VwGH Ra 2018/11/0053

VwGHRa 2018/11/005320.7.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler und die Hofräte Dr. Schick und Mag. Samm als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision des Finanzamts St. Veit Wolfsberg, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten vom 24. Jänner 2018, Zl. KLVwG- 1325/13/2017, betreffend Übertretung des Arbeitskräfte-Überlassungsgesetzes - AÜG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Feldkirchen; mitbeteiligte Partei: M P in W, Polen, vertreten durch hba Held Berdnik Astner & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1090 Wien, Rooseveltplatz 10), den Beschluss gefasst:

Normen

AÜG §4 Abs1 Z1
AÜG §4 Abs2 Z2
AÜG §4 Abs2 Z3
AÜG §4 Abs2 Z4
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
62009CJ0307 Vicoplus VORAB
62013CJ0586 Martin Meat VORAB

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018110053.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 1. Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 14. Juni 2017 wurde die Mitbeteiligte als handelsrechtliche Geschäftsführerin und damit vertretungsbefugtes Organ iSd.

§ 9 VStG eines näher genannten Unternehmens mit Sitz in Polen (im Folgenden: I.), schuldig erkannt, sie habe es zu verantworten, dass dieses Unternehmen in seiner Eigenschaft als Überlasserin bei der Ausübung der bewilligungsfreien Überlassung von Arbeitskräften vom Ausland nach Österreich die grenzüberschreitende Überlassung von insgesamt 54 Arbeitskräften nicht gemäß § 17 Abs. 2 AÜG der Zentralen Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung des Bundesministeriums für Finanzen gemeldet habe, obwohl die Meldung jeweils spätestens eine Woche vor der Arbeitsaufnahme in Österreich zu erstatten sei. Dadurch habe sie

§ 22 Abs. 1 Z 2 1. Fall iVm § 17 Abs. 2 und 3 AÜG verletzt, weshalb über sie wegen dieser Verwaltungsübertretung eine Geldstrafe (und eine Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt sowie ihr ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vorgeschrieben wurden.

2 Der gegen dieses Straferkenntnis gerichteten Beschwerde der Mitbeteiligten wurde vom Landesverwaltungsgericht Kärnten mit nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergangenem Erkenntnis vom 24. Jänner 2018 Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt. Unter einem wurde gemäß § 25a VwGG ausgesprochen, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

3 Das Verwaltungsgericht legte seinem Erkenntnis, auf das Wesentliche zusammengefasst, Folgendes zugrunde:

Am 7. Oktober 2016 habe die I. in einem näher genannten Baumarkt in F. eine Inventur durchgeführt, zu welchem Zweck sich ihre im Straferkenntnis genannten 54 Mitarbeiter, allesamt polnische Staatsangehörige, vor Ort befunden hätten. Die rechtliche Grundlage für die Leistungserbringung seien eine Rahmenvereinbarung, ein "Vertrag über die Durchführung der Inventur mit externen Systemen" sowie eine näher bezeichnete Anlage zu diesem Vertrag zwischen der I. sowie diversen Mutterbzw. Tochergesellschaften einer näher genannten österreichischen Baumarktkette (in Folge: O.) gewesen.

Im Vertrag betreffend die "Durchführung der Inventur mit externen Systemen" sei unter "Vertragsgegenstand" festgehalten, dass O. "nach Maßgabe dieses Vertrages und des Rahmenvertrages (die I.) mit der Durchführung der Mess-, Zähl- und Wiegevorgänge sowie der Erfassungs-, Kontroll und Korrekturbuchungen im Rahmen der zum Zwecke der Aufstellung des handelsrechtlichen Jahresabschlusses und der Steuerbilanz am Inventurstichtag stattfindenden körperlichen Bestandaufnahme des Handelswarenbestands (Inventur) beauftragt (habe)". Die I. führe für O. die Inventuren in deren Baumärkten jeweils in einem näher genannten Zeitraum jeden Jahres durch. Die Tourenplanung erfolge einvernehmlich zwischen der I., der O. und den jeweiligen Baumärkten der O.

In weiterer Folge traf das Verwaltungsgericht nähere Feststellungen zum genauen Ablauf einer von der I. durchgeführten Inventur in einem Baumarkt der O. und kam in seiner rechtlichen Beurteilung zu dem Ergebnis, eine Gesamtbetrachtung ergebe vor dem Hintergrund u.a. der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf VwGH 22.8.2017, Ra 2017/11/0068), dass jene Aspekte, die gegen eine Arbeitskräfteüberlassung sprechen, deutlicher hervortreten würden, weshalb im gegenständlichen Fall nicht vom Vorliegen einer solchen auszugehen sei. Insbesondere sei keine der vier Ziffern des § 4 Abs. 2 AÜG erfüllt und könne auch nicht erkannt werden, dass der Wechsel der Arbeitnehmer nach Österreich der eigentliche Gegenstand der Dienstleistung der I. sei.

4 2.1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in

nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer

außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Diesem Erfordernis wird insbesondere nicht schon durch nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) oder zu den Rechten, in denen sich der Revisionswerber verletzt erachtet (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG), Genüge getan (vgl. VwGH 25.3.2014, Ra 2014/04/0001, und vom 28.2.2015, Ra 2015/08/0008).

7 Die Zulässigkeit der Revision setzt neben einem eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufwerfenden Vorbringen voraus, dass die Revision von der Lösung dieser geltend gemachten Rechtsfrage abhängt. Davon kann im Zusammenhang mit einem Verfahrensmangel aber nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird, das heißt, dass dieser abstrakt geeignet sein muss, im Falle eines mängelfreien Verfahrens zu einer anderen - für die revisionswerbende Partei günstigeren - Sachverhaltsgrundlage zu führen (vgl. etwa VwGH 18.8.2017, Ro 2015/04/0006, mwN).

8 2.2.1. Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, das angefochtene Erkenntnis enthalte keine klare und vollständige Feststellung aller relevanten Merkmale des für eine rechtliche Beurteilung maßgeblichen Sachverhaltes und demzufolge keine vollständige Beweiswürdigung. Insbesondere erfahre der vollständige Inhalt des Vertrages keine Würdigung betreffend die Rechtsfrage, ob überhaupt ein Werkvertrag vorliege. Speziell auf den Vertragsbestandteil "Anlage 2 - Leistungsbeschreibung über die Durchführung der Inventur mit externen Systemen", der die Tätigkeit der I. bis ins kleinste Detail regle, werde nicht ausreichend Bezug genommen. Auch das Beweisergebnis aus der Verhandlung fließe nicht umfassend und unter Gesamtbetrachtung aller Aspekte in die rechtliche Beurteilung des Verwaltungsgerichtes mit ein. Viele in der Verhandlung zur Frage der Ausübung der Dienst- und Fachaufsicht und der

"Weisungskaskade" wichtige Teile von getätigten Zeugenaussagen hätten trotz entsprechender Protokollierung keinen Eingang in die Sachverhaltsfeststellungen gefunden, so beispielsweise, dass O. das Warenmengenerfassungssystem je Warenzone bei jeder Inventur stichprobenartig durch die jeweilige Filialleitung oder deren Stellvertretung kontrolliere oder dass O. eigens zur stichprobenartigen und unangekündigten Kontrolle der Tätigkeit der I. Revisoren und Wirtschaftsprüfer beauftragt habe. Außerdem unberücksichtigt sei die Tatsache geblieben, dass O selbst die Inventurtätigkeiten der I. abbrechen könne, wenn diese in Zeitverzug sei, sowie die von O. bis ins Detail vertraglich vorgegebenen Prozessabläufe, die die Basis des Ablaufs der Erfassung für die Mitarbeiterinnen der I. gewesen sein sollen. Zur Feststellung, dass die Dienstnehmer der I. eigens in Polen für ihre Aufgabe in Österreich geschult würden, würde der wohl entscheidende Umstand nicht erwähnt, dass diese Ausbildung keine Vorkenntnisse erfordere und nur drei Tage dauere.

9 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit weiters vor, die rechtliche Beurteilung des Verwaltungsgerichtes weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Abgrenzung von Dienst- und Werkverträgen bzw. betreffend die Prüfung der Kriterien des § 4 Abs. 2 Z 1 bis 4 AÜG ab. Die einzelnen Ziffern des § 4 Abs. 2 AÜG würden vom Verwaltungsgericht zwar abgehandelt, jedoch in einer verkürzten und stark undifferenzierten Art und Weise. Hinsichtlich der Z 1 leg. cit. etwa insbesondere deswegen, weil im Anlassfall Produkte nur mit Handscanner erfasst und gezählt würden, wobei das Zählergebnis auf Listen bzw. Tabellen festgehalten werde, weshalb nur einfache manuelle Tätigkeiten - und keine Werkverträge - vorlägen. Zu § 4 Abs. 2 Z 3 AÜG habe es das Verwaltungsgericht hingegen unterlassen, jene Kriterien festzustellen, aus denen sich die sogenannte "stille Autorität" (iSd Rechtsprechung des VwGH) der Mitarbeiter der O. hätte ergeben können (wie etwa die ständige Beaufsichtigung seitens der Mitarbeiter der O., das "enge Korsett der Vorgaben" der O. sowie der Umstand, dass nur "personalintensive, aber qualitativ untergeordnete Teilbereiche der Inventur" von der I. erledigt würden). Zudem seien im vorliegenden Fall die fertiggestellten Arbeitsabschnitte von der O. kontrolliert und die Dienstnehmer der I. bei unzulänglichen Zählungen unmittelbar angewiesen worden, die Ausführung zu verbessern. Für die Dienstnehmer der I. hätten mithin keine Entscheidungsspielräume in Bezug auf ihre Erfassungs- und Zähltätigkeit bestanden, weil "diese Freiräume nur innerhalb des (...) von (O.) vorgegebenen Rahmens betrieblicher Erfordernisse bestanden" hätten, sodass sich die Arbeitserbringung letztlich im Kern an den Bedürfnissen von O. zu orientieren gehabt hätte. Der I. habe demnach jeglicher unternehmerischer Entscheidungsspielraum gefehlt, der im Rahmen einer Werkerbringung üblich sei und sei letztlich vom Vorliegen von Arbeitskräfteüberlassung auszugehen.

10 2.2.2. Damit zeigt die Revision nicht auf, dass ihre Behandlung von der Beantwortung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd. Art. 133 Abs. 4 B-VG abhängt.

11 2.2.2.1. Soweit die Revision Feststellungen zur stichprobenartigen Kontrolle des Warenmengenerfassungssystems je Warenzone durch die jeweilige Filialleitung der O. bzw. zum Umstand, dass auch stichprobenartige Kontrollen durch von der O. beauftragte Revisoren und Wirtschaftsprüfer durchgeführt werden, vermisst, entfernt sie sich vom festgestellten Sachverhalt. Das Verwaltungsgericht hat dem angefochtenen Erkenntnis nämlich sehr wohl zugrundegelegt, dass die Mitarbeiter der O. während der Inventur eine stichprobenartige Kontrolle der Zählung und Erfassung durch die Mitarbeiter der I. vornehmen bzw. auch jederzeit einen Statusbericht zur Frage anfordern konnten, inwieweit die Inventur durch die I. bereits fortgeschritten war. Weiters, so das Verwaltungsgericht, gebe es interne stichprobenartige Revisionen einer Muttergesellschaft der O., bei welchen der Status und die Qualität der Inventur kontrolliert würden, und seien bei ausgewählten Märkten auch Wirtschaftsprüfer bei der Inventur dabei.

12 Darüber hinaus hat das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang (betreffend die Ausübung der Dienst- und Fachaufsicht entsprechend dem Kriterium des § 4 Abs. 2 Z 3 AÜG) auch festgestellt, die Mitarbeiter der I. erhielten von der O. hinsichtlich der Durchführung des Zähl- und Erfassungsvorganges keine Anweisungen. Vielmehr erhielten die Teamleiter der I. ihre Anweisungen von dieser vorab schriftlich und würden auch von den Inventurleitern geschult. Anweisungen von O. gebe es lediglich in Bezug auf organisatorische Dinge, wie das Abhalten der Pausen, da dies notwendig sei, um den Verkaufsablauf nicht zu stören (die Inventuren fänden zwischen 06:00 und 16:00 Uhr, also während der Öffnungszeiten und Verkaufstätigkeiten, statt), und sei (nur) diesbezüglich ein Weisungsrecht der O. vertraglich festgelegt. Die Mitarbeiter der O. arbeiteten hingegen nicht bei der Zählung und auch nicht bei der Kontrolle des Zählvorganges durch die I. mit.

13 Dass Feststellungen hinsichtlich des Kriteriums gemäß § 4 Abs. 2 Z 3 AÜG bzw. betreffend die vom Revisionswerber ins Treffen geführte hg. Judikatur zum Vorliegen einer "stillen Autorität" des Arbeitgebers in Form einer Weisungsbefugnis aufgrund von Kontrollrechten im angefochtenen Erkenntnis - wie von der Revisionswerberin vorgebracht - fehlten bzw. diese unvollständig wären, ist vor diesem Hintergrund nicht erkennbar.

14 2.2.2.2. Dem Vorbringen, es lägen nur einfache manuelle Tätigkeiten vor, weil von den Mitarbeitern der I. nur "Produkte mit Handscannern erfasst und gezählt" würden, wobei das "Zählergebnis in Tabellen festgehalten" würde, weshalb nicht vom Vorliegen eines Werkes (iSd. § 4 Abs. 1 Z 1 AÜG) auszugehen sei, sind jene näheren Feststellungen des Verwaltungsgerichts entgegenzuhalten, wonach die I. über eine interne Ausbildungsabteilung mit Trainern verfüge und die Mitarbeiter, bevor sie zu Inventuren bei der O. eingesetzt würden, bereits bei einem Lebensmittelmarkt Inventuren durchgeführt haben müssten. Erst nach drei bis fünf Inventuren in einem Handwerkermarkt könnten die Arbeitnehmer selbständig arbeiten, zuvor werde ihnen eine Aufsicht beigestellt. Pro Inventur würden zudem maximal 10% neue Mitarbeiter eingesetzt. Wenn die Erfassung der Warenbestände durch die I. beendet sei, würden die Daten auf einen USB-Stick gespeichert und in der Folge in das System der O. eingespielt. O. kaufe die Inventurdienstleistungen zu, weil O. selbst mit seinen Mitarbeitern die Inventurtätigkeit in der von der I. erzielten Qualität nicht erbringen könne und auch Ausrüstung für die Inventur bräuchte. Insbesondere könne das Personal der O. die Zählgenauigkeit, die für die Bilanzbuchhaltung gewünscht sei, nicht erreichen. Es bedeute einen erheblichen Aufwand, die Mitarbeiter zu schulen, und die Anzahl der Mitarbeiter pro Markt würde nicht ausreichen. Bei der I. gebe es hingegen spezialisiertes Fachpersonal, das bei jedem Baumarkt die gleichen Waren aufnehme. Dieses Personal werde auch fast täglich bei einem Baumarkt der O. eingesetzt.

15 2.2.2.3. Das Verwaltungsgericht hat zudem (betreffend das in § 4 Abs. 2 Z 2 AÜG normierte Tatbestandsmerkmal, ob die Arbeit vorwiegend mit Material und Werkzeug des Werkunternehmers geleistet werde) festgestellt, die Geräte, die für die Inventur erforderlich seien (dabei handle es sich um MDE-Geräte (Handscanner), Laptops, Drucker, Wifi-Antennen, Waagen, etc.), würden von der I. mitgebracht. (Lediglich) Sitzgelegenheiten und Ablageplätze für die Kleidung der Arbeitnehmer sowie Müllboxen und Müllsäcke würden von O. bereitgestellt. Die Mitarbeiter der I. kämen mit Leasing-Fahrzeugen der I. zu den entsprechenden Baumärkten, auch die MDE-Geräte seien Leasing-Geräte, auf die die Software der I. gespielt werde.

16 Wenn das Verwaltungsgericht vor diesem Hintergrund die Auffassung vertreten hat, die genannten Umstände sprächen für das Vorliegen eines von den Produkten und Dienstleistungen der O. unterscheidbaren und der I. zurechenbaren Werks, welches aufgrund deren eigener fachlicher Kompetenz erbracht werde, wobei die Bereitstellung des für die Arbeit erforderlichen Materials ebenfalls durch diese erfolge, so geschieht dies vor dem Hintergrund der hg. Judikatur (vgl. zuletzt VwGH 16.5.2018, Ra 2018/11/0088, mwN) jedenfalls nicht in unvertretbarer Weise.

17 In diesem Zusammenhang ist ergänzend festzuhalten, dass auch der Hinweis der Revision auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 7. Mai 2008, 2007/08/0003, nicht zielführend ist, weil sich der dort zugrundeliegende Fall bereits insofern vom Revisionsfall unterscheidet, als die dort eingesetzten Mitarbeiter lediglich als "Inventurhelfer" im Rahmen einer in einer Apotheke unter Leitung und Aufsicht einer Angestellten ebendieser Apotheke (welche die Inventuren vor ihrer Anstellung in dieser Apotheke im Übrigen schon auf

Werkvertragsbasis durchgeführt hat) durchgeführten Inventur tätig wurden. Ein mit dem Revisionsfall vergleichbarer Fall insofern, als auch dort ein eigens auf Inventurdienstleistungen spezialisiertes Fachunternehmen tätig geworden wäre, liegt demnach nicht vor.

18 2.2.2.4. Bezüglich der Frage der Haftung für den Erfolg der (Werk‑)Leistung gemäß § 4 Abs. 2 Z 4 AÜG wird im angefochtenen Erkenntnis ausdrücklich festgestellt, die I. habe gemäß Punkt IV.1. des näher genannten Vertrages zwischen dieser und der O. für eine mängelfreie Leistung einzustehen. Ein Mangel liege insbesondere bei der (wesentlich) fehlerhaften Zählung eines Artikelbestandes vor (wobei Inventurdifferenzen von bis zu 1% vom Umsatz toleriert würden). In diesem Fall bzw. bei nicht rechtzeitigem Abschluss der Inventur (vor 16:00 Uhr) müsse die Inventur (ganz oder teilweise) wiederholt werden, wofür die I. kein zusätzliches Entgelt erhalte (diese müsse in diesem Fall vielmehr zusätzlich die Kosten für die bereits von der O selbst durchgeführte Inventur der Lagerbestände - die I. selbst führe nur die Inventur der Verkaufsraumbestände durch - übernehmen). Die Wesentlichkeit des Mangels sei dabei von O. nachzuweisen, gelte jedoch bereits dann als gegeben, wenn der Abschlussprüfer von O. die Inventur oder ihr Ergebnis beanstande. Gemäß Punkt VI.5. hafte die I. für alle Schäden, die durch sie oder ihr Werk verursacht würden.

19 Auch die hierauf aufbauende Beurteilung des Verwaltungsgerichtes, die I. hafte im Sinne des § 4 Abs. 2 Z 4 AÜG für den Erfolg der von ihr erbrachten (Werk‑)Leistung, ist nicht als unvertretbar zu qualifizieren.

20 2.2.2.5. Das Verwaltungsgericht weist letztlich zutreffend auf einschlägige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (konkret: EuGH vom 10.2.2011, C-307/09 bis C-309/09 (Vicoplus) und vom 18.6.2015, C-586/13 (Martin Meat)) sowie auf die (darauf aufbauende) jüngere Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (beginnend mit VwGH 22.8.2017, Ra 2017/11/0068), insbesondere auf die darin geforderte Gesamtwürdigung aller Umstände zur Beurteilung, ob ein Sachverhalt als grenzüberschreitende Arbeitskräfteüberlassung zu qualifizieren ist, hin, und führt hinsichtlich der dort beispielhaft erwähnten Kriterien etwa auch an, dass im vorliegenden Fall nicht erkannt werden könne, dass der Wechsel der Arbeitnehmer in den Aufnahmemitgliedstaat der eigentliche Gegenstand der Dienstleistung der I. sei, weil der Ortswechsel der Mitarbeiter nach Österreich (lediglich) eine Voraussetzung dafür sei, dass die Arbeitsaufträge erfüllt werden könnten und die entsendeten Arbeitnehmer hierbei Arbeitnehmer der I. blieben, zumal zwischen diesen und der O. kein Arbeitsvertrag abgeschlossen worden sei.

21 2.2.2.6. Angesichts der detaillierten wiedergegebenen Feststellungen des Verwaltungsgerichtes zu den in der hg. Rechtsprechung (vgl. nur VwGH Ra 2017/11/0068;

Ra 2018/11/0088) herausgearbeiteten Beurteilungskriterien für die Beurteilung, ob der Wechsel des Arbeitnehmers in den Aufnahmemitgliedstaat der eigentliche Gegenstand der Dienstleistung des erbringenden Unternehmens ist, ist im Revisionsfall nicht zu erkennen, dass dem Verwaltungsgericht bei seiner Gesamtwürdigung aller nach der hg. Judikatur maßgeblichen Umstände zur Beurteilung des wahren wirtschaftlichen Gehaltes des vorliegenden Vertragsverhältnisses eine krasse Fehlbeurteilung unterlaufen wäre bzw. es dabei eine unvertretbare Einzelfallbeurteilung vorgenommen hätte.

22 2.3. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 20. Juli 2018

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