Normen
AsylG 2005 §55;
AsylG 2005 §57;
BFA-VG 2014 §9 Abs2 Z8;
BFA-VG 2014 §9;
B-VG Art133 Abs4;
FrPolG 2005 §52;
SMG 1997 §27 Abs1 Z1;
SMG 1997 §27 Abs3;
TilgG 1972 §3 Abs1 Z2;
VwGG §34 Abs1;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018210084.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der im August 2012 in Österreich eingereiste Revisionswerber, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte hier einen Antrag auf internationalen Schutz.
2 Das Bundesasylamt gab diesem Antrag keine Folge und wies den Revisionswerber nach Afghanistan aus. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit Erkenntnis vom 26. August 2015, Asyl und subsidiären Schutz betreffend, als unbegründet ab. Im Übrigen verwies es gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) zurück.
3 Mit Bescheid vom 3. November 2015 sprach das BFA sodann aus, dass dem Revisionswerber Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 nicht erteilt werden. Unter einem wurde gegen den Revisionswerber gemäß § 52 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Schließlich setzte das BFA die Frist für die freiwillige Ausreise mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.
4 Der Revisionswerber erhob Beschwerde. In einer Beschwerdeergänzung vom August 2017 verwies er auf die mittlerweile lange Verfahrensdauer und insbesondere darauf, dass es dadurch zu einer tiefgreifenden Integration im Bundesgebiet gekommen sei. So sei er mittlerweile eine Lebensgemeinschaft mit einer österreichischen Staatsbürgerin eingegangen und habe über deren Umfeld einen großen und intensiven österreichischen Freundeskreis (unter anderem den 1998 geborenen Sohn seiner Lebensgefährtin) gewonnen. Die Lebensgefährtin sei einerseits als Religionslehrerin in Grazer Volksschulen und andererseits als Gemeindepädagogin in einer evangelischen Kirchengemeinde tätig und sorge für den Lebensunterhalt des Beschwerdeführers; er selbst engagiere sich ehrenamtlich in der Kirchengemeinde seiner Lebensgefährtin, was auch durch beigelegte Unterstützungserklärungen belegt wurde.
5 Das BVwG wies die Beschwerde nach Durchführung einer Beschwerdeverhandlung, in der der Revisionswerber und seine Lebensgefährtin einvernommen wurden, mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis vom 17. April 2018 als unbegründet ab und es sprach gemäß § 25a Abs. 1 VwGG aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
6 Nach der genannten Verfassungsbestimmung ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision unter dem genannten Gesichtspunkt nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).
8 In dieser Hinsicht macht der Revisionswerber geltend, das BVwG sei bei der der Rückkehrentscheidung zugrunde liegenden Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen. Insbesondere habe es der bestehenden Lebensgemeinschaft zu wenig Gewicht beigemessen und die freundschaftlichen Beziehungen des Revisionswerbers zu österreichischen Staatsbürgern nicht ausreichend festgestellt und bewertet.
9 Es ist einzuräumen, dass die vom BVwG vorgenommene Interessenabwägung sorgfältiger hätte ausfallen können und dass einzelne Überlegungen, die das BVwG in deren Rahmen angestellt hat, nicht tragfähig sind. Das gilt vor allem für die Aussage, dass der Revisionswerber "trotz der im Raum stehenden Aufenthaltsbeendigung beharrlich versuchte Integrationsschritte vor allem im sozialen Bereich zu setzen und so seine Gleichgültigkeit gegenüber der in Österreich gültigen Rechtslage deutlich zum Ausdruck gebracht hat".
10 Das ändert aber nichts daran, dass das vom BVwG nach Durchführung einer Beschwerdeverhandlung und Gewinnung eines persönlichen Eindrucks vom Revisionswerber erzielte Ergebnis vor dem Hintergrund der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes jedenfalls vertretbar ist, was der Zulässigkeit einer Revision entgegensteht. Dass die Revision einerseits zugesteht, dass in Bezug auf den Revisionswerber keine "berufliche Verfestigung" vorliegt und andererseits, dass er eine strafrechtliche Verurteilung aufweist (nach der Aktenlage zu einer zur Gänze bedingt nachgesehenen viermonatigen Freiheitsstrafe wegen § 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall und Abs. 3 SMG; diese Verurteilung aus dem Oktober 2014 ist entgegen der Ansicht des Revisionswerbers noch nicht getilgt (die Tilgungsfrist beträgt gemäß § 3 Abs. 1 Z 2 TilgG in einem Fall wie hier fünf Jahre)), ist dabei gar nicht entscheidend. Denn es trifft zu, dass sich der Revisionswerber bisher nur auf Basis seines unberechtigten Antrags auf internationalen Schutz in Österreich aufhält und dass das BVwG bei der Gewichtung der für den Revisionswerber sprechenden Umstände auch im Sinne des § 9 Abs. 2 Z 8 BFA-VG maßgeblich relativierend einbeziehen durfte, dass er sich (bereits nach Abweisung seines Antrags auf internationalen Schutz durch das Bundesasylamt im Mai 2013) seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste (vgl. zu diesem Gesichtspunkt unter vielen zuletzt VwGH 15.3.2018, Ra 2018/21/0034, Rn. 8).
11 Im Ergebnis vermag die Revision damit keine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufzuzeigen, weshalb sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen war.
Wien, am 29. Mai 2018
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