Normen
GSpG 1989 §52 Abs1 Z1;
VStG §44a Z1;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017170344.L00
Spruch:
Das angefochtene Erkenntnis wird im Umfang der Aufhebung des Straferkenntnisses der Landespolizeidirektion Niederösterreich vom 18. April 2016, Zl. VStV/916300190010/2016, und Einstellung des Strafverfahrens betreffend die Geräte mit der FA-Nummer 1 bis 8 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Im Übrigen wird die Revision als unbegründet abgewiesen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Niederösterreich vom 18. April 2016 wurde dem Mitbeteiligten vorgeworfen:
"Der Beschuldigte ... hat es als handelsrechtlicher
Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 Abs. 1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG 1991) als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Firma C... G... EU s.r.o. (p.A. ...) zu verantworten, dass diese Gesellschaft in der Zeit von 23.4.2015
bis 23.7.2015, in ... im Lokal ... in einem Nebenraum links der
Eingangstür hinsichtlich der dort acht befindlichen Glücksspielgeräte und zwei CASH CENTER, nämlich
1. Finanzamt Nummer 1 ...
...
- 9. Finanzamt Nummer 9, ...CASH CENTER, ...
- 10. Finanzamt Nummer 10, ... CASH CENTER, ..., welche betriebsbereit vorgefunden wurden und bei welchen
Glücksspiele in Form von virtuellen Walzen-, Karten- und Zahlenspielen angeboten wurden, wobei vermögenswerte Leistungen für ein Spiel von Spielern und anderen in Zusammenhang mit der Teilnahme an Ausspielungen geleistet wurden, dadurch dass die Firma C... G... EU s.r.o. sich an der Teilnahme an verbotenen Ausspielungen (§ 2 Abs. 4 des Glücksspielgesetzes) als Unternehmer im Sinn des § 2 Abs. 2 des Glücksspielgesetzes mit dem Vorsatz beteiligt hat, nämlich dadurch, dass die Firma C... G... EU s.r.o. den Nebenraum links der Eingangstür in der S...straße .. gegen Entgelt dem Glücksspielveranstalter zur Verfügung gestellt hat, um fortgesetzt Einnahmen aus der Durchführung dieser Glücksspiele zu erzielen.
Der Beschuldigte hat dadurch folgende Rechtsvorschrift(en)
verletzt:
Zu Punkt 1 - 10
1. § 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 2 in Verbindung mit § 2 Abs. 4 in Verbindung mit § 3 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 in Verbindung mit § 4 Abs. 2 und in Verbindung mit § 52 Abs. 1 Z. 1 viertes Tatbild des Glücksspielgesetzes, BGBl. Nr. 620/1989 in der derzeit geltenden Fassung in Verbindung mit § 9 Abs. 1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991,
..."
Über den Mitbeteiligten wurden zehn Geldstrafen in der Höhe von jeweils EUR 3.000,-- (sowie zehn Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (LVwG) der vom Mitbeteiligten dagegen erhobenen Beschwerde Folge, hob das Straferkenntnis zur Gänze auf, stellte das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 3 VStG iVm § 38 VwGVG ein und sprach aus, dass die Revision nicht zulässig sei.
3 Begründend führte das LVwG im Wesentlichen aus, der Spruch des Straferkenntnisses enthalte zwar die Tatzeit und den Tatort, sowie die konkrete Bezeichnung von Glücksspielgeräten und die Benennung der Art von verbotenen Ausspielungen, nicht jedoch den eigentlichen Tatvorwurf. Das Straferkenntnis entspreche daher nicht den Erfordernissen des § 44a Z 1 VStG und sei somit aufzuheben.
4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Amtsrevision mit dem Antrag auf Aufhebung des Erkenntnisses wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung und beantragte die kostenpflichtige Zurück- in eventu Abweisung der Revision.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
5 Die Revision erweist sich hinsichtlich des in der Zulässigkeitsbegründung dargelegten Abweichens des angefochtenen Erkenntnisses von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu § 44a VStG als zulässig und berechtigt.
6 Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Dieser Vorschrift ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann entsprochen, wenn dem Beschuldigten im Spruch des Straferkenntnisses die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen wird, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um den Tatvorwurf zu widerlegen, und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Nach diesen Gesichtspunkten ist in jedem konkreten Fall insbesondere zu beurteilen, ob die im Spruch eines Straferkenntnisses enthaltene Identifizierung der Tat dem § 44a Z 1 VStG genügt oder nicht genügt, mithin ob die erfolgte Umschreibung der Tat im konkreten Fall das Straferkenntnis als rechtmäßig oder als rechtswidrig erscheinen lässt (vgl. VwGH 19.12.2016, Ra 2016/17/0034 mwN).
7 Das Verwaltungsgericht begründete die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens mit dem Fehlen des eigentlichen Tatvorwurfs im Spruch des Straferkenntnisses.
8 Mit dem vierten Tatbild des § 52 Abs. 1 Z 1 Glücksspielgesetz (GSpG) ist eine Person gemeint, die nicht Veranstalter ist, sondern sich nur in irgendeiner Weise an der Veranstaltung unternehmerisch im Sinn des § 2 Abs. 2 GSpG beteiligt (vgl. VwGH 19.5.2017, Ra 2016/17/0173). Es bedarf zur Erfüllung des Tatbestandes weder einer unmittelbaren Rechtsbeziehung zwischen den Spielern und dem an den Ausspielungen Beteiligten im Sinne des § 52 Abs. 1 Z 1 letzte Variante GSpG, noch einer sonstigen "Ausübungshandlung" bei der konkreten Durchführung der einzelnen Ausspielung des nach dieser letzten Variante zur Verantwortung gezogenen Beteiligten (vgl. VwGH 24.4.2015, 2013/17/0400).
9 Im Spruch des Straferkenntnisses wird wenngleich sprachlich umständlich so doch hinreichend deutlich ausgeführt, dass die näher bezeichnete Gesellschaft, deren zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Mitbeteiligte ist, sich dadurch an den verbotenen Ausspielungen unternehmerisch beteiligt hat, dass sie dem Glücksspielveranstalter gegen Entgelt einen Raum zur Verfügung gestellt hat, um fortgesetzt Einnahmen aus der Durchführung der Glücksspiele zu erzielen. Damit wird der Tatvorwurf ausreichend umschrieben. Der Verwaltungsgerichthof kann im konkreten Fall nicht erkennen, dass die im Spruch des Straferkenntnisses dargestellte Tathandlung dem in § 44a Z 1 VStG umschriebenen Rechtsschutzbedürfnis des Mitbeteiligten nicht entspricht.
10 Dadurch, dass das Verwaltungsgericht diese Rechtslage verkannte, belastete es seine Entscheidung mit Rechtswidrigkeit ihres Inhalts.
11 Mit dem vom Verwaltungsgericht aufgehobenen Straferkenntnis wurden über den Mitbeteiligten insgesamt zehn Geldstrafen verhängt, von denen sich acht Geldstrafen auf näher bezeichnete Glücksspielgeräte und zwei Geldstrafen auf näher umschriebene Geräte mit der Bezeichnung "CASH CENTER" bezogen. Aus der Begründung des Straferkenntnisses ergibt sich, dass diese beiden Geräte zur Aufbuchung des Spielguthabens betreffend der Glücksspielgeräte FA-Nummer 1 und 2 bzw. 7 und 8 mittels Bargeld oder Ticket gedient hätten und die Auszahlung von Gewinnen ebenfalls bei diesen Geräten mittels Ticket möglich gewesen sei.
12 Der Revisionsfall gleicht zu der vom Mitbeteiligten in der Beschwerde aufgeworfenen Frage, ob der bloße Betrieb dieser "CASH CENTER" eine Ausspielung im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG darstelle und damit allein gegen § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG habe verstoßen werden können, in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht in den entscheidungswesentlichen Punkten jenen, die vom Verwaltungsgerichtshof mit den Erkenntnissen vom 15. Februar 2018, Ra 2017/17/0718, sowie vom 19. März 2018, Ra 2017/17/0833, entschieden wurden. Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG wird auf die Entscheidungsgründe dieser beiden Erkenntnisse verwiesen. In den beiden Erkenntnissen hat der Verwaltungsgerichtshof eine gesonderte Bestrafung nach § 52 Abs. 2 GSpG in Bezug auf den bloßen Betrieb solcher als "CASH CENTER" bezeichneter Geräte verneint, weil ein solcher Betrieb dieser Geräte keine Ausspielung im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG darstellt und damit allein auch nicht gegen § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG verstoßen werden konnte.
13 Damit erweist sich die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens durch das LVwG die Bestrafung des Mitbeteiligten in Bezug auf die beiden Geräte FA-Nummer 9 und 10 mit der Bezeichnung "CASH CENTER" zumindest im Ergebnis als richtig.
14 Das angefochtene Erkenntnis war daher lediglich im Umfang der Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens betreffend die Geräte mit der FA-Nummer 1 bis 8 gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.
15 Im Übrigen war die Revision in Bezug auf die beiden Geräte FA-Nummer 9 und 10 mit der Bezeichnung "CASH CENTER" gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
16 Ein Kostenersatz vor dem Verwaltungsgerichtshof findet gemäß § 47 Abs. 4 VwGG nicht statt.
Wien, am 28. Mai 2018
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