VwGH Ra 2018/16/0149

VwGHRa 2018/16/014928.2.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Mag. Straßegger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., in der Revisionssache des N J in I, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 1. August 2018, Zl. LVwG- 2015/21/0945-4, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Tirol), zu Recht erkannt:

Normen

GSpG 1989 §52 Abs1 Z1
GSpG 1989 §52 Abs2
VStG §44a Z3

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018160149.L00

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird im Umfang seines Ausspruchs über die Strafe sowie die Kosten des Strafverfahrens und des Beschwerdeverfahrens wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben;

und

den Beschluss gefasst:

Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von 1.346,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis vom 17. März 2015 erkannte die Landespolizeidirektion Tirol den Revisionswerber als Obmann eines Vereins schuldig, vier Übertretungen des § 52 Abs. 1 Z 1 iVm § 1, 2, 3 und 4 Glücksspielgesetz (GSpG) iVm § 9 VStG begangen zu haben, verhängte über ihn vier Geldstrafen in der Höhe von jeweils 3.000 EUR (Ersatzfreiheitsstrafen für den Fall deren Uneinbringlichkeit: jeweils 35 Stunden) und verpflichtete ihn zu einem Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von

1.200 EUR.

2 Dagegen erhob der Revisionswerber mit Schriftsatz vom 13. April 2015 Beschwerde.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Tirol diese Beschwerde als unbegründet ab (Spruchpunkt 1.), verpflichtete den Revisionswerber zu einem Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens (Spruchpunkt 2.) und sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig sei (Spruchpunkt 3.).

4 Die gegen das angefochtene Erkenntnis erhobene außerordentliche Revision legte das Landesverwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vor.

5 Der Revisionswerber erachtet sich im Recht verletzt, nicht ohne die hierfür erforderlichen Voraussetzungen bestraft zu werden.

6 Der Verwaltungsgerichtshof leitete das Vorverfahren ein (§ 36 VwGG). Revisionsbeantwortungen langten beim Verwaltungsgerichthof keine ein.

 

7 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden und hat er die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision (gesondert) vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10 Liegen - wie im vorliegenden Revisionsfall - trennbare Absprüche vor, so ist die Zulässigkeit einer dagegen gerichteten Revision auch getrennt zu prüfen (vgl. etwa VwGH 13.9.2018, Ra 2018/16/0062 bis 0063, mwN).

11 Der Revisionswerber trägt zur Zulässigkeit seiner Revision vor, das angefochtene Erkenntnis stehe im Widerspruch zu zitierter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach im Spruch eines Straferkenntnisses die richtige Strafnorm anzuführen sei. Als Strafsanktionsnorm werde § 52 Abs. 1 Einleitungssatz GSpG angeführt, obwohl die Strafsanktionsnorm in § 52 Abs. 2 GSpG geregelt sei. Das Landesverwaltungsgericht hätte dies daher in seinem Abspruch richtigstellen müssen.

12 Die Revision erweist sich insoweit als zulässig und begründet.

13 Die hg. Rechtsprechung räumt dem Beschuldigten ein Recht darauf ein, dass im Spruch u.a. die richtige Strafnorm nach § 44a Z 3 VStG aufscheint. Darunter ist jene Verwaltungsvorschrift zu verstehen, die bei der Festlegung des Strafmittels und des Strafausmaßes heranzuziehen ist. Im vorliegenden Fall kommt bei einer Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG die Strafsanktionsnorm des § 52 Abs. 2 GSpG in Betracht (vgl. etwa VwGH 13.9.2018, Ra 2018/16/0062 bis 0063, mwN).

14 Das Verwaltungsgericht hat daher insoweit, als der Spruch des strafbehördlichen Bescheides fehlerhaft ist, weil zB die angewendeten Gesetzesstellen unrichtig oder unvollständig zitiert wurden, dies in seinem Abspruch zu ergänzen oder richtigzustellen (vgl. dazu nochmals VwGH 13.9.2018, Ra 2018/16/0062 bis 0063).

15 Das Verwaltungsgericht hat diese im Revisionsfall unterlassen.

16 Das angefochtene Erkenntnis war schon deshalb im Umfang des Ausspruchs über die verhängte Strafe und der davon abhängigen Absprüche über die Kosten des verwaltungsbehördlichen Strafverfahrens und des Beschwerdeverfahrens gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

17 Zu dem den Schuldspruch betreffenden übrigen Zulässigkeitsvorbringen der Revision ist festzuhalten, dass die Voraussetzungen für eine Vorlagepflicht an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 AEUV klar sind. Ebenso sind die Anforderungen an eine Prüfung der Unionsrechtskonformität im Zusammenhang mit einer Monopolregelung im Glücksspielsektor durch die nationalen Gerichte geklärt (vgl. EuGH 15.9.2011, Dickinger und Ömer, C-347/09 , Rn. 83 f; EuGH 30.4.2014, Pfleger, C- 390/12 , Rn. 47 ff; EuGH 30.6.2016, Admiral Casinos & Entertainment AG, C-464/15 , Rn. 31, 35 ff; EuGH 28.2.2018, Sporting Odds Ltd., C- 3/17 , Rn. 28, 62 ff; sowie EuGH 6.9.2018, Gmalieva s.r.o. u.a., C- 79/17). Diesen Anforderungen ist der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, durch die Durchführung der nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Gesamtwürdigung nachgekommen. Der Verwaltungsgerichtshof hat an dieser Gesamtwürdigung mit Erkenntnis vom 11. Juli 2018, Ra 2018/17/0048 bis 0049, mit näherer Begründung festgehalten. Von dieser Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht im Revisionsfall nicht abgewichen. Entgegen dem weiteren Vorbringen steht die angefochtene Entscheidung daher nicht im Widerspruch zum Urteil des EuGH vom 30. April 2014, Pfleger, C-390/12 .

18 Ebenso stehen nach den Ausführungen des EuGH in seinem Urteil vom 14. Juni 2017, Online Games Handels GmbH u.a., C- 685/15 , die Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) im Lichte des Art. 47 GRC einem Verfahrensregime wie dem vor dem Verwaltungsgericht geltenden betreffend die amtswegige Ermittlung der Umstände der vom Gericht entschiedenen Rechtssachen nicht entgegen (vgl. zuletzt auch EuGH 28.2.2018, Sporting Odds Ltd., C-3/17 , Rn. 55; sowie VwGH 11.7.2018, Ra 2018/17/0048 bis 0049, Rn. 24 ff, und VfGH 12.6.2018, E 885/2018).

19 Entgegen dem Vorbringen des Revisionswerbers steht auch das in § 14 Abs. 3 GSpG enthaltene Erfordernis eines inländischen Sitzes für den Erhalt einer Konzession nicht mit Unionsrecht im Widerspruch. Da § 14 Abs. 3 dritter Satz GSpG von diesem Erfordernis eine Ausnahme enthält, werden mit dieser Bestimmung keine der unionsrechtlichen Vorgaben verletzt: Zwar stellt auch die Erfüllung der Voraussetzungen für eine Nachsicht von der Sitzverpflichtung - nämlich eine vergleichbare Lotterienkonzession und eine vergleichbare staatliche Glücksspielaufsicht in dem Mitgliedstaat (der EU bzw. des EWR), in dem der Konzessionswerber seinen Sitz hat - eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit dar. Diese Beschränkung in § 14 Abs. 3 GSpG ist jedoch durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt und genügt den Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit, die sich aus der Rechtsprechung des EuGH ergeben (vgl. näher VwGH 11.7.2018, Ra 2018/17/0048 bis 0049, Rn. 34 ff). In diesem Zusammenhang stellt sich daher vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung.

20 Auch sonst wirft der Revisionswerber keine Rechtsfrage auf, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

21 Die Revision war daher, soweit sie sich gegen den Schuldspruch richtet, gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

22 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 VwGG iVm der VwGH-AufwErsV.

Wien, am 28. Februar 2019

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