VwGH Ra 2018/11/0118

VwGHRa 2018/11/011820.9.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler und die Hofräte Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Soyer, über die Revision des A A in V, vertreten durch Dr. Roland Grilc, Mag. Rudolf Vouk, Dr. Maria Skof, MMag. Maja Ranc und Mag. Sara Julia Grilc, Rechtsanwälte in 9020 Klagenfurt, Karfreitstraße 14/III, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 11. August 2017, Zl. LVwG 33.13‑269/2017‑17, betreffend Übertretungen des AVRAG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Hartberg‑Fürstenfeld), den Beschluss gefasst:

Normen

AVRAG 1993
AVRAG 1993 §7d Abs1
AVRAG 1993 §7i Abs4
B-VG Art133 Abs4
EURallg
LSD-BG 2016 §22 Abs1
MRK Art13
VStG §1 Abs2
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
12010E267 AEUV Art267
12010P/TXT Grundrechte Charta Art47
12010P/TXT Grundrechte Charta Art49
12010P/TXT Grundrechte Charta Art49 Abs3
32014L0067 Durchsetzung-RL Entsendung Arbeitnehmern Art20
32014L0067 Durchsetzung-RL Entsendung Arbeitnehmern Art9 Abs1
32014L0067 Durchsetzung-RL Entsendung Arbeitnehmern Art9 Abs1 litb
32014L0067 Durchsetzung-RL Entsendung Arbeitnehmern Art9 Abs1 litc
61994CJ0036 Siesse / Director da Alfandega de Alcantara VORAB
62005CJ0430 Ntionik und Pikoulas VORAB
62010CJ0210 Urban VORAB

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018110118.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde (soweit von der Revision bekämpft), in teilweiser Abänderung eines Straferkenntnisses der belangten Behörde vom 15. Dezember 2016, der Revisionswerber als gemäß § 9 Abs. 1 VStG verantwortlicher Geschäftsführer der Gesellschaft V.d.o.o. mit Sitz in Slowenien der Übertretung des § 7d Abs. 1 Arbeitsvertragsrechts‑Anpassungsgesetz ‑ AVRAG (in der hier maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 152/2015) in sieben Fällen schuldig erkannt, weil diese Gesellschaft in Erfüllung eines mit einem österreichischen Unternehmen abgeschlossenen Werkvertrages Arbeitnehmer (mit der Staatsangehörigkeit Sloweniens bzw. Bosnien Herzegowinas) im März 2016 zur Arbeitsleistung auf eine Baustelle nach Österreich entsandt habe, jedoch am 28. April 2016 (Zeitpunkt der Kontrolle) die den Monat März 2016 betreffenden Lohnzettel und Lohnzahlungsnachweise oder Banküberweisungsbelege für sieben dieser Arbeitnehmer am Arbeitsort (Baustelle) nicht bereitgehalten habe.

Über den Revisionswerber wurden (nach Herabsetzung der Strafen durch das Verwaltungsgericht) gemäß § 7i Abs. 4 Z 1 AVRAG sieben Geldstrafen zu jeweils € 3.000,‑ ‑ (sowie Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt. Außerdem wurde der Kostenbeitrag zum von der belangten Behörde durchgeführten Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 64 Abs. 2 VStG mit 10 % der Geldstrafen, gegenständlich somit € 2.100,‑ ‑, festgesetzt.

Weiters wurde gemäß § 25a VwGG ausgesprochen, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG unzulässig sei.

2 In der Begründung stellte das Verwaltungsgericht fest, dass die vom Revisionswerber vertretene V.d.o.o. als Arbeitgeberin die sieben in Rede stehenden Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung auf eine Baustelle in Österreich entsandt habe, auf der diese an näher genannten Tagen im März 2016 tätig gewesen seien. Unstrittig seien im Zeitpunkt der Kontrolle dieser Baustelle durch die Finanzpolizei am 28. April 2016 die den Monat März 2016 betreffenden Lohnzettel und Lohnzahlungsnachweise oder Banküberweisungsbelege für diese Arbeitnehmer nicht auf der Baustelle bereitgehalten worden. Die diesbezüglichen Lohnzettel seien, wie der Revisionswerber angegeben habe, am 15. April 2016 im Zuge der Abrechnung der Löhne für den vorangegangenen Monat März erstellt worden und es sei von ihm beabsichtigt gewesen, diese Unterlagen den Arbeitnehmern bei ihrem nächsten Aufenthalt am Firmensitz in Slowenien (nach den im angefochtenen Erkenntnis wiedergegebenen Angaben des Revisionswerbers: am 29. April 2016) auszuhändigen und nach Österreich mitzugeben.

3 Dem Einwand des Revisionswerbers, es wäre ein unverhältnismäßiger Aufwand gewesen, die ‑ in der Mitte des der Beschäftigung folgenden Monates erstellten ‑ Lohnabrechnungsbelege (Lohnzettel und Lohnzahlungsbelege) den Arbeitnehmern auf der Baustelle in Österreich (die Entfernung zum Firmensitz in Slowenien betrage 200 km) zuzuleiten, entgegnete das Verwaltungsgericht, die Übermittlung dieser Unterlagen hätte entweder mit eingeschriebener Post oder mit Telefax oder Email (zuzüglich Ausdrucken dieser Dokumente in Österreich) erfolgen können, sodass dafür entgegen dem Einwand des Revisionswerbers keine persönliche Anreise aus Slowenien erforderlich gewesen sei.

4 Zur Behauptung der Unionsrechtswidrigkeit der gegenständlichen Bereithaltungspflicht verwies das Verwaltungsgericht auf das Erkenntnis VwGH 28.2.2017, Ra 2016/11/0164, in welchem unter Hinweis auf die Rechtsprechung des EuGH die Verpflichtung zur Bereithaltung von Lohnunterlagen, und zwar bereits ab dem ersten Arbeitstag, als gerechtfertigte Beschränkung des Dienstleistungsverkehrs qualifiziert worden sei. Das spätere Nachreichen dieser Unterlagen ändere nichts mehr an der Verletzung der Bereithaltepflicht (Hinweis auf VwGH 4.5.2016, Ra 2016/11/0053).

5 Soweit sich der Revisionswerber darauf berufe, dass die Bestimmungen des Lohn‑ und Sozialdumping‑Bekämpfungsgesetzes, BGBl. I Nr. 44/2016, das physische Bereithalten der Lohnunterlagen am Arbeitsort nicht mehr zwingend vorsähen, sondern ein Zugänglichmachen zu diesen Unterlagen in elektronischer Form ermöglichten und diese Bestimmungen nach dem Günstigkeitsprinzip (§ 1 Abs. 2 VStG) auch im gegenständlichen Fall anzuwenden seien, sei zu entgegnen, dass die Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung des Straferkenntnisses für den Revisionswerber nicht günstiger gewesen sei als jene im Zeitpunkt der Tatbegehung. Denn „bei den Übergangsbestimmungen des ab 01.01.2017 geltenden § 19 LSD‑BG“ (offenbar gemeint: Gemäß § 19 Abs. 1 Z 38 AVRAG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 44/2016) seien die Bestimmungen der §§ 7 bis 7o AVRAG zwar mit Ablauf des 31. Dezember 2016 außer Kraft getreten, dies aber mit der Maßgabe, dass diese Bestimmungen in der Fassung vor der letztgenannten Novelle auf jene Sachverhalte, die sich (wie die vorliegenden) vor dem 1. Jänner 2017 ereignet haben, weiter anzuwenden seien.

6 Zur Strafbemessung führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus, aufgrund des Umstandes, dass von der gegenständlich unterlassenen Bereithaltung der Lohnzettel und Lohnzahlungsnachweise mehr als drei Arbeitnehmer betroffen gewesen seien, komme der dritte Strafrahmen des § 7i Abs. 4 Z 1 AVRAG (€ 2.000,‑ ‑ bis € 20.000,‑ ‑ für jeden Arbeitnehmer) zur Anwendung. Die gegenständliche Bereithaltungspflicht der Lohnzahlungsnachweise am Arbeitsort diene der Sicherstellung des Schutzzweckes der Bestimmungen des AVRAG, welche gleiche Arbeitsmarkt‑ und Lohnbedingungen auch für nach Österreich entsendete Arbeitnehmer sowie die Sicherung eines fairen Wettbewerbs zwischen den Unternehmen bezweckten. Der Unrechtsgehalt der Übertretungen liege darin, dass der Revisionswerber durch die Nichtbereithaltung der Lohnzettel und Lohnzahlungsnachweise die Überprüfung, ob die rechtlich zustehenden Löhne bezahlt wurden und damit der Schutzzweck der gegenständlichen Bestimmungen gewahrt wurde, zumindest erschwert habe.

Da bei der Strafbemessung eine einschlägige Vorstrafe des Revisionswerbers zu berücksichtigen gewesen sei und keine Milderungsgründe vorlägen, habe keinesfalls mit der Mindeststrafe das Auslangen gefunden werden können, sondern es seien die Strafen auch unter der Annahme eines nur bescheidenen Einkommens des Revisionswerbers im nunmehrigen (gegenüber dem Straferkenntnis der belangten Behörde reduzierten) Ausmaß festzusetzen gewesen.

7 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung dieser Beschwerde mit Beschluss vom 26. Februar 2018, E 3160/2017‑5, abgelehnt und über nachträglichen Antrag des Revisionswerbers mit Beschluss vom 11. April 2018, E 3160/2017‑7, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.

8 Mit Schreiben des Verwaltungsgerichts vom 7. Juni 2018 wurde dem Verwaltungsgerichtshof die gegenständliche (außerordentliche) Revision zur Entscheidung vorgelegt.

9 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B‑VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B‑VG).

10 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Diesem Erfordernis wird insbesondere nicht schon durch nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) oder zu den Rechten, in denen sich der Revisionswerber verletzt erachtet (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG), Genüge getan (vgl. VwGH 25.3.2014, Ra 2014/04/0001 und 18.2.2015, Ra 2015/08/0008).

12 Auch Fragen der Einhaltung des Unionsrechts können Gegenstand einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B‑VG sein (vgl. etwa VwGH 19.1.2017, Ro 2014/08/0084).

13 In den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorzubringenden Gründen ist konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage dieser uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat. Dabei hat der Revisionswerber konkret darzulegen, dass der der gegenständlich angefochtenen Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt einer der von ihm ins Treffen geführten hg. Entscheidungen gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hat und es damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist, wobei die bloße Wiedergabe von Rechtssätzen zu verschiedenen hg. Entscheidungen nicht ausreicht. Ebenso reicht auch die bloße Nennung von hg. Entscheidungen nach Datum und Geschäftszahl, ohne auf konkrete Unterschiede in dieser Rechtsprechung hinzuweisen, nicht aus (vgl. zum Ganzen etwa den Beschluss VwGH 23.4.2018, Ra 2018/11/0066, mwN).

14 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:

15 Die hier maßgebenden Bestimmungen des Arbeitsvertragsrechts‑Anpassungsgesetzes (AVRAG) in der Fassung BGBl. I Nr. 152/2015 lauten:

„Verpflichtung zur Bereithaltung von Lohnunterlagen

§ 7d. (1) Arbeitgeber/innen im Sinne der §§ 7, 7a Abs. 1 oder 7b Abs. 1 und 9 haben während des Zeitraums der Entsendung insgesamt (§ 7b Abs. 4 Z 6) den Arbeitsvertrag oder Dienstzettel (§ 7b Abs. 1 Z 4), Lohnzettel, Lohnzahlungsnachweise oder Banküberweisungsbelege, Lohnaufzeichnungen, Arbeitszeitaufzeichnungen und Unterlagen betreffend die Lohneinstufung zur Überprüfung des dem/der entsandten Arbeitnehmers/in für die Dauer der Beschäftigung nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts in deutscher Sprache am Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten, auch wenn die Beschäftigung des/der einzelnen Arbeitnehmers/in in Österreich früher geendet hat. Bei innerhalb eines Arbeitstages wechselnden Arbeits(Einsatz)orten sind die Lohnunterlagen am ersten Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten. Ist die Bereithaltung der Unterlagen am Arbeits(Einsatz)ort nicht zumutbar, sind die Unterlagen jedenfalls im Inland bereitzuhalten und der Abgabenbehörde auf Aufforderung nachweislich zu übermitteln, wobei die Unterlagen bis zum Ablauf des der Aufforderung zweitfolgenden Werktags abzusenden sind. Für die Übermittlung gebührt kein Ersatz der Aufwendungen.

...

Strafbestimmungen

§ 7i.

...

(4) Wer als

1. Arbeitgeber/in ... entgegen § 7d die Lohnunterlagen nicht bereithält,

...

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde für jede/n Arbeitnehmer/in mit einer Geldstrafe von 1 000 Euro bis 10 000 Euro, im Wiederholungsfall von 2 000 Euro bis 20 000 Euro, sind mehr als drei Arbeitnehmer/innen betroffen, für jede/n Arbeitnehmer/in von 2 000 Euro bis 20 000 Euro, im Wiederholungsfall von 4 000 Euro bis 50 000 Euro zu bestrafen.“

16 Die Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen lautet auszugsweise:

„Artikel 3

Arbeits‑ und Beschäftigungsbedingungen

(1) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, daß unabhängig von dem auf das jeweilige Arbeitsverhältnis anwendbaren Recht die in Artikel 1 Absatz 1 genannten Unternehmen den in ihr Hoheitsgebiet entsandten Arbeitnehmern bezüglich der nachstehenden Aspekte die Arbeits‑ und Beschäftigungsbedingungen garantieren, die in dem Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet die Arbeitsleistung erbracht wird,

- durch Rechts‑ oder Verwaltungsvorschriften und/oder

- durch für allgemein verbindlich erklärte Tarifverträge oder Schiedssprüche im Sinne des Absatzes 8, sofern sie die im Anhang genannten Tätigkeiten betreffen,

festgelegt sind:

...

c) Mindestlohnsätze einschließlich der Überstundensätze;

...“

17 Die Richtlinie 2014/67/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Durchsetzung der Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen lautet auszugsweise:

„Artikel 1

Gegenstand

(1) Mit dieser Richtlinie wird ein gemeinsamer Rahmen einer Reihe angemessener Bestimmungen, Maßnahmen und Kontrollmechanismen festgelegt, die für eine bessere und einheitlichere Durchführung, Anwendung und Durchsetzung der Richtlinie 96/71/EG in der Praxis notwendig sind, einschließlich Maßnahmen zur Verhinderung und Sanktionierung jeglichen Missbrauchs und jeglicher Umgehung der anzuwendenden Rechtsvorschriften; sie berührt nicht den Geltungsbereich der Richtlinie 96/71/EG .

Zweck dieser Richtlinie ist die Gewährleistung eines angemessenen Schutzniveaus hinsichtlich der Rechte entsandter Arbeitnehmer im Rahmen der grenzüberschreitenden Erbringung von Dienstleistungen, insbesondere der Durchsetzung der Arbeits‑ und Beschäftigungsbedingungen, die in dem Mitgliedstaat gelten, in dem die Dienstleistung erbracht wird, gemäß Artikel 3 der Richtlinie 96/71/EG , bei gleichzeitiger Erleichterung der Ausübung der Dienstleistungsfreiheit für die Dienstleistungserbringer und Förderung des fairen Wettbewerbs zwischen ihnen und somit Förderung der Funktionsfähigkeit des Binnenmarkts.

...

Artikel 9

Verwaltungsanforderungen und Kontrollmaßnahmen

(1) Die Mitgliedstaaten dürfen nur die Verwaltungsanforderungen und Kontrollmaßnahmen vorschreiben, die notwendig sind, um eine wirksame Überwachung der Einhaltung der Pflichten, die aus dieser Richtlinie und der Richtlinie 96/71/EG erwachsen, zu gewährleisten, vorausgesetzt, sie sind im Einklang mit dem Unionsrecht gerechtfertigt und verhältnismäßig. Zu diesem Zweck können die Mitgliedstaaten insbesondere folgende Maßnahmen vorsehen:

a) ...

b) die Pflicht zur Bereithaltung oder Verfügbarmachung und/oder Aufbewahrung in Papier‑ oder elektronischer Form des Arbeitsvertrags (...), der Lohnzettel, (...) sowie der Belege über die Entgeltzahlung oder der Kopien gleichwertiger Dokumente während des Entsendezeitraums an einem zugänglichen und klar festgelegten Ort im eigenen Hoheitsgebiet, wie dem Arbeitsplatz oder der Baustelle, oder bei mobilen Arbeitnehmern im Transportgewerbe (...);

c) die Pflicht, nach der Entsendung auf Ersuchen der Behörden des Aufnahmemitgliedstaats die unter Buchstabe b genannten Dokumente innerhalb einer angemessenen Frist vorzulegen;

...

Artikel 20

Sanktionen

Die Mitgliedstaaten legen Vorschriften über die Sanktionen fest, die bei Verstößen gegen die gemäß dieser Richtlinie erlassenen nationalen Bestimmungen anzuwenden sind, und ergreifen alle erforderlichen Maßnahmen, um die Durchführung und Einhaltung dieser Vorschriften zu gewährleisten. Die vorgesehenen Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission die entsprechenden Bestimmungen spätestens bis zum 18. Juni 2016 mit. Sie teilen etwaige spätere Änderungen der Bestimmungen unverzüglich mit.

...“

18 Die Revision führt unter Hinweis auf Bestimmungen der Richtlinie 2014/67/EU zu ihrer Zulässigkeit aus, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob es „gerechtfertigt und verhältnismäßig“ iSd Art. 9 Abs. 1 erster Satz der genannten Richtlinie sei, wenn die Vorschriften des AVRAG zur Kontrolle der Einhaltung der Lohnvorschriften hinsichtlich grenzüberschreitend entsendeter Arbeitnehmer verlangen, Lohnzettel und Lohnauszahlungsnachweise, die anlässlich der Lohnauszahlung für den März 2016 am 15. April 2016 erstellt worden seien, „in Papierform umgehend auf eine rund 200 km entfernte Baustelle zu bringen“, oder ob es nicht ausreichend sei, diese Unterlagen in einem solchen Fall entsprechend Art. 9 Abs. 1 lit. c der Richtlinie 2014/67/EU innerhalb einer kurzen Frist an die Behörde zu übermitteln.

19 Vorweg ist dazu festzuhalten, dass Art. 9 Abs. 1 erster Satz der Richtlinie 2014/67/EU notwendige und wirksame Kontrollmaßnahmen zur Überwachung der Einhaltung der Richtlinie 96/71/EG ermöglicht, wobei diese Maßnahmen gerechtfertigt und verhältnismäßig sein müssen. Im zweiten Satz dieser Bestimmung werden solche Maßnahmen beispielhaft („insbesondere“) aufgezählt, wobei keine Priorität der jeweiligen in den lit. a bis f aufgezählten Maßnahmen vorgegeben wird. Es begegnet daher keinen unionsrechtlichen Bedenken, wenn die Bestimmungen des AVRAG primär eine Kontrollmaßnahme iSd Art. 9 Abs. 1 lit. b der Richtlinie 2014/67/EU (Bereithaltepflicht am Arbeitsort) vorsehen und nur für bestimmte Fälle eine Kontrollmaßnahme iSd lit. c leg. cit. normieren.

20 Ungeachtet dessen wird mit dem zuvor genannten Vorbringen der Revision eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B‑VG schon deshalb nicht aufgeworfen, weil die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Erkenntnisses und damit das Schicksal der Revision nicht iSd letztgenannten Bestimmung von der genannten Rechtsfrage „abhängt“. Denn weder der Tatbestand des § 7d Abs. 1 AVRAG, dessen Übertretung dem Revisionswerber zur Last gelegt wurde, noch die im Spruch des angefochtenen Erkenntnisses individualisierte Tatumschreibung beinhalten den Vorwurf, der Revisionswerber hätte den Lohnzettel bzw. die Lohnzahlungsnachweise „in Papierform“ auf der Baustelle bereithalten müssen (oder diese Unterlagen sogar auf die 220 km entfernte Baustelle „in Papierform bringen“ müssen).

21 Vielmehr hat der Revisionswerber als Vertreter des Arbeitgebers nach der (dem § 7d Abs. 1 AVRAG entsprechenden) Tatumschreibung am 28. April 2016 die genannten Lohnunterlagen am Arbeitsort der Arbeitnehmer (Baustelle) „nicht bereitgehalten“, wozu das Verwaltungsgericht in der oben wiedergegebenen Begründung ausgeführt hat, der Revisionswerber hätte die von ihm am 15. April 2016 erstellten Lohnunterlagen unschwer entweder mit eingeschriebener Post oder elektronisch mit Telefax oder Email zum Arbeitsort (Baustelle) der Arbeitnehmer senden können, sodass sie dort am 28. April 2016 hätten bereitgehalten werden können. Die Ansicht des Verwaltungsgerichts steht im Einklang mit dem Gesetz (§ 7d Abs. 1 AVRAG verlangt das Bereithalten der Unterlagen am Arbeitsort, ohne dabei die Bereithaltung in elektronischer Form auszuschließen) und mit der hg. Rechtsprechung (vgl. die Beschlüsse VwGH 4.5.2016, Ra 2016/11/0053, und 11.10.2017, Ra 2017/11/0131, jeweils betreffend die Bereithaltung von Lohnunterlagen in elektronischer Form), sodass es insoweit an einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung fehlt.

22 Schon vor diesem Hintergrund wird aber auch mit dem Vorbringen der Revision, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob es das Günstigkeitsprinzip (§ 1 Abs. 2 VStG) gebiete, anstelle des § 7d Abs. 1 AVRAG die (nach Ansicht des Revisionswerbers) „nunmehr günstigere Rechtslage des LSD‑BG anzuwenden“ (dessen § 22 Abs. 1 das Bereithalten der Lohnunterlagen in elektronischer Form nunmehr ausdrücklich vorsieht), eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht aufgezeigt. Da nach dem Gesagten bereits § 7d Abs. 1 AVRAG diese Form der Bereithaltung zuließ, ist das LSD‑BG insoweit nicht als günstigere Norm anzusehen. Bei diesem Ergebnis kann dahingestellt bleiben, inwieweit die Änderung des materiellen Tatbestandes (Verpflichtung gemäß § 7d Abs. 1 AVRAG) überhaupt unter das Günstigkeitsprinzip fällt.

Wenn der Revisionswerber in diesem Zusammenhalt meint, die Bereithaltung in elektronischer Form „wäre ... im vorliegenden Fall problemlos möglich gewesen“ (eine tatsächlich erfolgte Bereithaltung in elektronischer Form wird nicht behauptet), so ist er auf ebenfalls bereits bestehende Judikatur zu verweisen, nach der es darauf nicht ankommt (vgl. die Beschlüsse VwGH 4.5.2016, Ra 2016/11/0053, Rn 8, und VwGH 11.10.2017, Ra 2017/11/0131, Rn 14).

23 Dass aber die gesetzlich vorgesehene Pflicht, Lohnzettel und Lohnzahlungsnachweise von grenzüberschreitend entsendeten Arbeitnehmern am Arbeitsort bereitzuhalten, entgegen dem Zulässigkeitsvorbringen der Revision als unionsrechtlich unbedenklich anzusehen ist, ergibt sich nicht nur, wie bereits ausgeführt wurde, aus Art. 9 Abs. 1 lit. b der Richtlinie 2014/67/EU , sondern wurde auch bereits in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und des EuGH ausführlich begründet (vgl. das vom Verwaltungsgericht zutreffend zitierte Erkenntnis VwGH 28.2.2017, Ra 2016/11/0164, mit Verweisen auf die Judikatur des EuGH; vgl. ebenso VwGH 11.10.2017, Ra 2017/11/0131). Auch insofern liegt somit keine ungeklärte Rechtsfrage und mithin keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor. Im Übrigen hat der Revisionswerber, wie zuvor ausgeführt wurde, selbst darauf hingewiesen, dass ihm die Bereithaltung in elektronischer Form „problemlos möglich“ gewesen wäre, sodass auch von einer unverhältnismäßigen gesetzlichen Pflicht keine Rede sein kann.

24 Die Revision bringt weiters vor, ihre Zulässigkeit müsse schon deshalb bejaht werden, weil (nach Ablehnung der gegen das angefochtene Erkenntnis erhobenen Beschwerde durch den Verfassungsgerichtshof) ohne inhaltliche Befassung des Verwaltungsgerichtshofes keine wirksame Beschwerdemöglichkeit (Art. 13 EMRK und Art. 47 GRC) bestehe und weil nur auf diese Weise der Vorlagepflicht des Art. 267 Abs. 3 AEUV ‑ nach Auffassung des Revisionswerbers seien „etliche Regelungen des AVRAG bzw. des LSD‑BG“ mit dem Unionsrecht nicht vereinbar ‑ entsprochen werden könne. Dem ist einerseits zu entgegnen, dass der Revisionswerber mit dem Verfahren beim Verwaltungsgericht Zugang zu einem Gericht im Sinn des Art. 47 GRC, das mit voller Kognitionsbefugnis in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht entscheiden kann, und zu einer nationalen Instanz iSd Art. 13 EMRK hatte (vgl. VwGH 19.1.2017, Ro 2014/08/0084, mwN). Durch die Prüfung der vorliegenden Revision auf ihre Zulässigkeit wurden überdies die vom Revisionswerber geltend gemachten Bedenken betreffend Unionsrechtswidrigkeit einer Beurteilung unterzogen, auch wenn diese Bedenken (soweit sie vom Revisionswerber konkretisiert wurden und nicht bloß allgemein auf „etliche Regelungen“ bezogen wurden), wie bereits dargestellt wurde und im Folgenden noch dargestellt wird, vom Verwaltungsgerichtshof inhaltlich nicht geteilt werden.

25 Schließlich führt die Revision zu ihrer Zulässigkeit aus, das Verwaltungsgericht habe zwischenzeitig wegen unionsrechtlicher Bedenken gegen die Strafsanktionsnorm des § 7i Abs. 4 AVRAG Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH gerichtet (die zu den Geschäftszahlen des EuGH C‑50/18, C‑64/18, C‑140/18, C‑146/18 und C‑148/18 protokolliert seien und der Revision zum Teil in Kopie angeschlossen sind), jedoch im gegenständlichen Fall, in welchem § 7i Abs. 4 AVRAG ebenfalls zur Anwendung gelangt sei, ein solches Vorabentscheidungsersuchen unterlassen, obwohl der Revisionswerber schon im Beschwerdeverfahren vorgebracht habe, dass die verhängte Strafhöhe seiner Auffassung nach mit dem Unionsrecht nicht vereinbar sei. Das Verwaltungsgericht habe sich nicht mit der Problematik befasst, ob die Höhe der Sanktion mit Art. 56 AEUV vereinbar bzw. verhältnismäßig iSd Art. 49 Abs. 3 GRC sei, ob sie Art. 20 der Richtlinie 2014/67/EU entspreche und „ob sie im Lichte der Judikatur des EuGH, z.B. Rs C‑210/10 Urban, vereinbar“ sei.

26 Dieses allgemein gehaltene Vorbringen reicht zur gesetzmäßigen Ausführung der Zulässigkeit der Revision nicht aus, weil darin unionsrechtliche Vorbehalte gegen die verhängte Strafe lediglich angedeutet werden, gleichzeitig aber nicht konkretisiert wird, aus welchen Gründen die gegen den Revisionswerber verhängte Strafe von den genannten Bestimmungen abweiche bzw. weshalb diese mit dem angesprochenen EuGH‑Urteil C‑210/10 nicht in Einklang stehe (vgl. zur behaupteten Verletzung unionsrechtlicher Bestimmungen etwa VwGH 21.8.2014, Ra 2014/18/0003). Die Aussagen des EuGH im genannten Urteil C‑210/10, in welchem er in einer nationalen Regelung, die unabhängig von der Schwere näher bezeichneter Verstöße die Verhängung „einer Geldbuße in pauschaler Höhe“ vorsah, einen Verstoß gegen das Verhältnismäßigkeitserfordernis gesehen hat, sind auf die gegenständlichen Bestimmungen des AVRAG schon deshalb nicht übertragbar, weil die hier maßgebende Sanktionsnorm des § 7i Abs. 4 AVRAG sogar vier verschieden hohe Strafrahmen (und zwar abgestuft nach Unrechtsgehalt bzw. Verschuldensgrad) normiert, wobei überdies jeder dieser Strafrahmen für sich einen sehr breiten Bemessungsraum einräumt.

27 Auch sind die an anderer Stelle der Revision angeführten und bereits oben abgehandelten Argumente gegen die Verhältnismäßigkeit auf das in Rede stehende Zulässigkeitsvorbringen nicht übertragbar, handelte es sich doch dort und die Frage der Verhältnismäßigkeit der gesetzlich normierten Verpflichtung (Bereithaltepflicht), hier aber um die Verhältnismäßigkeit der Höhe der Strafe.

28 Gleiches gilt hinsichtlich des bloß pauschalen Verweises auf verschiedene, vom Verwaltungsgericht in anderen Beschwerdeverfahren an den EuGH herangetragene Vorabentscheidungsersuchen. Abgesehen davon, dass diese nur zum Teil die Strafhöhe (zum Teil aber auch die Kostenentscheidungen, gegen welche die vorliegenden Zulassungsausführungen der Revision gar keine Bedenken äußern) betrafen, ist der gegenständliche Fall mit jenen den Vorabentscheidungsersuchen zugrunde liegenden Fällen keineswegs vergleichbar. Während über den Revisionswerber sieben Geldstrafen zu jeweils € 3.000,‑ ‑ verhängt wurden, betrafen die in der Revision genannten Vorabentscheidungsersuchen Fälle, in denen es um (so deren Begründung: „existenzbedrohende bzw. existenzvernichtende“) Gesamtstrafen in Millionenhöhe, zumindest aber € 100.000,‑ ‑ ging.

29 Jedenfalls führt der von der Revision (auch) ins Treffen geführte Umstand, dass das Verwaltungsgericht in manchen Fällen ein Vorabentscheidungsersuchen gestellt, in anderen ein solches aber für nicht geboten erachtet hat, für sich alleine noch nicht zu einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, weil selbst eine uneinheitliche Rechtsprechung eines Verwaltungsgerichts (somit ein Abweichen von seiner eigenen Rechtsprechung) noch nicht zu einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B‑VG führt.

30 Gemäß Art. 49 Abs. 3 Grundrechte‑Charta (GRC) darf das Strafmaß zur Straftat nicht unverhältnismäßig sein. Nach den Erläuterungen zu dieser Bestimmung entspricht diese dem allgemeinen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit von Straftat und Strafmaß, der durch die gemeinsamen verfassungsrechtlichen Traditionen der Mitgliedstaaten und die Rechtsprechung des EuGH festgeschrieben wurde.

Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH sind, wenn eine gemeinschaftsrechtliche Regelung keine besondere Sanktion für den Fall eines Verstoßes gegen ihre Vorschriften enthält oder sie insoweit auf die nationalen Rechts‑ und Verwaltungsvorschriften verweist, die Mitgliedstaaten verpflichtet, alle geeigneten Maßnahmen zu treffen, um die Geltung und die Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts zu gewährleisten. Dabei müssen die Mitgliedstaaten, denen allerdings die Wahl der Sanktionen verbleibt, darauf achten, dass die Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht nach sachlichen und verfahrensrechtlichen Regeln geahndet werden, die denjenigen entsprechen, die für nach Art und Schwere gleichartige Verstöße gegen nationales Recht gelten, wobei die Sanktion jedenfalls wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein muss. Die Höhe der Sanktion muss nach Regeln festgesetzt werden, die denjenigen entsprechen, die im nationalen Recht für nach Art und Schwere gleichartige Verstöße gelten, wobei dem nationalen Gericht die Beurteilung obliegt, ob die Sanktion wirksam, verhältnismäßig und abschreckend ist (vgl. etwa EuGH 26.10.1995, Siesse, C‑36/94, Rn 20 und 24, sowie EuGH 5.7.2007, Ntionik, C‑430/05, Rn 52 bis 54).

31 Eine wirksame und abschreckende Wirkung kommt einer nach dem AVRAG verhängten Geldstrafe wegen Unterentlohnung von Arbeitnehmern bzw. für Verhaltensweisen, die (wie die gegenständlich unterlassene Bereithaltung von Lohnzettel und Lohnzahlungsnachweisen) eine Überprüfung der allfälligen Unterentlohnung wesentlich erschweren oder verunmöglichen, nur dann zu, wenn die Höhe der Strafe über den wirtschaftlichen Erfolg, der durch die Tat typischerweise lukriert wird, hinausgeht (andernfalls wäre die Höhe der Geldstrafe einkalkulierbar und nicht mehr abschreckend).

32 Über den Revisionswerber wurden, wie eingangs dargestellt, Strafen von jeweils € 3.000,‑ ‑ für jeden der sieben Arbeitnehmer verhängt. Es ist nicht zuletzt mangels konkreter Darlegung in den Zulässigkeitsdarlegungen der vorliegenden Revision nicht zu erkennen, weshalb diese gegen den Revisionswerber verhängten Strafen dem Gebot der Wirksamkeit, Verhältnismäßigkeit und Abschreckung (vgl. auch Art. 20 der Richtlinie 2014/67/EU ) widersprechen und damit Fragen des Unionsrechts (sowie in weiterer Folge eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B‑VG; vgl. den bereits zitierten Beschluss VwGH Ro 2014/08/0084) aufwerfen sollten.

33 Die Revision war daher in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen.

Wien, am 20. September 2018

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