VwGH Ra 2018/14/0149

VwGHRa 2018/14/014931.1.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Dr.in Lachmayer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schweinzer, in der Revisionssache des A B C, vertreten durch Dr. Martin Hembach, Rechtsanwalt in 2700 Wiener Neustadt, Herzog Leopold Straße 26/1/7, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. August 2018, Zl. W266 2122480- 1/22E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §3 Abs1;
AsylG 2005 §8 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018140149.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein in Kabul geborener und aufgewachsener Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 18. August 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Dazu brachte er zusammengefasst vor, er stamme aus Kabul und habe eine Beziehung zu einem Mädchen gehabt. Er sei deswegen bedroht worden. Daraufhin seien das Mädchen und er geflohen.

2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) wies den Antrag mit Bescheid vom 11. Februar 2016 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab. Die Behörde erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobene Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - wobei zur letzten Tagsatzung nur der rechtsfreundliche Vertreter des Revisionswerbers erschienen war - als unbegründet ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 In der vorliegenden außerordentlichen Revision wird zur Zulässigkeit im Wesentlichen vorgebracht, dass - unter Verweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. März 2016, Ra 2015/19/0180 - bei der Ermittlung der Schutzwürdigkeit eine globale Beurteilung aller möglichen Voraussetzungen geboten sei. Insbesondere sei die aktuelle Situation in Kabul nicht ausreichend berücksichtigt, "beziehungsweise" sei die Prognose betreffend die Umstände in Kabul "zu positiv" angestellt worden. Aus den in - in der Revision angeführten - Berichten enthaltenen Zahlen könne schwer etwas anderes abgeleitet werden, als dass die Sicherheitslage für Schiiten und Hazara in Kabul eklatant schlechter sei als für Angehörige anderer Ethnien und Glaubensrichtungen. Da die Hazara hauptsächlich in Kabul angesiedelt und auch historisch eine diskriminierte Minderheit seien, wäre es aufgrund der komplizierten ethnischen Verhältnisse in Afghanistan für den Revisionswerber unzumutbar, außerhalb von Kabul zu leben. In der rechtlichen Beurteilung habe das BVwG ausgeführt, dass auch Mazar-e Sharif einen geeigneten Zufluchtsort darstelle. Der Revisionswerber verfüge aber über keine Familienangehörigen in Mazar-e Sharif und könne seinen Lebensunterhalt denkbar schwer bestreiten. Das BVwG habe zudem das Vorbringen des Revisionswerbers pauschal als nicht glaubwürdig abgetan.

8 Soweit sich die Revision gegen die Beweiswürdigung des BVwG wendet, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach dieser - als Rechtsinstanz - zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen ist. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 24.10.2018, Ra 2018/14/0107, mwN). Eine solche Unvertretbarkeit der Beweiswürdigung wird in der Revision nicht dargelegt.

9 Wenn sich die Revision - unter näherer Beschreibung der Situation von schiitischen Hazara in Kabul - gegen eine Rückkehrmöglichkeit des Revisionswerbers dorthin wendet, vermag sie nicht darzutun, dass die Einschätzung des BVwG, der Revisionswerber könne - auch als Angehöriger der Volksgruppe der Hazara - nach Kabul zurückkehren, von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abweicht (vgl. VwGH 18.10.2018, Ra 2018/19/0277; 6.11.2018, Ra 2018/18/0462, mwN).

10 Weiters hat das BVwG alternativ auch eine innerstaatliche Fluchtalternative des Revisionswerbers für die Stadt Mazare Sharif angenommen. Dagegen wendet sich die Revision jedoch nicht substantiiert. Sie zeigt nicht auf, inwiefern die auf die Berichtslage im Zeitpunkt der Erlassung des Erkenntnisses gegründete Annahme des BVwG, der Revisionswerber finde als junger, gesunder Mann mit Schulbildung und Berufserfahrung in Mazare Sharif eine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative vor, auf Grundlage der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unvertretbar erfolgt wäre (vgl. VwGH 27.11.2018, Ra 2018/14/0187; 12.7.2018, Ra 2018/18/0376, 27.6.2018, Ra 2018/18/0269).

11 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 31. Jänner 2019

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