VwGH Ro 2018/05/0005

VwGHRo 2018/05/000524.4.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und den Hofrat Dr. Moritz sowie die Hofrätin Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Artmann, über die Revision der revisionswerbenden Partei Gemeinde K, vertreten durch Univ.- Doz. Dr. Thomas Walzel von Wiesentreu, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Schöpfstraße 6b, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 23. März 2017, Zl. LVwG- 2017/44/0611-1, betreffend Parteistellung in einem Verfahren nach dem Tiroler Abfallwirtschaftsgesetz - TAWG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Tiroler Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §8;
AWG Tir 2008 §17 Abs2;
AWG Tir 2008 §17 Abs3;
B-VG Art133 Abs4;
B-VG Art139;
B-VG Art140;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RO2018050005.J00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Mit Bescheid vom 30. Jänner 2017 hat die Tiroler Landesregierung auf Grund des Antrages der Abfallbehandlung A GmbH vom 23. September 2016 gemäß § 17 Abs. 2 TAWG das Entgelt für die Behandlung von Abfällen in der mechanischen Abfallsortieranlage A in näher bestimmter Höhe genehmigt. Mit dem angefochtenen Beschluss wurde die dagegen von der Revisionswerberin erhobene Beschwerde mangels Parteistellung als unzulässig zurückgewiesen. Eine ordentliche Revision wurde für zulässig erklärt, da zur Frage der Parteistellung im Tarifgenehmigungsverfahren sowohl eine eindeutige gesetzliche Klarstellung im TAWG als auch eine hg. Rechtsprechung fehlten. In den Revisionszulässigkeitsgründen wird der Auffassung des Verwaltungsgerichtes zur Zulässigkeit der Revision beigepflichtet, und diese Rechtsmeinung wird ausführlich näher begründet.

5 Damit werden aber keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:

6 Gemäß § 17 Abs. 3 TAWG sind in einem Verfahren nach § 17 Abs. 2 TAWG die im Einzugsbereich der betreffenden öffentlichen Behandlungsanlage liegenden Gemeinden zu hören. Im gegenständlichen Fall liegt die revisionswerbende Gemeinde nach den unbestrittenen Feststellungen im angefochtenen Beschluss im maßgeblichen Einzugsbereich.

7 Ein bloßes Anhörungsrecht vermittelt keinen Anspruch auf Berücksichtigung bestimmter (materieller) Interessen und damit keine Parteistellung (vgl. VwGH 13.12.2000, 2000/04/0095, und 23.5.2007, 2004/04/0196, jeweils mwN). Die Rechtslage ist somit insofern eindeutig, als den Gemeinden gerade keine Parteistellung zukommt.

8 Die in den Revisionszulässigkeitsgründen zitierten hg. Erkenntnisse VwGH 17.9.1985, 84/05/0248, 30.1.1990, 89/05/0111, und 15.10.1996, 95/05/0137, führen zu keinem anderen Ergebnis, weil dort die Parteistellung von Personen bejaht wurde, für die nicht ausdrücklich nur ein Anhörungsrecht gesetzlich normiert war.

9 Angesichts der somit eindeutigen Rechtslage liegt aber keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vor, und zwar auch nicht, wenn zu dieser konkreten Rechtslage noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen ist, sofern nicht fallbezogen (ausnahmsweise) eine Konstellation gegeben ist, die es im Einzelfall erforderlich macht, aus Gründen der Rechtssicherheit korrigierend einzugreifen (vgl. VwGH 29.11.2016, Ra 2016/06/0066, mwN).

10 Derartiges ist hier nicht ersichtlich, und zwar auch nicht, wenn die Revisionszulässigkeitsgründe mehrfach verfassungsrechtliche Aspekte für die Parteistellung ins Treffen führen: Normbedenken gegen generelle Rechtsvorschriften können nämlich keine grundsätzlichen Rechtsfragen darstellen (vgl. VwGH 27.2.2015, Ra 2015/06/0009). Abgesehen davon ist zu bemerken, dass der Verfassungsgerichtshof in dem in der gegenständlichen Angelegenheit ergangenen Beschluss vom 21.9.2017, E 1574/2017-12, ausgeführt hat, dass es im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers steht, der Gemeinde in Verfahren nach § 17 TAWG lediglich ein Anhörungsrecht zu gewähren.

11 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 24. April 2018

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