Normen
FrPolG 2005 §117;
MRK Art8;
NAG 2005 §11 Abs1 Z4;
NAG 2005 §30 Abs1;
NAG 2005 §30;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018220090.L00
Spruch:
Die Revisionen werden zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Erstrevisionswerber ist der Vater des Zweitrevisionswerbers, beide sind serbische Staatsangehörige. Dem Erstrevisionswerber wurde - auf Grund seiner (auf die Ehe mit der in Österreich über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" verfügenden serbischen Staatsangehörigen Z gestützten) Anträge vom 31. Jänner 2014, vom 24. Februar 2015 und vom 24. März 2016 - jeweils ein Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" gemäß § 46 Abs. 1 Z 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ausgefolgt.
2 Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien (belangte Behörde) vom 1. Februar 2017 wurden die drei genannten, rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren gemäß § 69 Abs. 1 Z 1 in Verbindung mit Abs. 3 AVG von Amts wegen wieder aufgenommen. Der Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels wurde auf Grund des Vorliegens einer Aufenthaltsehe gemäß § 11 Abs. 1 Z 4 NAG abgewiesen, die weiteren (Verlängerungs- bzw. Zweckänderungs‑)Anträge wurden mangels Vorliegen eines Aufenthaltstitels abgewiesen.
Die belangte Behörde ging davon aus, dass es sich bei der am 3. Jänner 2014 geschlossenen und am 21. April 2016 geschiedenen Ehe des Erstrevisionswerbers mit Z um eine Aufenthaltsehe gehandelt habe und sich der Erstrevisionswerber die Aufenthaltstitel durch diese Aufenthaltsehe erschlichen habe.
3 Ebenfalls mit Bescheid vom 1. Februar 2017 wies die belangte Behörde den Erstantrag des Zweitrevisionswerbers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" gemäß § 46 Abs. 1 Z 2 NAG ab, weil der Vater (der Erstrevisionswerber), von dem das Aufenthaltsrecht abgeleitet werden sollte, über keinen Aufenthaltstitel nach dem NAG verfüge und somit kein Zusammenführender im Sinn des NAG sei.
4 Mit Erkenntnis vom 2. Februar 2018 wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde des Erstrevisionswerbers gegen den erstgenannten Bescheid (mit der Maßgabe, dass die Formulierung des Spruchs und die zitierten Rechtsgrundlagen abgeändert wurden) ab. Dem Erstrevisionswerber wurde der Ersatz näher bezeichneter Barauslagen auferlegt, die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde für unzulässig erklärt.
Insbesondere auf Grund der Würdigung der Aussagen der in der mündlichen Verhandlung vernommenen Personen sowie auf Grund des von der belangten Behörde eingeholten Berichts der Landespolizeidirektion ging das Verwaltungsgericht davon aus, dass ein gemeinsames Familienleben zwischen dem Erstrevisionswerber und Z nie geführt worden sei. Die Eheschließung habe lediglich den Zweck gehabt, dem Erstrevisionswerber einen Aufenthaltstitel zu verschaffen. Das Berufen auf eine Aufenthaltsehe zwecks Erlangung eines Aufenthaltstitels sei geeignet, ein "Erschleichen" im Sinn des § 69 Abs. 1 Z 1 AVG darzustellen. Da die erschlichene Erteilung eines Aufenthaltstitels Voraussetzung für die Erledigung der nachfolgenden Verlängerungs- bzw. Zweckänderungsanträge gewesen sei, habe die belangte Behörde auch diese Verfahren zu Recht wieder aufgenommen. Da die Ehe zwischenzeitig geschieden worden sei, könne zwar die Wiederaufnahme der Verfahren, nicht aber die Abweisung der Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels auf die Aufenthaltsehe gestützt werden. Allerdings sei der Erstrevisionswerber nicht mehr Familienangehöriger eines niederlassungsberechtigten Drittstaatsangehörigen, weshalb die besondere Erteilungsvoraussetzung des § 46 Abs. 1 Z 2 NAG nicht erfüllt sei.
5 Mit Erkenntnis vom 2. März 2018 wies das Verwaltungsgericht Wien die Beschwerde des Zweitrevisionswerbers gegen den oben zweitgenannten Bescheid als unbegründet ab. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde für unzulässig erklärt.
Da der Vater des Zweitrevisionswerbers gegenwärtig keinen Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" innehabe, fehle es an der besonderen Erteilungsvoraussetzung des § 46 Abs. 1 Z 2 lit. b NAG.
6 Gegen diese beiden Erkenntnisse richten sich die vorliegenden außerordentlichen Revisionen, die der Verwaltungsgerichtshof auf Grund ihres sachlichen und rechtlichen Zusammenhangs zur gemeinsamen Beschlussfassung verbunden hat.
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Das in beiden Revisionen idente Zulässigkeitsvorbringen sowie die zugrunde liegenden Rechtsfragen gleichen in ihren entscheidungserheblichen Aspekten der Konstellation, die mit hg. Beschluss vom 22. März 2018, Ra 2018/22/0057, entschieden worden ist. Auf die in der Begründung dieses Beschlusses dargelegten Erwägungen wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz und Abs 9 VwGG verwiesen. Soweit in den vorliegenden Revisionen moniert wird, es sei kein Strafverfahren nach § 117 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) eingeleitet worden, ist festzuhalten, dass weder das Vorliegen einer Aufenthaltsehe im Sinn des § 30 NAG noch die Annahme des Erschleichens eines Bescheides durch das Berufen auf eine solche Aufenthaltsehe (vgl. diesbezüglich VwGH 22.2.2018, Ra 2018/22/0032) ein Strafverfahren nach § 117 FPG voraussetzt. Dem Revisionsvorbringen, der Verwaltungsgerichtshof habe sich noch nicht mit der Frage befasst, welche Bestimmung für die Aberkennung eines Aufenthaltstitels entscheidend sei, ist entgegenzuhalten, dass der absolute Versagungsgrund des § 11 Abs. 1 Z 4 NAG vorliegt, wenn der Tatbestand des § 30 Abs. 1 NAG erfüllt ist, weil sich ein Fremder nach Auflösung des gemeinsamen Familienlebens auf seine Ehe beruft (siehe VwGH 23.11.2017, Ra 2017/22/0081, Rn. 11, mwN). Davon ist das Verwaltungsgericht nicht abgewichen.
9 In den Revisionen werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
10 Die Revisionen waren daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 22. Mai 2018
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