VwGH Ra 2018/19/0409

VwGHRa 2018/19/040923.1.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens sowie die Hofräte Mag. Stickler und Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Strasser, in der Revisionssache des S W S, vertreten durch Dr. Anton Herbert Pochieser, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Schottenfeldgasse 2-4/23, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Juli 2018, L512 2124423-1/16E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

12010P/TXT Grundrechte Charta Art47;
32013L0032 IntSchutz-RL Art46;
62001CJ0013 Safalero VORAB;
62010CJ0069 Samba Diouf VORAB;
B-VG Art133 Abs4;
EURallg;
MRK Art13;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §41;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018190409.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein pakistanischer Staatsangehöriger, stellte am 23. November 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Zu seinen Fluchtgründen brachte er vor, er sei in seinem Heimatstaat als Polizist tätig gewesen. Aufgrund seiner dienstlichen Tätigkeit sei er bedroht worden. Es habe in seiner Heimatregion darüber hinaus einen Angriff der Taliban auf eine Polizeistation gegeben. Auch sei der Ehegatte seiner Schwester ermordet worden. Der untergetauchte Täter habe ihn verdächtigt, die Sicherheitskräfte verständigt zu haben.

2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies den Antrag des Revisionswerbers mit Bescheid vom 11. März 2016 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass die Abschiebung des Revisionswerbers nach Pakistan zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise setzte die Behörde mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.

3 Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) wies die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit einer - hier nicht relevanten - Maßgabe als unbegründet ab und sprach aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 25. September 2018, E 2847/2018-7, ab und trat sie über nachträglichen Antrag mit Beschluss vom 15. Oktober 2018, E 2847/2018-9, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. 5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 In der vorliegenden außerordentlichen Revision wird zur Zulässigkeit zunächst vorgebracht, das im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof geltende Neuerungsverbot stehe bei Prüfung der Voraussetzungen des § 8 AsylG 2005 im Widerspruch zum Unionsrecht (Art. 46 Verfahrensrichtlinie iVm. Art. 47 GRC), das ein Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf vorsehe. Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung, dass das vor dem Verwaltungsgerichtshof geltende Revisionsmodell sowohl mit Art. 47 GRC als auch mit Art. 13 EMRK in Einklang steht (vgl. zu einem gleich lautenden Vorbringen näher VwGH 24.10.2018, Ra 2018/14/0107, mit weiteren Hinweisen auf die Rechtsprechung von VwGH, EGMR und EuGH). Soweit die Revision eine Verschlechterung der Lage in Pakistan seit der Entscheidung des BVwG geltend macht und dazu nach der Entscheidung des BVwG erschienene Quellen zitiert, steht dem somit das Neuerungsverbot nach § 41 VwGG (vgl. dazu etwa VwGH 18.01.2017, Ra 2016/18/0258) entgegen.

9 Hinsichtlich des Vorbringens in der Zulässigkeitsbegründung, die Feststellungen zur Sicherheitslage in Pakistan seien auch zum Entscheidungszeitpunkt überholt gewesen, ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach das BVwG seinem Erkenntnis die zum Entscheidungszeitpunkt aktuellen Länderberichte zugrunde zu legen hat. Eine Verletzung dieser Vorgabe stellt einen Verfahrensmangel dar. Es reicht jedoch nicht aus, die Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften zu behaupten, ohne die Relevanz der genannten Verfahrensmängel in konkreter Weise darzulegen (vgl. VwGH 10.9.2018, Ra 2018/19/0259, mwN). Der Revision gelingt es nicht aufzuzeigen, dass den herangezogenen Länderberichten die erforderliche Aktualität gefehlt hätte. Aus den zitierten Medienberichten zur Unterstützung von im Ausland operierenden Terrororganisationen durch den pakistanischen Staat und zu Demonstrationen in den pakistanischen Städten ergibt sich - entgegen dem erstatteten Vorbringen - nämlich keine entscheidungsrelevante Änderung hinsichtlich der Sicherheitslage in Pakistan. Davon ausgehend vermag die Revision auch nicht darzulegen, dass die Beurteilung des BVwG, die Lage stelle sich nicht so dar, dass eine Rückkehrentscheidung eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK bedeuten würde (vgl. zu den Voraussetzungen für die Annahme eines realen Risikos bzw. einer ernsthaften Bedrohung von Leben oder Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt etwa VwGH 21.2.2017, Ra 2016/18/0137), unrichtig gewesen wäre.

10 Vor dem Hintergrund des Umfangs der Prüfbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes in Bezug auf die Beweiswürdigung (vgl. dazu etwa VwGH 24.9.2014, Ra 2014/03/0012) liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit einer im Einzelfall erfolgten Beweiswürdigung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer grob fehlerhaften, unvertretbaren Weise vorgenommen hat, sodass dadurch die Rechtssicherheit beeinträchtigt ist (vgl. VwGH 10.8.2017, Ra 2017/20/0134, mwN). Der Revision gelingt es mit ihrem Vorbringen nicht, eine derartige Mangelhaftigkeit der Beweiswürdigung aufzuzeigen. Das BVwG hat nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung in nicht unvertretbarer Weise dargelegt, warum es das Fluchtvorbringen - insbesondere in Hinblick auf diverse Widersprüche in den Angaben des Revisionswerbers - als nicht glaubhaft erachtet hat. Dabei hat es insbesondere auch dem Vorbringen des Revisionswerbers, er sei als Polizist tätig gewesen, keinen Glauben geschenkt. Die Revision geht daher nicht vom festgestellten Sachverhalt aus, soweit weiters vorgebracht wird, der Revisionswerber weise als "ehemaliger Polizist" ein "besonderes Gefährdungsmerkmal" auf.

11 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 23. Jänner 2019

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