VwGH Ra 2018/19/0178

VwGHRa 2018/19/017818.10.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens und die Hofräte Mag. Stickler sowie Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Wuketich, in der Revisionssache des J, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Februar 2018, Zl. W256 2144915- 1/19E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §45;
B-VG Art133 Abs4;
MRK Art8;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018190178.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein afghanischer Staatsangehöriger, der aus der Provinz Takhar stammt, stellte am 13. November 2013 einen Antrag auf internationalen Schutz. Diesen begründete er im Wesentlichen damit, dass ihn die Taliban verfolgen würden, weil er als Bauunternehmer mit Ausländern zusammengearbeitet habe, einen namentlich genannten Taliban nicht (weiter) angestellt habe und für dessen Verhaftung verantwortlich sei.

2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies diesen Antrag mit Bescheid vom 1. Dezember 2016 zur Gänze ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen den Revisionswerber eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Die Frist für seine freiwillige Ausreise betrage 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 In der vorliegenden außerordentlichen Revision wird zur Zulässigkeit vorgebracht, die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichts sei nicht nachvollziehbar. Das Bundesverwaltungsgericht hätte aktuellere Länderberichte heranziehen können. Auch habe das Bundesverwaltungsgericht festgestellt, dass Kabul für Bürger, welche nicht mit Ausländern zusammenarbeiten, vergleichsweise sicher sei, aber nicht berücksichtigt, dass der Revisionswerber mit Ausländern zusammengearbeitet habe und somit besonders gefährdet sei. Die Rückkehrentscheidung greife in unverhältnismäßiger Weise in das Privatleben des Revisionswerbers ein.

8 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dieser als Rechtsinstanz tätig und im Allgemeinen nicht zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Einzelfall berufen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat. Die Beweiswürdigung ist damit nur insofern einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich, als es sich um die Schlüssigkeit dieses Denkvorganges (nicht aber die konkrete Richtigkeit) handelt bzw. darum, ob die Beweisergebnisse, die in diesem Denkvorgang gewürdigt wurden, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden sind. Der Verwaltungsgerichtshof ist nicht berechtigt, die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (VwGH 18.10.2017, Ra 2017/19/0051, mwN).

9 Im vorliegenden Fall hat sich das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem Vorbringen des Revisionswerbers zu seinen Fluchtgründen ausführlich auseinandergesetzt und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass es nicht glaubwürdig sei. Der Revision gelingt es nicht aufzuzeigen, dass die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichts fallbezogen an einer vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Mangelhaftigkeit leidet.

10 Insoweit in der Revision ohne konkrete Bezugnahme auf den vorliegenden Fall die fehlende Aktualität der herangezogenen Länderberichte behauptet wird, mangelt es diesem Vorbringen an der erforderlichen Darlegung der Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels (siehe zu diesem Erfordernis etwa VwGH 2.8.2018, Ra 2018/19/0225, mwN).

11 Wenn die Revision vorbringt, das Bundesverwaltungsgericht habe bei der Beurteilung der innerstaatlichen Fluchtalternative die Zusammenarbeit des Revisionswerbers mit Ausländern nicht entsprechend berücksichtigt, wird nicht einmal vorgebracht, dass dem Revisionswerber wegen der behaupteten Zusammenarbeit mit Ausländern in seiner Herkunftsregion in der Vergangenheit bei einer Rückkehr nach Kabul kein Schutz gewährleistet würde.

12 Insoweit sich die Revision gegen die Rückkehrentscheidung wendet, ist ihr entgegenzuhalten, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel ist (vgl. etwa VwGH 1.3.2018, Ra 2018/19/0061, mwN; 10.9.2018, Ra 2018/19/0416). Die Revision zeigt nicht auf, dass die Interessenabwägung des Bundesverwaltungsgerichts, das alle entscheidungserheblichen Umstände berücksichtigt hat, fallbezogen in unvertretbarer Weise erfolgt wäre.

13 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 18. Oktober 2018

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