziehbar und schlüssig darauf hingewiesen, dass bei Anwendung des Vergleichswertverfahrens - es sei ein Vergleich mit den umliegenden Genossenschaftsjagden durchgeführt worden - der Jagdpachtschilling im gegenständlichen Genossenschaftsjagdgebiet in der Höhe von EUR 2,27 je Hektar deutlich über dem ermittelten Vergleichswert liege. Die Streckenergebnisse seien im gegenständlichen Genossenschaftsjagdgebiet durchwegs besser als in den umliegenden, wodurch der erhöhte Pachtschilling erklärbar sei.

8 Daher habe sich im gegenständlichen Verfahren kein auffallendes Missverhältnis des Pachtschillings zum Wert des Genossenschaftsjagdgebietes ergeben.

9 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision mit dem Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses.

10 Nach dem in der Revision ausgeführten Revisionspunkt (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG) erachten sich die revisionswerbenden Parteien durch das angefochtene Erkenntnis "in ihrem Recht auf angemessenen Jagdpachtschilling" verletzt.

11 Dazu ist festzuhalten, dass der Anspruch der Mitglieder der Jagdgenossenschaft auf einen angemessenen Pachtschilling (§ 18 Abs. 3 NÖ JG) zivilrechtlicher Natur ist (vgl. etwa VfSlg. 9121/1981, 11.660/1988, 17.533/2005) und die revisionswerbenden Parteien durch das angefochtene Erkenntnis, mit dem gemäß § 39 Abs. 7 NÖ JG ihr Antrag auf Überprüfung der Höhe des Pachtschillings und Aufhebung des Beschlusses des Jagdausschusses über die Verpachtung abgewiesen wurde, nicht in diesem von ihnen ausdrücklich geltend gemachten Recht verletzt sein können.

12 Es kann jedoch dahingestellt bleiben, ob der geltend gemachte Revisionspunkt im Gesamtzusammenhang der Revision auch dahin verstanden werden kann, dass damit (auch) eine Verletzung in dem durch § 39 Abs. 7 NÖ JG eingeräumten Recht auf Aufhebung des Beschlusses über die Verpachtung im Falle eines auffallenden Missverhältnisses der Höhe des Pachtschillings zum Wert des Genossenschaftsjagdgebietes angesprochen wird, da sich die Revision mangels Darlegung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung jedenfalls als unzulässig erweist.

13 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

14 Zur Zulässigkeit wird in der Revision einerseits geltend gemacht, dass Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage fehle, wie der Wert eines Genossenschaftsjagdgebietes bei der Anwendung des § 39 Abs. 7 NÖ JG zu ermitteln sei; sollte dabei das Vergleichswertverfahren und nicht zum Beispiel das Ertragswertverfahren maßgeblich sein, stelle sich die vom Verwaltungsgerichtshof bislang gleichfalls nicht beantwortete Frage, ob Eigenjagden in diese Vergleichswertermittlung nicht einzubeziehen seien. Andererseits sei das Verwaltungsgericht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, wonach das Verwaltungsgericht auf das Parteivorbringen, soweit es für die Feststellung des Sachverhaltes von Bedeutung sei, einzugehen habe. So hätten - wie in den Revisionsgründen näher ausgeführt wird - die revisionswerbenden Parteien in der mündlichen Verhandlung am 9. April 2019 (gemeint wohl: 15. April 2019) vorgebracht, dass unter Anwendung des "Vergleichswertverfahrens" auch Eigenjagden einzubeziehen seien. Darauf sei das Verwaltungsgericht jedoch nicht eingegangen. Auch der Amtssachverständige habe Eigenjagden bei der Erhebung des Befunds für sein Gutachten ausgenommen. 15 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:

16 Die revisionswerbenden Parteien sind Mitglieder der Jagdgenossenschaft und es kommt ihnen gemäß § 39 Abs. 7 NÖ JG daher das Recht zu, einen begründeten Antrag auf Überprüfung der Höhe des Pachtschillings zu stellen. Die Bezirksverwaltungsbehörde hat den Beschluss des Jagdausschusses über die Verpachtung aufzuheben, wenn die Höhe des Pachtschillings in einem auffallenden Missverhältnis zum Wert des Genossenschaftsjagdgebiete s steht.

17 Die Ermittlung des Werts des Genossenschaftsjagdgebietes ist dabei eine Tatsachenfrage, zu deren Klärung das Verwaltungsgericht - wie bereits zuvor die belangte Behörde - einen Amtssachverständigen beigezogen hat, der in seinem Gutachten "die umliegenden, vergleichbaren Genossenschaftsjagdgebiete", die über die Jahre hinweg ähnliche Streckenergebnisse gezeigt haben, berücksichtigt hat.

18 Eine derartige Vorgangsweise begegnet aus rechtlicher Sicht keinen Bedenken (vgl. aus der Rechtsprechung VwGH 1.4.1965, 1692/64, und 9.12.1966, 1098/66, beide zur im Hinblick auf die festzustellenden Tatsachen vergleichbaren Frage des Angliederungsentgelts nach dem Tiroler JagdG, sowie 19.12.2006, 2004/03/0115, zur hier maßgeblichen Bestimmung des § 39 Abs. 7 NÖ JG, wobei in diesen Erkenntnissen jeweils auch dargelegt wird, aus welchen Gründen die Einbeziehung von Eigenjagden in den zugrundeliegenden Verfahren - sachverhaltsbezogen - nicht in Betracht kam). Die Heranziehung von benachbarten, vergleichbaren Jagdgebieten, von der Revision als "Vergleichswertverfahren" bezeichnet, entspricht zudem - wie auch die Revision einräumt - dem im Motivenbericht (Ltg.-902/J-1/3-2002, S. 11) zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers des NÖ JG. Dass im Revisionsfall besondere Umstände vorgelegen hätten, auf Grund derer die vom Amtssachverständigen vorgenommene Befund- und Gutachtenserstellung auf der Grundlage der Heranziehung vergleichbarer umliegender Genossenschaftsjagdgebiete nicht geeignet gewesen wäre, den Feststellungen des Verwaltungsgerichts zugrunde gelegt zu werden, zeigt die Revision weder in der Zulässigkeitsbegründung noch in den Revisionsgründen auf.

19 Soweit die revisionswerbenden Parteien mit ihrem Zulässigkeitsvorbringen im Übrigen im Ergebnis die Feststellungen und die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes bekämpfen, ist darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz tätig ist; zur Überprüfung der Beweiswürdigung ist er im Allgemeinen nicht berufen. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. etwa VwGH 10.7.2018, Ra 2018/01/0094, mwN). Dies ist hier nicht der Fall: Das Verwaltungsgericht hat unter Bedachtnahme auf die konkreten Umstände des Einzelfalles und unter Zugrundelegung eines Gutachtens des beigezogenen Amtssachverständigen begründet, warum es die Feststellungen getroffen hat, aus denen es ableitet, dass kein auffallendes Missverhältnis des Pachtschillings zum Wert des Genossenschaftsjagdgebietes besteht. Die Revision zeigt nicht auf, dass dabei die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre. 20 Die revisionswerbenden Parteien hatten im Verfahren lediglich pauschal darauf hingewiesen, dass Eigenjagdgebiete mit in das Vergleichswertverfahren einzubeziehen seien, ohne jedoch konkret aufzuzeigen, welche Eigenjagdgebiete der Amtssachverständige bzw. das Verwaltungsgericht zum Vergleich hätte heranziehen sollen. Insbesondere legten die revisionswerbenden Parteien im gesamten Verfahren auch nicht substantiiert dar, weshalb diese Eigenjagdgebiete mit dem gegenständlichen Genossenschaftsjagdgebiet vergleichbar wären, und dass das Verwaltungsgericht bei Einbeziehung dieser Eigenjagdgebiete in den Vergleich zum Ergebnis hätte kommen müssen, dass die Höhe des Pachtschillings in einem auffallenden Missverhältnis zum Wert des Genossenschaftsjagdgebietes stünde. Die revisionswerbenden Parteien sind dem Gutachten des Amtssachverständigen zudem weder auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, noch haben sie aufgezeigt, dass dieses unschlüssig wäre. Soweit das Zulässigkeitsvorbringen somit Verfahrensmängel rügt, wird deren Relevanz nicht dargetan, sodass auch aus diesem Grund keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt wird.

21 In der Revision werden damit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 24. September 2019

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